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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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gescllschaft aufgelöst, die Antvnelli und die römische Bank, das Monopol und die
Handelsfreiheit." Die römische Bank ist das Monopol der Familie Antvnelli, die
mit diesem und andern Mitteln das essende und trinkende Rom auf das Aeußerste
aussaugen, die Preise für die nothwendigsten Lebensbedürfnisse zu Gunsten ihres
Säckels auf das Ungeheuerste emporschrauben. Zehn Pfund Brot 25 bis 30 Ba-
ivcchi! ruft Livcrani aus. Man vergleiche doch nur die Brvtprcise mit den Korn¬
preisen auf dem großen Markt! Aller Zusammenhang, aller Sinn und Verstand
hört auf. Im Wi-meer von 185S auf 186S mußten die Franzosen täglich Tau¬
sende von Portionen Pasta unter die Hungerleider vertheilen, sie schützen also nicht
blos die Person des heiligen Vaters, sondern ernähren ihm auch noch seine Kin¬
der. Der gute Vater -- it äsorkpito o mon^vo ?orit.iüoe, wie ihn Liverani nennt
-- gibt 24,000 Scudi aus seiner Privatkasse zur Errichtung von Normal¬
bäckereien, zu Prämien für das wohlfeilste Brot, und siehe da, diese 24,000 Scudi
gehen direct in das durstige Schilf der Bank Antonclli's.


Preußens Geschichte in Wort und Bild. Von Ferdinand Schmidt, illu-
strirt von L. Burger. 1--4. Lieferung. Berlin, Franz Lobeck.

Der Verfasser ist als verdienstvoller Jugendschriftsteller bekannt. Wenn er
sich hier eine größere Aufgabe gestellt hat, so konnte es ihm nicht beifallen, als
Forscher aufzutreten. Seine Absicht war nur, was die gelehrte Forschung zu
Tage gefördert, in einer Auswahl des Wichtigsten zum Gemeingut zu "rächen, und
das ist ihm, soweit sich nach diesen vier Lieferungen (die bis auf Kurfürst Joa¬
chim II. gehen) urtheilen läßt, wohl gelungen. Er sieht die preußische Geschichte
mit den rechten Augen an, findet im Ganzen den rechten Ton für das Volk und
kann so auch außerhalb Preußen viel Gutes wirken. Freilich ist's ihm auch
leicht gemacht; denn welches deutsche Land hätte eine Geschickte, wie das der Hohen-
zollern, welches einen Fürsten auszuweisen, der sich auch nur entfernt mit dem gro¬
ßen Kurfürsten oder gar mit Friedrich dem Einzigen vergleichen ließe? Die beige-
gebncn Holzschnitte find großentheils hübsch, doch würde es nichts schaden, wenn
auf den Druck dieses artistischen Theils des Buches etwas mehr Sorgfalt verwendet
würde.


Raumer's historisches Taschenbuch. Vierte Folge, zweiter Jahrgang.
Leipzig, Brockhaus, 1862.

Bringt eine recht ansprechende Abhandlung von Talvj über die deutschen Schrift¬
stellerinnen bis auf den Beginn der classischen Periode, eine Charakteristik der Wirk¬
samkeit Daniel Mamin's von Hermann Reuchlin, die viel interessantes Detail ent¬
hält, ferner eine Skizze des häuslichen und öffentlichen Lebens der Römerinnen
im Alterthum von Heinrich Asmus, die auch andere Seiten des altrömischen Lebens
in gründlicher, geschmackvoller und für das größere gebildete Publicum verständ¬
licher Weise beleuchtet, endlich einen sehr lesenswerthen Aufsatz Heinrich Rückert's
über deutsches Nationalbewußtsein und Stammcsgcfühl im Mittelalter.




gescllschaft aufgelöst, die Antvnelli und die römische Bank, das Monopol und die
Handelsfreiheit." Die römische Bank ist das Monopol der Familie Antvnelli, die
mit diesem und andern Mitteln das essende und trinkende Rom auf das Aeußerste
aussaugen, die Preise für die nothwendigsten Lebensbedürfnisse zu Gunsten ihres
Säckels auf das Ungeheuerste emporschrauben. Zehn Pfund Brot 25 bis 30 Ba-
ivcchi! ruft Livcrani aus. Man vergleiche doch nur die Brvtprcise mit den Korn¬
preisen auf dem großen Markt! Aller Zusammenhang, aller Sinn und Verstand
hört auf. Im Wi-meer von 185S auf 186S mußten die Franzosen täglich Tau¬
sende von Portionen Pasta unter die Hungerleider vertheilen, sie schützen also nicht
blos die Person des heiligen Vaters, sondern ernähren ihm auch noch seine Kin¬
der. Der gute Vater — it äsorkpito o mon^vo ?orit.iüoe, wie ihn Liverani nennt
— gibt 24,000 Scudi aus seiner Privatkasse zur Errichtung von Normal¬
bäckereien, zu Prämien für das wohlfeilste Brot, und siehe da, diese 24,000 Scudi
gehen direct in das durstige Schilf der Bank Antonclli's.


Preußens Geschichte in Wort und Bild. Von Ferdinand Schmidt, illu-
strirt von L. Burger. 1—4. Lieferung. Berlin, Franz Lobeck.

