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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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diesen stelle er seine Auswahl an und lasse die übrigen Exemplare ins Aus¬
land gehen, damit der Erlös derselben dem Wohlstande des Landes oder neuen
Ausgrabungen zu Gute komme. So lange aber die Regierung fortfährt in
der bisherigen Weise den Ruin der Kunstwerke 'oder die heimliche Verschlep¬
pung derselben durch ihre falschen Maßregeln herbeizuführen, so lange dürfen
wir den heutigen Griechen das Recht bestreikn, auf Lord Elgin zu schmähen
oder auch nur dessen That zu bedauern: mögen sie sich erst der Schätze werth
M. zeigen, welche ihnen die Vorsehung anvertraut hat!




Die gute alte Zeit in Rußland.

Schluß des Artikels aus voriger Nummer.

"Endlich aber", sagt der alte Bauer des Manuscripts, "mußte Satan
das gute Betragen Alexis Juriwitsch's doch satt gekriegt haben." Eines
Tages gab es zwischen ihm und seiner schönen Schwiegertochter eine fürchter¬
liche Scene, welche damit endigte, daß letztere das Zimmer zu verlassen suchte
und darüber auf der Schwelle in Ohnmacht siel. In den nächsten Tagen
brach die Natur des Unmenschen in ihrer alten wilden Rohheit aus. Wieder
tanzten die Knute und die Ruthe durch das Städtchen, wieder gab es die
tollsten Orgien, von Neuem ritt Hoheit die Kelle schwingend das Schnaps¬
faß, abermals war das Schloß von Zabona eine große Kneipe.

Unter den Leuten des Fürsten befand sich ein Bandit, welcher, als er
bemerkt, daß er allein von seiner Rotte noch übrig, die Wälder verlassen
hatte und nach Zaboria gekommen war. AleM Juriwitsch war dem Manne
gut und hatte ihn in seine persönliche Umgebung gezogen. Er war ein vor-
trefflicher Kundschafter und hielt seinen Herrn wohlunterrichtet von Allem, was
im Schloß und Städtchen vorfiel. Eines Tages brachte dieser Räuber dem
Fürsten einen Brief, den er soeben aufgefangen hatte; derselbe war von Prin-,
zessin Warwara an ihren Gemahl gerichtet. Hoheit erbrach ihn unverweilt,
machte ein finsteres Gesicht, das beim Weiterlesen immer grimmiger wurde,
und schritt dann eine Weile mit auf den Rücken gelegten Händen ein Stück¬
chen pfeifend im Hause umher. Am nächsten Tage lief ein Schreiben vom
Wojwoden und Gouverneur von Zimogorsk ein, welches einen Besuch dieses


diesen stelle er seine Auswahl an und lasse die übrigen Exemplare ins Aus¬
land gehen, damit der Erlös derselben dem Wohlstande des Landes oder neuen
Ausgrabungen zu Gute komme. So lange aber die Regierung fortfährt in
der bisherigen Weise den Ruin der Kunstwerke 'oder die heimliche Verschlep¬
pung derselben durch ihre falschen Maßregeln herbeizuführen, so lange dürfen
wir den heutigen Griechen das Recht bestreikn, auf Lord Elgin zu schmähen
oder auch nur dessen That zu bedauern: mögen sie sich erst der Schätze werth
M. zeigen, welche ihnen die Vorsehung anvertraut hat!




Die gute alte Zeit in Rußland.

Schluß des Artikels aus voriger Nummer.

„Endlich aber", sagt der alte Bauer des Manuscripts, „mußte Satan
das gute Betragen Alexis Juriwitsch's doch satt gekriegt haben." Eines
Tages gab es zwischen ihm und seiner schönen Schwiegertochter eine fürchter¬
liche Scene, welche damit endigte, daß letztere das Zimmer zu verlassen suchte
und darüber auf der Schwelle in Ohnmacht siel. In den nächsten Tagen
brach die Natur des Unmenschen in ihrer alten wilden Rohheit aus. Wieder
tanzten die Knute und die Ruthe durch das Städtchen, wieder gab es die
tollsten Orgien, von Neuem ritt Hoheit die Kelle schwingend das Schnaps¬
faß, abermals war das Schloß von Zabona eine große Kneipe.

