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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Natioillllökonomische Literatur.
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Lehrbuch der IFinanzwissenschaft. Von or. Karl Umpfenbach. Privat¬
docent der Staats- und Cameralwissenschaften an der Ludwigsuniversität
Gießen. Zwei Theile. Erlangen, bei Ferdinand Ente. 1861.

Mit innerer Befriedigung legen wir dieses Buch aus der Hand, ein ge¬
diegenes Product ernsten Denkens und redlichen Strebens, wie sie gerade auf
diesem Gebiete die neueste deutsche Literatur selten aufzuweisen hat. Der
Verfasser ist Herr seines Gegenstandes, seine Rede ist einfach und klar, es ist
Gesundheit in seinem Werke, und ein ansprechendes Gleichmaß von Wollen
und Können. Er will den Grundsätzen der Wissenschaft gerecht werden und
der Anforderung der Praxis an Ausführbarkeit der Lehre genügen; er will
praktischer Theoretiker sein und theoretische Praktiker bilden; er erkennt das
Recht, das allgemeine Staatsrecht, und die Volkswirthschaftslehre als die
Grundwissenschaften, welche die Lehre vom Staatshaushalt zu berücksichtigen
hat, aber er wahrt sich ein unbefangenes Urtheil. Der Finanzmann geht
weder in dem Juristen (wie Zachariä), noch in dem Nationalökonomen auf.
Nach seiner Definition ist die Finanzwissenschaft: "die systematische Darstellung
der Grundsätze, nach welchen die Zulässigkeit des Staatsbedarfs zu beurtheilen,
das yiezu erforderliche Staatseinkommen aus dem gesammten Volkseinkommen
auszuscheiden und den öffentlichen Zwecken gemäß zu verwenden ist.". Hier
unterscheidet sich Herr Dr. Umpfenbach, der Mann der Wissenschaft, sehr zu
seinem Vortheile von L. Stein, dem Diener eines in Wien trotz reichsräthlicher
Bemühungen noch lange nicht überwundenen Systems. Nach L. Stein geht
der Staatsaufwand den Finanzbeamten eigentlich gar nichts an; von anderer
Seite sagt man ihm, wieviel gebraucht wird, und er hat lediglich für Herbei¬
schaffung der Mittel zur Bestreitung des Aufwandes zu sorgen. Nach Dr.
Umpfenbach muß die Finanzwissenschaft mit dem Staatsbedarf anfangen.
Denn aus ihm ergibt sich die Nothwendigkeit der Finanzwirthschaft über¬
haupt. Zwischen den beiden Extremen, dem einen, wo der Staat nichts,
und dem andern, wo er Alles leisten soll, wird nach Zwecken, "die vernünftig


Grenzboten IV. 1L61. 21
Natioillllökonomische Literatur.
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Lehrbuch der IFinanzwissenschaft. Von or. Karl Umpfenbach. Privat¬
docent der Staats- und Cameralwissenschaften an der Ludwigsuniversität
Gießen. Zwei Theile. Erlangen, bei Ferdinand Ente. 1861.