Der Verfasser ist als verdienstvoller Jugendschriftsteller bekannt. Wenn er
sich hier eine größere Aufgabe gestellt hat, so konnte es ihm nicht beifallen, als
Forscher aufzutreten. Seine Absicht war nur, was die gelehrte Forschung zu
Tage gefördert, in einer Auswahl des Wichtigsten zum Gemeingut zu »rächen, und
das ist ihm, soweit sich nach diesen vier Lieferungen (die bis auf Kurfürst Joa¬
chim II. gehen) urtheilen läßt, wohl gelungen. Er sieht die preußische Geschichte
mit den rechten Augen an, findet im Ganzen den rechten Ton für das Volk und
kann so auch außerhalb Preußen viel Gutes wirken. Freilich ist's ihm auch
leicht gemacht; denn welches deutsche Land hätte eine Geschickte, wie das der Hohen-
zollern, welches einen Fürsten auszuweisen, der sich auch nur entfernt mit dem gro¬
ßen Kurfürsten oder gar mit Friedrich dem Einzigen vergleichen ließe? Die beige-
gebncn Holzschnitte find großentheils hübsch, doch würde es nichts schaden, wenn
auf den Druck dieses artistischen Theils des Buches etwas mehr Sorgfalt verwendet
würde.


Raumer's historisches Taschenbuch. Vierte Folge, zweiter Jahrgang.
Leipzig, Brockhaus, 1862.

Bringt eine recht ansprechende Abhandlung von Talvj über die deutschen Schrift¬
stellerinnen bis auf den Beginn der classischen Periode, eine Charakteristik der Wirk¬
samkeit Daniel Mamin's von Hermann Reuchlin, die viel interessantes Detail ent¬
hält, ferner eine Skizze des häuslichen und öffentlichen Lebens der Römerinnen
im Alterthum von Heinrich Asmus, die auch andere Seiten des altrömischen Lebens
in gründlicher, geschmackvoller und für das größere gebildete Publicum verständ¬
licher Weise beleuchtet, endlich einen sehr lesenswerthen Aufsatz Heinrich Rückert's
über deutsches Nationalbewußtsein und Stammcsgcfühl im Mittelalter.




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[0286] gescllschaft aufgelöst, die Antvnelli und die römische Bank, das Monopol und die Handelsfreiheit." Die römische Bank ist das Monopol der Familie Antvnelli, die mit diesem und andern Mitteln das essende und trinkende Rom auf das Aeußerste aussaugen, die Preise für die nothwendigsten Lebensbedürfnisse zu Gunsten ihres Säckels auf das Ungeheuerste emporschrauben. Zehn Pfund Brot 25 bis 30 Ba- ivcchi! ruft Livcrani aus. Man vergleiche doch nur die Brvtprcise mit den Korn¬ preisen auf dem großen Markt! Aller Zusammenhang, aller Sinn und Verstand hört auf. Im Wi-meer von 185S auf 186S mußten die Franzosen täglich Tau¬ sende von Portionen Pasta unter die Hungerleider vertheilen, sie schützen also nicht blos die Person des heiligen Vaters, sondern ernähren ihm auch noch seine Kin¬ der. Der gute Vater — it äsorkpito o mon^vo ?orit.iüoe, wie ihn Liverani nennt — gibt 24,000 Scudi aus seiner Privatkasse zur Errichtung von Normal¬ bäckereien, zu Prämien für das wohlfeilste Brot, und siehe da, diese 24,000 Scudi gehen direct in das durstige Schilf der Bank Antonclli's. Preußens Geschichte in Wort und Bild. Von Ferdinand Schmidt, illu- strirt von L. Burger. 1—4. Lieferung. Berlin, Franz Lobeck. Der Verfasser ist als verdienstvoller Jugendschriftsteller bekannt. Wenn er sich hier eine größere Aufgabe gestellt hat, so konnte es ihm nicht beifallen, als Forscher aufzutreten. Seine Absicht war nur, was die gelehrte Forschung zu Tage gefördert, in einer Auswahl des Wichtigsten zum Gemeingut zu »rächen, und das ist ihm, soweit sich nach diesen vier Lieferungen (die bis auf Kurfürst Joa¬ chim II. gehen) urtheilen läßt, wohl gelungen. Er sieht die preußische Geschichte mit den rechten Augen an, findet im Ganzen den rechten Ton für das Volk und kann so auch außerhalb Preußen viel Gutes wirken. Freilich ist's ihm auch leicht gemacht; denn welches deutsche Land hätte eine Geschickte, wie das der Hohen- zollern, welches einen Fürsten auszuweisen, der sich auch nur entfernt mit dem gro¬ ßen Kurfürsten oder gar mit Friedrich dem Einzigen vergleichen ließe? Die beige- gebncn Holzschnitte find großentheils hübsch, doch würde es nichts schaden, wenn auf den Druck dieses artistischen Theils des Buches etwas mehr Sorgfalt verwendet würde. Raumer's historisches Taschenbuch. Vierte Folge, zweiter Jahrgang. Leipzig, Brockhaus, 1862. Bringt eine recht ansprechende Abhandlung von Talvj über die deutschen Schrift¬ stellerinnen bis auf den Beginn der classischen Periode, eine Charakteristik der Wirk¬ samkeit Daniel Mamin's von Hermann Reuchlin, die viel interessantes Detail ent¬ hält, ferner eine Skizze des häuslichen und öffentlichen Lebens der Römerinnen im Alterthum von Heinrich Asmus, die auch andere Seiten des altrömischen Lebens in gründlicher, geschmackvoller und für das größere gebildete Publicum verständ¬ licher Weise beleuchtet, endlich einen sehr lesenswerthen Aufsatz Heinrich Rückert's über deutsches Nationalbewußtsein und Stammcsgcfühl im Mittelalter.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/286>, abgerufen am 27.04.2024.