Unter den Leuten des Fürsten befand sich ein Bandit, welcher, als er
bemerkt, daß er allein von seiner Rotte noch übrig, die Wälder verlassen
hatte und nach Zaboria gekommen war. AleM Juriwitsch war dem Manne
gut und hatte ihn in seine persönliche Umgebung gezogen. Er war ein vor-
trefflicher Kundschafter und hielt seinen Herrn wohlunterrichtet von Allem, was
im Schloß und Städtchen vorfiel. Eines Tages brachte dieser Räuber dem
Fürsten einen Brief, den er soeben aufgefangen hatte; derselbe war von Prin-,
zessin Warwara an ihren Gemahl gerichtet. Hoheit erbrach ihn unverweilt,
machte ein finsteres Gesicht, das beim Weiterlesen immer grimmiger wurde,
und schritt dann eine Weile mit auf den Rücken gelegten Händen ein Stück¬
chen pfeifend im Hause umher. Am nächsten Tage lief ein Schreiben vom
Wojwoden und Gouverneur von Zimogorsk ein, welches einen Besuch dieses


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[0476] diesen stelle er seine Auswahl an und lasse die übrigen Exemplare ins Aus¬ land gehen, damit der Erlös derselben dem Wohlstande des Landes oder neuen Ausgrabungen zu Gute komme. So lange aber die Regierung fortfährt in der bisherigen Weise den Ruin der Kunstwerke 'oder die heimliche Verschlep¬ pung derselben durch ihre falschen Maßregeln herbeizuführen, so lange dürfen wir den heutigen Griechen das Recht bestreikn, auf Lord Elgin zu schmähen oder auch nur dessen That zu bedauern: mögen sie sich erst der Schätze werth M. zeigen, welche ihnen die Vorsehung anvertraut hat! Die gute alte Zeit in Rußland. Schluß des Artikels aus voriger Nummer. „Endlich aber", sagt der alte Bauer des Manuscripts, „mußte Satan das gute Betragen Alexis Juriwitsch's doch satt gekriegt haben." Eines Tages gab es zwischen ihm und seiner schönen Schwiegertochter eine fürchter¬ liche Scene, welche damit endigte, daß letztere das Zimmer zu verlassen suchte und darüber auf der Schwelle in Ohnmacht siel. In den nächsten Tagen brach die Natur des Unmenschen in ihrer alten wilden Rohheit aus. Wieder tanzten die Knute und die Ruthe durch das Städtchen, wieder gab es die tollsten Orgien, von Neuem ritt Hoheit die Kelle schwingend das Schnaps¬ faß, abermals war das Schloß von Zabona eine große Kneipe. Unter den Leuten des Fürsten befand sich ein Bandit, welcher, als er bemerkt, daß er allein von seiner Rotte noch übrig, die Wälder verlassen hatte und nach Zaboria gekommen war. AleM Juriwitsch war dem Manne gut und hatte ihn in seine persönliche Umgebung gezogen. Er war ein vor- trefflicher Kundschafter und hielt seinen Herrn wohlunterrichtet von Allem, was im Schloß und Städtchen vorfiel. Eines Tages brachte dieser Räuber dem Fürsten einen Brief, den er soeben aufgefangen hatte; derselbe war von Prin-, zessin Warwara an ihren Gemahl gerichtet. Hoheit erbrach ihn unverweilt, machte ein finsteres Gesicht, das beim Weiterlesen immer grimmiger wurde, und schritt dann eine Weile mit auf den Rücken gelegten Händen ein Stück¬ chen pfeifend im Hause umher. Am nächsten Tage lief ein Schreiben vom Wojwoden und Gouverneur von Zimogorsk ein, welches einen Besuch dieses

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/476>, abgerufen am 27.04.2024.