Mit innerer Befriedigung legen wir dieses Buch aus der Hand, ein ge¬
diegenes Product ernsten Denkens und redlichen Strebens, wie sie gerade auf
diesem Gebiete die neueste deutsche Literatur selten aufzuweisen hat. Der
Verfasser ist Herr seines Gegenstandes, seine Rede ist einfach und klar, es ist
Gesundheit in seinem Werke, und ein ansprechendes Gleichmaß von Wollen
und Können. Er will den Grundsätzen der Wissenschaft gerecht werden und
der Anforderung der Praxis an Ausführbarkeit der Lehre genügen; er will
praktischer Theoretiker sein und theoretische Praktiker bilden; er erkennt das
Recht, das allgemeine Staatsrecht, und die Volkswirthschaftslehre als die
Grundwissenschaften, welche die Lehre vom Staatshaushalt zu berücksichtigen
hat, aber er wahrt sich ein unbefangenes Urtheil. Der Finanzmann geht
weder in dem Juristen (wie Zachariä), noch in dem Nationalökonomen auf.
Nach seiner Definition ist die Finanzwissenschaft: „die systematische Darstellung
der Grundsätze, nach welchen die Zulässigkeit des Staatsbedarfs zu beurtheilen,
das yiezu erforderliche Staatseinkommen aus dem gesammten Volkseinkommen
auszuscheiden und den öffentlichen Zwecken gemäß zu verwenden ist.". Hier
unterscheidet sich Herr Dr. Umpfenbach, der Mann der Wissenschaft, sehr zu
seinem Vortheile von L. Stein, dem Diener eines in Wien trotz reichsräthlicher
Bemühungen noch lange nicht überwundenen Systems. Nach L. Stein geht
der Staatsaufwand den Finanzbeamten eigentlich gar nichts an; von anderer
Seite sagt man ihm, wieviel gebraucht wird, und er hat lediglich für Herbei¬
schaffung der Mittel zur Bestreitung des Aufwandes zu sorgen. Nach Dr.
Umpfenbach muß die Finanzwissenschaft mit dem Staatsbedarf anfangen.
Denn aus ihm ergibt sich die Nothwendigkeit der Finanzwirthschaft über¬
haupt. Zwischen den beiden Extremen, dem einen, wo der Staat nichts,
und dem andern, wo er Alles leisten soll, wird nach Zwecken, „die vernünftig


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[0171] Natioillllökonomische Literatur. . , > ' ' ^ ^ 2.,- ^"ii^W!''!^?^!?,^ Lehrbuch der IFinanzwissenschaft. Von or. Karl Umpfenbach. Privat¬ docent der Staats- und Cameralwissenschaften an der Ludwigsuniversität Gießen. Zwei Theile. Erlangen, bei Ferdinand Ente. 1861. Mit innerer Befriedigung legen wir dieses Buch aus der Hand, ein ge¬ diegenes Product ernsten Denkens und redlichen Strebens, wie sie gerade auf diesem Gebiete die neueste deutsche Literatur selten aufzuweisen hat. Der Verfasser ist Herr seines Gegenstandes, seine Rede ist einfach und klar, es ist Gesundheit in seinem Werke, und ein ansprechendes Gleichmaß von Wollen und Können. Er will den Grundsätzen der Wissenschaft gerecht werden und der Anforderung der Praxis an Ausführbarkeit der Lehre genügen; er will praktischer Theoretiker sein und theoretische Praktiker bilden; er erkennt das Recht, das allgemeine Staatsrecht, und die Volkswirthschaftslehre als die Grundwissenschaften, welche die Lehre vom Staatshaushalt zu berücksichtigen hat, aber er wahrt sich ein unbefangenes Urtheil. Der Finanzmann geht weder in dem Juristen (wie Zachariä), noch in dem Nationalökonomen auf. Nach seiner Definition ist die Finanzwissenschaft: „die systematische Darstellung der Grundsätze, nach welchen die Zulässigkeit des Staatsbedarfs zu beurtheilen, das yiezu erforderliche Staatseinkommen aus dem gesammten Volkseinkommen auszuscheiden und den öffentlichen Zwecken gemäß zu verwenden ist.". Hier unterscheidet sich Herr Dr. Umpfenbach, der Mann der Wissenschaft, sehr zu seinem Vortheile von L. Stein, dem Diener eines in Wien trotz reichsräthlicher Bemühungen noch lange nicht überwundenen Systems. Nach L. Stein geht der Staatsaufwand den Finanzbeamten eigentlich gar nichts an; von anderer Seite sagt man ihm, wieviel gebraucht wird, und er hat lediglich für Herbei¬ schaffung der Mittel zur Bestreitung des Aufwandes zu sorgen. Nach Dr. Umpfenbach muß die Finanzwissenschaft mit dem Staatsbedarf anfangen. Denn aus ihm ergibt sich die Nothwendigkeit der Finanzwirthschaft über¬ haupt. Zwischen den beiden Extremen, dem einen, wo der Staat nichts, und dem andern, wo er Alles leisten soll, wird nach Zwecken, „die vernünftig Grenzboten IV. 1L61. 21

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/171>, abgerufen am 19.04.2024.