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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Die Manne und die Küsten Oestreichs.

Die Kriegsmarine Oestreichs, so ansehnlich sie auch gegen ihren früheren
Stand -- etwa jenen vor 1848. -- oder gegen die Seemacht Preußens er¬
scheinen mag, steht gleichwohl noch immer weit unter jenem Verhältniß, wel¬
ches die Leistungsfähigkeit und die zu beschützenden Interessen dieses Staates
angeben, und dürste selbst den einfachsten und dringendsten Aufgaben, z. B.
der Beschützung der Küsten oder auch nur deren Bewachung, kaum genügen
können.

Norddeufschland konnte Anfang 1848 den Angriffen des kleinen Däne¬
mark freilich weder Kriegsschiffe noch starke Strandbatterieu entgegenstellen.
Aber man zeigte wenigstens den aufrichtigen Willen, das bisher Versäumte
nachzuholen.

Gleichzeitig wurden Oestreichs Küsten von den Sardiniern bedioht. und
es lag nur an der Unentschlossenheit der letzteren, daß keine Landung und die
Wegnahme auch nicht eines Küstcnplatzes gelang.

Oestreich war zu Anfang des Jahres 1848 im Besitze mehrerer Küsten¬
festungen und einer kleinen Marine. Daß die letztere nicht genügte und vor
der eben nicht anselmluden, nur für kurze Zeit auch durch einige neapolita¬
nische Schiffe ventättim sarduuschcn Escadre in die Häfen von.Pola und
Trieft flüchten mußte, war lediglich die Schuld Oestreichs. In diesem
Staate hatte man es nicht nur unterlassen, den Anfang zur Erreichung größe¬
rer maritimer Bedeutung zu machen und auf den hiezu bereits vorhandenen
Elementen weiter zu bauen, sondern man hatte sogar diese letzteren geschwächt
und verringert. Denn die Befestigung der meisten Seeplätze stammte noch
von den frühern Besitzern derselben her. Ihre Werke waren theils verfalle",
theils von jeher ohne besondern Werth, und die von den Franzosen begonne¬
nen Bauten hatte man unvollendet gelassen.*) Selbst bei Poln, dessen Wich¬
tigkeit Napoleon I. sehr wohl erkannt hatte, war nur Unvollständiges und
Ungenügendes geleistet worden. Nur Venedig, das merkwürdiger Weise zu¬
erst verloren ging und mit so großen Opfern wieder gewonnen werden mußte,
war zu wirklicher Festigkeit gebracht worden.



Eine von glaubwürdigen Zeugen verbürgte Pnckdote ist in dieser Hinsicht ganz be.
zeichnend. -- Kaiser Franz der Erste bereiste nach dem zweiten Pariser Frieden die neugewon¬
nenen italienischen Provinzen und äußerte bei der Besichtigung eines von den Franzosen
begonnenen großen Militärgebäudes (in Mailand): "Das haben wir auch um zwei Jahre zu
früh bekommen, -- denn bei uns wird die Geschichte nicht so bald fertig werden/' -- Und
wirklich wurde dieses Gebäude erst in der neuesten Zeit vollendet.
Die Manne und die Küsten Oestreichs.

Die Kriegsmarine Oestreichs, so ansehnlich sie auch gegen ihren früheren
Stand — etwa jenen vor 1848. — oder gegen die Seemacht Preußens er¬
scheinen mag, steht gleichwohl noch immer weit unter jenem Verhältniß, wel¬
ches die Leistungsfähigkeit und die zu beschützenden Interessen dieses Staates
angeben, und dürste selbst den einfachsten und dringendsten Aufgaben, z. B.
der Beschützung der Küsten oder auch nur deren Bewachung, kaum genügen
können.

Norddeufschland konnte Anfang 1848 den Angriffen des kleinen Däne¬
mark freilich weder Kriegsschiffe noch starke Strandbatterieu entgegenstellen.
Aber man zeigte wenigstens den aufrichtigen Willen, das bisher Versäumte
nachzuholen.

Gleichzeitig wurden Oestreichs Küsten von den Sardiniern bedioht. und
es lag nur an der Unentschlossenheit der letzteren, daß keine Landung und die
Wegnahme auch nicht eines Küstcnplatzes gelang.

