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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Ein Blick nach Außen.

Die Krönung und die gleich darauf folgenden Wahlen haben die öffent¬
liche Aufmerksamkeit in und außerhalb Preußens so ausschließlich in Anspruch
genommen, daß man an die auswärtige Politik kaum mehr gedacht hat. Es
ist das nicht zu tadeln: denn in Bezug auf die innern Fragen hatte man
einen festen Boden, man wußte wenigstens ungefähr, um was es sich han¬
delte, zweijährige oder dreijährige Dienstzeit, Gewerbefreiheit oder Zunft¬
zwang u. s. w., während nach Außen hin Alles im Dunkeln lag. Es dürfte
indessen nicht unzweckmäßig sein, einmal auch den Blick nach jener Seite hin-
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Daß Herr von Schleinitz einmal von der Leitung der auswärtigen An¬
gelegenheiten zurücktreten würde, hatte man seit lange angenommen; sein
Rücktritt überraschte nicht sehr, und, einzelne Stimmen abgerechnet, fand man
keinen Grund, von seinem Nachfolger eine wesentlich verschiedene Richtung
zu erwarten. Diese Stimmen waren aber zum Theil gewichtig genug, um
zur Ueberlegung aufzufordern

Die Politik, welche Herr von Schleinitz verfolgte, zeichnete sich weder durch
große Energie, noch durch erhebliche Erfolge aus, ein leitender Gedanke läßt
sich ihr aber nicht absprechen. Als Herr von Manteuffel Minister der aus¬
wärtigen Angelegenheiten war, schien es Preußen hauptsächlich darauf anzu¬
kommen, sich an den europäischen Händeln so wenig als möglich zu betheiligen.
Wenn andere Mächte Geld und Menschen opferten, mit einem zweifelhaften
Gewinn, so rühmte sich Herr von Manteuffel. dem Vaterlande sämmtliche
Recruten erhalten und verhältnißmähig wenig Geld ausgegeben zu haben. Die
"leer kleinen Eifersüchteleien gegen Oestreich und diejenigen deutschen Bun¬
desstaaten, die. unter östreichischen Einfluß standen, dauerten fort; aber in
einem Punkt wenigstens waren alle diese Regierungen einig: jeder freiheitlichen
Regung einen Damm entgegenzusetzen. Preußen, zu Olmütz und durch die
deutsche Reaction gedemüthigt, hatte es mit der Zeit dahin gebracht, an der Spitze
der deutschen Reaction zu stehen.


Grenzboten IV. 1861. 51
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Ein Blick nach Außen.

Die Krönung und die gleich darauf folgenden Wahlen haben die öffent¬
liche Aufmerksamkeit in und außerhalb Preußens so ausschließlich in Anspruch
genommen, daß man an die auswärtige Politik kaum mehr gedacht hat. Es
ist das nicht zu tadeln: denn in Bezug auf die innern Fragen hatte man
einen festen Boden, man wußte wenigstens ungefähr, um was es sich han¬
delte, zweijährige oder dreijährige Dienstzeit, Gewerbefreiheit oder Zunft¬
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gelegenheiten zurücktreten würde, hatte man seit lange angenommen; sein
Rücktritt überraschte nicht sehr, und, einzelne Stimmen abgerechnet, fand man
keinen Grund, von seinem Nachfolger eine wesentlich verschiedene Richtung
zu erwarten. Diese Stimmen waren aber zum Theil gewichtig genug, um
zur Ueberlegung aufzufordern

Die Politik, welche Herr von Schleinitz verfolgte, zeichnete sich weder durch
große Energie, noch durch erhebliche Erfolge aus, ein leitender Gedanke läßt
sich ihr aber nicht absprechen. Als Herr von Manteuffel Minister der aus¬
wärtigen Angelegenheiten war, schien es Preußen hauptsächlich darauf anzu¬
kommen, sich an den europäischen Händeln so wenig als möglich zu betheiligen.
Wenn andere Mächte Geld und Menschen opferten, mit einem zweifelhaften
Gewinn, so rühmte sich Herr von Manteuffel. dem Vaterlande sämmtliche
Recruten erhalten und verhältnißmähig wenig Geld ausgegeben zu haben. Die
"leer kleinen Eifersüchteleien gegen Oestreich und diejenigen deutschen Bun¬
desstaaten, die. unter östreichischen Einfluß standen, dauerten fort; aber in
einem Punkt wenigstens waren alle diese Regierungen einig: jeder freiheitlichen
Regung einen Damm entgegenzusetzen. Preußen, zu Olmütz und durch die
deutsche Reaction gedemüthigt, hatte es mit der Zeit dahin gebracht, an der Spitze
der deutschen Reaction zu stehen.


Grenzboten IV. 1861. 51
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[0411] . Ein Blick nach Außen. Die Krönung und die gleich darauf folgenden Wahlen haben die öffent¬ liche Aufmerksamkeit in und außerhalb Preußens so ausschließlich in Anspruch genommen, daß man an die auswärtige Politik kaum mehr gedacht hat. Es ist das nicht zu tadeln: denn in Bezug auf die innern Fragen hatte man einen festen Boden, man wußte wenigstens ungefähr, um was es sich han¬ delte, zweijährige oder dreijährige Dienstzeit, Gewerbefreiheit oder Zunft¬ zwang u. s. w., während nach Außen hin Alles im Dunkeln lag. Es dürfte indessen nicht unzweckmäßig sein, einmal auch den Blick nach jener Seite hin- zukosten.öl/.'i „>I ,- . .. -!«.,.,« 7ix <Zns)Ichs,ii,Ä' NI i»1,!-^!>^ :->.'i,Ki, ,75-j Daß Herr von Schleinitz einmal von der Leitung der auswärtigen An¬ gelegenheiten zurücktreten würde, hatte man seit lange angenommen; sein Rücktritt überraschte nicht sehr, und, einzelne Stimmen abgerechnet, fand man keinen Grund, von seinem Nachfolger eine wesentlich verschiedene Richtung zu erwarten. Diese Stimmen waren aber zum Theil gewichtig genug, um zur Ueberlegung aufzufordern Die Politik, welche Herr von Schleinitz verfolgte, zeichnete sich weder durch große Energie, noch durch erhebliche Erfolge aus, ein leitender Gedanke läßt sich ihr aber nicht absprechen. Als Herr von Manteuffel Minister der aus¬ wärtigen Angelegenheiten war, schien es Preußen hauptsächlich darauf anzu¬ kommen, sich an den europäischen Händeln so wenig als möglich zu betheiligen. Wenn andere Mächte Geld und Menschen opferten, mit einem zweifelhaften Gewinn, so rühmte sich Herr von Manteuffel. dem Vaterlande sämmtliche Recruten erhalten und verhältnißmähig wenig Geld ausgegeben zu haben. Die "leer kleinen Eifersüchteleien gegen Oestreich und diejenigen deutschen Bun¬ desstaaten, die. unter östreichischen Einfluß standen, dauerten fort; aber in einem Punkt wenigstens waren alle diese Regierungen einig: jeder freiheitlichen Regung einen Damm entgegenzusetzen. Preußen, zu Olmütz und durch die deutsche Reaction gedemüthigt, hatte es mit der Zeit dahin gebracht, an der Spitze der deutschen Reaction zu stehen. Grenzboten IV. 1861. 51

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/411>, abgerufen am 25.04.2024.