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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Die deutschen Rolmidsbildcr.

Der nachstehende Aufsatz ist ein Auszug aus dem soeben erschienenen
dritten Bande von Zöpfl's "Alterthümer des deutschen Reichs und Rechts" *)
einem Werke, welches wir damit allen Freunden einer gründlichen Kunde
altdeutscher Rechtsansichten und Rechtsgebräuche bestens empfohlen haben
wollen.

In einer großen Anzahl norddeutscher Orte, von Thüringen bis nach
Schleswig-Holstein und von der Nordsee bis nach Pommern und Westpreußen
hinauf treffen wir noch N ol arts bi it er. Mit ernstem königlichen Antlitz
und dem strengen Blick des Richters, das Schwert in der Rechten, schauen
die steinernen Riesen der Vorzeit auf das Treiben moderner Märkte herab,
dem früheren Geschlecht ein Palladium, dem jetzigen ein Räthsel. Lange hat
sich die Wissenschaft bemüht, den Sinn des geheimnißvollen Bildes zu finden,
aber die Ansichten sind sehr abweichend, viele offenbar irrig, andere minde¬
stens von zweifelhafter Berechtigung. Der Verfasser obigen Werkes versucht
nun durch Vergleichung der verschiedenen Rolande und der von ihnen vor¬
handenen Nachrichten die wirkliche Bedeutung dieser Wahrzeichen zu entdecken
und das Unechte von dem Echten und Ursprünglichen zu scheiden, und er
kommt damit zu nachstehenden Ergebnissen.

Die ersten Rolandsbildcr sind in der Zeit der Ottonen errichtet wor¬
den, welche, auf der durch Karl den Großen geschaffnen Grundlage des
Reichs fortdauert, das Christenthum namentlich im Norden, wo es erst
schwache Wurzeln geschlagen, verbreiteten und die deutsche Herrschaft in früher
wendischen Gegenden befestigten. Bremen hatte aller Wahrscheinlichkeit nach
schon im elften und sicher bereits lange vor Anfang des dreizehnten Jahr¬
hunderts, Halle jedenfalls schon geraume Zeit vor dem vierzehnten einen
Roland, und im fünfzehnten wird das häufige Vorkommen solcher Bilder in
Niedersachsen und der Mark bei den Schriftstellern als allgemeine Thatsache
und in einer Weise erwähnt, aus welcher erhellt, daß dieselben in den be¬
treffenden Orten bereits seit uralter Zeit standen.

Die Striche, in denen die Rolande vorkommen, zerfallen in drei Grup-
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') Der vollständige Titel ist: Alterthümer des deutsche" Reichs und Rechts, -- Studien,
Kritiken und Urkunde" zur Erläuterung der deutschen Rechtsgeschichte und des praktischen Rechts
von Dr, Heinrich Zöpfl, Hofrath und Professor des Staatsrechts in Heidelberg, Dritter Band.
Mit in den Text gedruckten Holzschnitten. Leipzig und Heidelberg, C, F. Wintersche Verlags"
Handlung. 1861.
Die deutschen Rolmidsbildcr.

Der nachstehende Aufsatz ist ein Auszug aus dem soeben erschienenen
dritten Bande von Zöpfl's „Alterthümer des deutschen Reichs und Rechts" *)
einem Werke, welches wir damit allen Freunden einer gründlichen Kunde
altdeutscher Rechtsansichten und Rechtsgebräuche bestens empfohlen haben
wollen.

In einer großen Anzahl norddeutscher Orte, von Thüringen bis nach
Schleswig-Holstein und von der Nordsee bis nach Pommern und Westpreußen
hinauf treffen wir noch N ol arts bi it er. Mit ernstem königlichen Antlitz
und dem strengen Blick des Richters, das Schwert in der Rechten, schauen
die steinernen Riesen der Vorzeit auf das Treiben moderner Märkte herab,
dem früheren Geschlecht ein Palladium, dem jetzigen ein Räthsel. Lange hat
sich die Wissenschaft bemüht, den Sinn des geheimnißvollen Bildes zu finden,
aber die Ansichten sind sehr abweichend, viele offenbar irrig, andere minde¬
stens von zweifelhafter Berechtigung. Der Verfasser obigen Werkes versucht
nun durch Vergleichung der verschiedenen Rolande und der von ihnen vor¬
handenen Nachrichten die wirkliche Bedeutung dieser Wahrzeichen zu entdecken
und das Unechte von dem Echten und Ursprünglichen zu scheiden, und er
kommt damit zu nachstehenden Ergebnissen.