Oestreich war zu Anfang des Jahres 1848 im Besitze mehrerer Küsten¬
festungen und einer kleinen Marine. Daß die letztere nicht genügte und vor
der eben nicht anselmluden, nur für kurze Zeit auch durch einige neapolita¬
nische Schiffe ventättim sarduuschcn Escadre in die Häfen von.Pola und
Trieft flüchten mußte, war lediglich die Schuld Oestreichs. In diesem
Staate hatte man es nicht nur unterlassen, den Anfang zur Erreichung größe¬
rer maritimer Bedeutung zu machen und auf den hiezu bereits vorhandenen
Elementen weiter zu bauen, sondern man hatte sogar diese letzteren geschwächt
und verringert. Denn die Befestigung der meisten Seeplätze stammte noch
von den frühern Besitzern derselben her. Ihre Werke waren theils verfalle»,
theils von jeher ohne besondern Werth, und die von den Franzosen begonne¬
nen Bauten hatte man unvollendet gelassen.*) Selbst bei Poln, dessen Wich¬
tigkeit Napoleon I. sehr wohl erkannt hatte, war nur Unvollständiges und
Ungenügendes geleistet worden. Nur Venedig, das merkwürdiger Weise zu¬
erst verloren ging und mit so großen Opfern wieder gewonnen werden mußte,
war zu wirklicher Festigkeit gebracht worden.



Eine von glaubwürdigen Zeugen verbürgte Pnckdote ist in dieser Hinsicht ganz be.
zeichnend. — Kaiser Franz der Erste bereiste nach dem zweiten Pariser Frieden die neugewon¬
nenen italienischen Provinzen und äußerte bei der Besichtigung eines von den Franzosen
begonnenen großen Militärgebäudes (in Mailand): „Das haben wir auch um zwei Jahre zu
früh bekommen, — denn bei uns wird die Geschichte nicht so bald fertig werden/' — Und
wirklich wurde dieses Gebäude erst in der neuesten Zeit vollendet.
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[0015] Die Manne und die Küsten Oestreichs. Die Kriegsmarine Oestreichs, so ansehnlich sie auch gegen ihren früheren Stand — etwa jenen vor 1848. — oder gegen die Seemacht Preußens er¬ scheinen mag, steht gleichwohl noch immer weit unter jenem Verhältniß, wel¬ ches die Leistungsfähigkeit und die zu beschützenden Interessen dieses Staates angeben, und dürste selbst den einfachsten und dringendsten Aufgaben, z. B. der Beschützung der Küsten oder auch nur deren Bewachung, kaum genügen können. Norddeufschland konnte Anfang 1848 den Angriffen des kleinen Däne¬ mark freilich weder Kriegsschiffe noch starke Strandbatterieu entgegenstellen. Aber man zeigte wenigstens den aufrichtigen Willen, das bisher Versäumte nachzuholen. Gleichzeitig wurden Oestreichs Küsten von den Sardiniern bedioht. und es lag nur an der Unentschlossenheit der letzteren, daß keine Landung und die Wegnahme auch nicht eines Küstcnplatzes gelang. Oestreich war zu Anfang des Jahres 1848 im Besitze mehrerer Küsten¬ festungen und einer kleinen Marine. Daß die letztere nicht genügte und vor der eben nicht anselmluden, nur für kurze Zeit auch durch einige neapolita¬ nische Schiffe ventättim sarduuschcn Escadre in die Häfen von.Pola und Trieft flüchten mußte, war lediglich die Schuld Oestreichs. In diesem Staate hatte man es nicht nur unterlassen, den Anfang zur Erreichung größe¬ rer maritimer Bedeutung zu machen und auf den hiezu bereits vorhandenen Elementen weiter zu bauen, sondern man hatte sogar diese letzteren geschwächt und verringert. Denn die Befestigung der meisten Seeplätze stammte noch von den frühern Besitzern derselben her. Ihre Werke waren theils verfalle», theils von jeher ohne besondern Werth, und die von den Franzosen begonne¬ nen Bauten hatte man unvollendet gelassen.*) Selbst bei Poln, dessen Wich¬ tigkeit Napoleon I. sehr wohl erkannt hatte, war nur Unvollständiges und Ungenügendes geleistet worden. Nur Venedig, das merkwürdiger Weise zu¬ erst verloren ging und mit so großen Opfern wieder gewonnen werden mußte, war zu wirklicher Festigkeit gebracht worden. Eine von glaubwürdigen Zeugen verbürgte Pnckdote ist in dieser Hinsicht ganz be. zeichnend. — Kaiser Franz der Erste bereiste nach dem zweiten Pariser Frieden die neugewon¬ nenen italienischen Provinzen und äußerte bei der Besichtigung eines von den Franzosen begonnenen großen Militärgebäudes (in Mailand): „Das haben wir auch um zwei Jahre zu früh bekommen, — denn bei uns wird die Geschichte nicht so bald fertig werden/' — Und wirklich wurde dieses Gebäude erst in der neuesten Zeit vollendet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/15>, abgerufen am 27.04.2024.