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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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preußisch gesinnt und contrastiren in dieser Hinsicht auf das Merkwürdigste
mit den Städtern; ihre Söhne dienen gern in der preußischen Armee und
wollen von Frankreich nichts wissen.

Einsender dieses befand sich gerade an dem Tage zu Saarlouis, an
welchem das Rendezvous der Monarchen in 'Comviegne stattfand. "Heute
wird unser Schicksal entschieden!" flüsterten sich die Bürger zu. "Heute
kann der Grund gelegt werden zu einem reißenden Avancement!" sag¬
ten die preußischen Offiziere an der Tafel des Hötöl ein Min. -- "Und zur
Probe, wie lange wir uns hier werden halten können!" fügten Andere hin¬
zu. "Ein paar Wochen lang soll sich selbst die beste Armee die Zähne
an uns ausbeißen. Unser Commandant*) ist nicht der Mann, der einen
preußischen Stein an Frankreich kommen läßt, so lang das lichte Körnlein
Pulver nicht verschossen ist!" -- In fröhlicher Zuversicht auf deutschen Muth
und gerechte Sache erklangen die Gläser.

Voraussichtlich würde die Festung Saarlouis sich keine acht Tage halten
können, wenn der in der Bevölkerung glimmende Zündstoff nicht bei Zeiten
gedämpft wird. Kommt es einmal so weit, so muß wahrscheinlich die Stadt
sehr energisch geräumt werden. Aber wir wollen vorläufig hoffen, daß es
bleibt, wie es ist, und die Herren Preußen in der steten Spannung erhalten
werden, ohne welche, wie das einstimmige Urtheil lautet, "Saarlouis die
langweiligste Garnison ist in der ganzen preußischen Monarchie!"
'


^lsijM


Eduard Devrient's
.5^'7°n

Geschichte der deutschen Schauspielkunst.
(4. Bd. Leipzig, I. I. Weber. 1861.) *

Der langersehnte vierte Band des bedeutenden Werkes umfaßt die Ent¬
wickelung der darstellenden Kunst und ihrer Institute vom Pariser Frieden



') Oberst von Rekowsky.

preußisch gesinnt und contrastiren in dieser Hinsicht auf das Merkwürdigste
mit den Städtern; ihre Söhne dienen gern in der preußischen Armee und
wollen von Frankreich nichts wissen.

Einsender dieses befand sich gerade an dem Tage zu Saarlouis, an
welchem das Rendezvous der Monarchen in 'Comviegne stattfand. „Heute
wird unser Schicksal entschieden!" flüsterten sich die Bürger zu. „Heute
kann der Grund gelegt werden zu einem reißenden Avancement!" sag¬
ten die preußischen Offiziere an der Tafel des Hötöl ein Min. — „Und zur
Probe, wie lange wir uns hier werden halten können!" fügten Andere hin¬
zu. „Ein paar Wochen lang soll sich selbst die beste Armee die Zähne
an uns ausbeißen. Unser Commandant*) ist nicht der Mann, der einen
preußischen Stein an Frankreich kommen läßt, so lang das lichte Körnlein
Pulver nicht verschossen ist!" — In fröhlicher Zuversicht auf deutschen Muth
und gerechte Sache erklangen die Gläser.

Voraussichtlich würde die Festung Saarlouis sich keine acht Tage halten
können, wenn der in der Bevölkerung glimmende Zündstoff nicht bei Zeiten
gedämpft wird. Kommt es einmal so weit, so muß wahrscheinlich die Stadt
sehr energisch geräumt werden. Aber wir wollen vorläufig hoffen, daß es
bleibt, wie es ist, und die Herren Preußen in der steten Spannung erhalten
werden, ohne welche, wie das einstimmige Urtheil lautet, „Saarlouis die
langweiligste Garnison ist in der ganzen preußischen Monarchie!"
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Eduard Devrient's
.5^'7°n

Geschichte der deutschen Schauspielkunst.
(4. Bd. Leipzig, I. I. Weber. 1861.) *

Der langersehnte vierte Band des bedeutenden Werkes umfaßt die Ent¬
wickelung der darstellenden Kunst und ihrer Institute vom Pariser Frieden



') Oberst von Rekowsky.
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[0075] preußisch gesinnt und contrastiren in dieser Hinsicht auf das Merkwürdigste mit den Städtern; ihre Söhne dienen gern in der preußischen Armee und wollen von Frankreich nichts wissen. Einsender dieses befand sich gerade an dem Tage zu Saarlouis, an welchem das Rendezvous der Monarchen in 'Comviegne stattfand. „Heute wird unser Schicksal entschieden!" flüsterten sich die Bürger zu. „Heute kann der Grund gelegt werden zu einem reißenden Avancement!" sag¬ ten die preußischen Offiziere an der Tafel des Hötöl ein Min. — „Und zur Probe, wie lange wir uns hier werden halten können!" fügten Andere hin¬ zu. „Ein paar Wochen lang soll sich selbst die beste Armee die Zähne an uns ausbeißen. Unser Commandant*) ist nicht der Mann, der einen preußischen Stein an Frankreich kommen läßt, so lang das lichte Körnlein Pulver nicht verschossen ist!" — In fröhlicher Zuversicht auf deutschen Muth und gerechte Sache erklangen die Gläser. Voraussichtlich würde die Festung Saarlouis sich keine acht Tage halten können, wenn der in der Bevölkerung glimmende Zündstoff nicht bei Zeiten gedämpft wird. Kommt es einmal so weit, so muß wahrscheinlich die Stadt sehr energisch geräumt werden. Aber wir wollen vorläufig hoffen, daß es bleibt, wie es ist, und die Herren Preußen in der steten Spannung erhalten werden, ohne welche, wie das einstimmige Urtheil lautet, „Saarlouis die langweiligste Garnison ist in der ganzen preußischen Monarchie!" ' ^lsijM Eduard Devrient's .5^'7°n Geschichte der deutschen Schauspielkunst. (4. Bd. Leipzig, I. I. Weber. 1861.) * Der langersehnte vierte Band des bedeutenden Werkes umfaßt die Ent¬ wickelung der darstellenden Kunst und ihrer Institute vom Pariser Frieden ') Oberst von Rekowsky.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/75>, abgerufen am 27.04.2024.