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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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schen Kleinmuth und Pessimismus verfällt, wo ihr große Empfindungen versagt
sind. Wer als Führer die Deutschen lenken will, der wird ihnen die größten
Opfer zumuthen dürfen, wenn er politische Fragen so behandelt, daß dem Volk
Gelegenheit gegeben wird, eine herzliche Wärme dabei zu bethätigen, und er
wird dafür zu sorgen haben, daß es den Deutschen nicht an Fragen fehle, wo¬
bei diese Eigenschaft ihres Gemüthes sich geltend machen kann.

Das Volk der Preußen aber hat nicht weniger zu lernen. Noch ist seine
politische Festigkeit nicht durch eine Prüfung bewährt, es soll jetzt vor Europa
beweisen, daß es würdig ist, an der Ordnung feiner Staatsinteressen selbstthätig
Theil zu nehmen. Zu sehr war man in dem Staate Friedrich des Großen ge¬
wöhnt, von oben zu empfangen, ivas gerade Noth that, und von einzelnen gro¬
ßen Reformatoren sein Heil zu erwarten. Jetzt ist dem Volke die Aufgabe ge¬
stellt, sowohl für das eigene Wohl, als das beste Wohl seiner Fürsten zu sor¬
gen, dadurch, daß es fest, dauerhaft, gesetzlich den angebotenen Kampf auf¬
nimmt.

Es ist wahrscheinlich, daß auch ihm Versuchungen nicht erspart werden. Das
neue Ministerium, wie gemäßigt es auch verfahren wolle, vermag sich nur zu
halten, indem es die überall ausbrechenden liberalen Stimmungen zu dämpfen
sucht. Es wird wohl oder übel zu einigen der alten Beamtenmittel greifen
müssen. Vereinswesen und Presse einzuschränken. Möglich, daß Schwache da¬
durch eingeschüchtert, sicher, daß die selbständigen dadurch erbittert werden.

Wenn aber der Deutsche, welcher nicht Preuße ist, mit Mißtrauen auf
den Staat blickt, dem er die Führung der höchsten nationalen Interessen über¬
geben soll, so sei ihm gesagt, daß gerade jetzt die Preußen in der Arbeit be¬
griffen sind, sich das Vertrauen ihrer Bruderstämme zu verdienen. Es ist ein
frischer tüchtiger Kampf, in den sie getreten sind; er wird weder so lange dau¬
ern, noch so gefährlich werden, um die Lebenskraft Preußens zu erschüttern. Er
ist für die deutsche Frage nicht nur unvermeidlich, auch fruchtbringend, denn er
wird in dem größten deutschen Staat edles Metall Härten und an die Stelle
schwankender gemüthlicher Stimmungen ein festes achtungsvolles Verhältniß
zwischen den Herrschern und ihrem Volt durchsetzen.




Mit Ur. Ä-A beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, um März I8V2.Die Verlagshandlung.




Verantwortlicher Redacteur: I>r. Mvril) Busch.
Verlag von F. L. Hering. -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

schen Kleinmuth und Pessimismus verfällt, wo ihr große Empfindungen versagt
sind. Wer als Führer die Deutschen lenken will, der wird ihnen die größten
Opfer zumuthen dürfen, wenn er politische Fragen so behandelt, daß dem Volk
Gelegenheit gegeben wird, eine herzliche Wärme dabei zu bethätigen, und er
wird dafür zu sorgen haben, daß es den Deutschen nicht an Fragen fehle, wo¬
bei diese Eigenschaft ihres Gemüthes sich geltend machen kann.

Das Volk der Preußen aber hat nicht weniger zu lernen. Noch ist seine
politische Festigkeit nicht durch eine Prüfung bewährt, es soll jetzt vor Europa
beweisen, daß es würdig ist, an der Ordnung feiner Staatsinteressen selbstthätig
Theil zu nehmen. Zu sehr war man in dem Staate Friedrich des Großen ge¬
wöhnt, von oben zu empfangen, ivas gerade Noth that, und von einzelnen gro¬
ßen Reformatoren sein Heil zu erwarten. Jetzt ist dem Volke die Aufgabe ge¬
stellt, sowohl für das eigene Wohl, als das beste Wohl seiner Fürsten zu sor¬
gen, dadurch, daß es fest, dauerhaft, gesetzlich den angebotenen Kampf auf¬
nimmt.