Die ersten Rolandsbildcr sind in der Zeit der Ottonen errichtet wor¬
den, welche, auf der durch Karl den Großen geschaffnen Grundlage des
Reichs fortdauert, das Christenthum namentlich im Norden, wo es erst
schwache Wurzeln geschlagen, verbreiteten und die deutsche Herrschaft in früher
wendischen Gegenden befestigten. Bremen hatte aller Wahrscheinlichkeit nach
schon im elften und sicher bereits lange vor Anfang des dreizehnten Jahr¬
hunderts, Halle jedenfalls schon geraume Zeit vor dem vierzehnten einen
Roland, und im fünfzehnten wird das häufige Vorkommen solcher Bilder in
Niedersachsen und der Mark bei den Schriftstellern als allgemeine Thatsache
und in einer Weise erwähnt, aus welcher erhellt, daß dieselben in den be¬
treffenden Orten bereits seit uralter Zeit standen.

Die Striche, in denen die Rolande vorkommen, zerfallen in drei Grup-
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') Der vollständige Titel ist: Alterthümer des deutsche» Reichs und Rechts, — Studien,
Kritiken und Urkunde» zur Erläuterung der deutschen Rechtsgeschichte und des praktischen Rechts
von Dr, Heinrich Zöpfl, Hofrath und Professor des Staatsrechts in Heidelberg, Dritter Band.
Mit in den Text gedruckten Holzschnitten. Leipzig und Heidelberg, C, F. Wintersche Verlags«
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[0385] Die deutschen Rolmidsbildcr. Der nachstehende Aufsatz ist ein Auszug aus dem soeben erschienenen dritten Bande von Zöpfl's „Alterthümer des deutschen Reichs und Rechts" *) einem Werke, welches wir damit allen Freunden einer gründlichen Kunde altdeutscher Rechtsansichten und Rechtsgebräuche bestens empfohlen haben wollen. In einer großen Anzahl norddeutscher Orte, von Thüringen bis nach Schleswig-Holstein und von der Nordsee bis nach Pommern und Westpreußen hinauf treffen wir noch N ol arts bi it er. Mit ernstem königlichen Antlitz und dem strengen Blick des Richters, das Schwert in der Rechten, schauen die steinernen Riesen der Vorzeit auf das Treiben moderner Märkte herab, dem früheren Geschlecht ein Palladium, dem jetzigen ein Räthsel. Lange hat sich die Wissenschaft bemüht, den Sinn des geheimnißvollen Bildes zu finden, aber die Ansichten sind sehr abweichend, viele offenbar irrig, andere minde¬ stens von zweifelhafter Berechtigung. Der Verfasser obigen Werkes versucht nun durch Vergleichung der verschiedenen Rolande und der von ihnen vor¬ handenen Nachrichten die wirkliche Bedeutung dieser Wahrzeichen zu entdecken und das Unechte von dem Echten und Ursprünglichen zu scheiden, und er kommt damit zu nachstehenden Ergebnissen. Die ersten Rolandsbildcr sind in der Zeit der Ottonen errichtet wor¬ den, welche, auf der durch Karl den Großen geschaffnen Grundlage des Reichs fortdauert, das Christenthum namentlich im Norden, wo es erst schwache Wurzeln geschlagen, verbreiteten und die deutsche Herrschaft in früher wendischen Gegenden befestigten. Bremen hatte aller Wahrscheinlichkeit nach schon im elften und sicher bereits lange vor Anfang des dreizehnten Jahr¬ hunderts, Halle jedenfalls schon geraume Zeit vor dem vierzehnten einen Roland, und im fünfzehnten wird das häufige Vorkommen solcher Bilder in Niedersachsen und der Mark bei den Schriftstellern als allgemeine Thatsache und in einer Weise erwähnt, aus welcher erhellt, daß dieselben in den be¬ treffenden Orten bereits seit uralter Zeit standen. Die Striche, in denen die Rolande vorkommen, zerfallen in drei Grup- ü'u?!/UiiIti^in^/?,?iI'>is>'NY!R ') Der vollständige Titel ist: Alterthümer des deutsche» Reichs und Rechts, — Studien, Kritiken und Urkunde» zur Erläuterung der deutschen Rechtsgeschichte und des praktischen Rechts von Dr, Heinrich Zöpfl, Hofrath und Professor des Staatsrechts in Heidelberg, Dritter Band. Mit in den Text gedruckten Holzschnitten. Leipzig und Heidelberg, C, F. Wintersche Verlags« Handlung. 1861.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/385>, abgerufen am 25.04.2024.