Es ist wahrscheinlich, daß auch ihm Versuchungen nicht erspart werden. Das
neue Ministerium, wie gemäßigt es auch verfahren wolle, vermag sich nur zu
halten, indem es die überall ausbrechenden liberalen Stimmungen zu dämpfen
sucht. Es wird wohl oder übel zu einigen der alten Beamtenmittel greifen
müssen. Vereinswesen und Presse einzuschränken. Möglich, daß Schwache da¬
durch eingeschüchtert, sicher, daß die selbständigen dadurch erbittert werden.

Wenn aber der Deutsche, welcher nicht Preuße ist, mit Mißtrauen auf
den Staat blickt, dem er die Führung der höchsten nationalen Interessen über¬
geben soll, so sei ihm gesagt, daß gerade jetzt die Preußen in der Arbeit be¬
griffen sind, sich das Vertrauen ihrer Bruderstämme zu verdienen. Es ist ein
frischer tüchtiger Kampf, in den sie getreten sind; er wird weder so lange dau¬
ern, noch so gefährlich werden, um die Lebenskraft Preußens zu erschüttern. Er
ist für die deutsche Frage nicht nur unvermeidlich, auch fruchtbringend, denn er
wird in dem größten deutschen Staat edles Metall Härten und an die Stelle
schwankender gemüthlicher Stimmungen ein festes achtungsvolles Verhältniß
zwischen den Herrschern und ihrem Volt durchsetzen.




Mit Ur. Ä-A beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, um März I8V2.Die Verlagshandlung.




Verantwortlicher Redacteur: I>r. Mvril) Busch.
Verlag von F. L. Hering. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0532] schen Kleinmuth und Pessimismus verfällt, wo ihr große Empfindungen versagt sind. Wer als Führer die Deutschen lenken will, der wird ihnen die größten Opfer zumuthen dürfen, wenn er politische Fragen so behandelt, daß dem Volk Gelegenheit gegeben wird, eine herzliche Wärme dabei zu bethätigen, und er wird dafür zu sorgen haben, daß es den Deutschen nicht an Fragen fehle, wo¬ bei diese Eigenschaft ihres Gemüthes sich geltend machen kann. Das Volk der Preußen aber hat nicht weniger zu lernen. Noch ist seine politische Festigkeit nicht durch eine Prüfung bewährt, es soll jetzt vor Europa beweisen, daß es würdig ist, an der Ordnung feiner Staatsinteressen selbstthätig Theil zu nehmen. Zu sehr war man in dem Staate Friedrich des Großen ge¬ wöhnt, von oben zu empfangen, ivas gerade Noth that, und von einzelnen gro¬ ßen Reformatoren sein Heil zu erwarten. Jetzt ist dem Volke die Aufgabe ge¬ stellt, sowohl für das eigene Wohl, als das beste Wohl seiner Fürsten zu sor¬ gen, dadurch, daß es fest, dauerhaft, gesetzlich den angebotenen Kampf auf¬ nimmt. Es ist wahrscheinlich, daß auch ihm Versuchungen nicht erspart werden. Das neue Ministerium, wie gemäßigt es auch verfahren wolle, vermag sich nur zu halten, indem es die überall ausbrechenden liberalen Stimmungen zu dämpfen sucht. Es wird wohl oder übel zu einigen der alten Beamtenmittel greifen müssen. Vereinswesen und Presse einzuschränken. Möglich, daß Schwache da¬ durch eingeschüchtert, sicher, daß die selbständigen dadurch erbittert werden. Wenn aber der Deutsche, welcher nicht Preuße ist, mit Mißtrauen auf den Staat blickt, dem er die Führung der höchsten nationalen Interessen über¬ geben soll, so sei ihm gesagt, daß gerade jetzt die Preußen in der Arbeit be¬ griffen sind, sich das Vertrauen ihrer Bruderstämme zu verdienen. Es ist ein frischer tüchtiger Kampf, in den sie getreten sind; er wird weder so lange dau¬ ern, noch so gefährlich werden, um die Lebenskraft Preußens zu erschüttern. Er ist für die deutsche Frage nicht nur unvermeidlich, auch fruchtbringend, denn er wird in dem größten deutschen Staat edles Metall Härten und an die Stelle schwankender gemüthlicher Stimmungen ein festes achtungsvolles Verhältniß zwischen den Herrschern und ihrem Volt durchsetzen. Mit Ur. Ä-A beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal, welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬ ziehen ist. Leipzig, um März I8V2.Die Verlagshandlung. Verantwortlicher Redacteur: I>r. Mvril) Busch. Verlag von F. L. Hering. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/532>, abgerufen am 28.04.2024.