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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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Vermischte Literatur.
Goethe-Galerie. -- Charaktere aus Goethes Werten. Gezeichnet von Friedrich
Pacht und Arthur von Namvcrg. Dritte Lieferung. Leipzig, F. A. Brock¬
haus. 1862.- , . > ^

Enthält die Darstellungen Iphigenia's, des Harfners, Mariannens, Wilhelms
von Oranien und Margarethens von Parma, Die Auffassung dieser Persönlichkeiten
ist wie bei den Bildern der früheren Lieferungen recht sinnig und ansprechend, und
auch der begleitende Text (von Pechl) zeigt, obwohl wir ihn uicht durchgehends
unterschreiben möchten, daß der Künstler über seinen Gegenstand vielfach nachge¬
dacht hat.


Schleiermacher als Theologe für die Gemeinde der Gegenwart. Vier Vortrage
von M. Bau eng arten, Dr. und Prof. der Theologie. Berlin, 1862. Verlag
von Julius Springer.

Diese Vortrage enthalten neben vielem Klaren und Nichtigen, wohin wir nament¬
lich den größern Theil vom Inhalt des ersten Vortrags rechnen, auch Manches, wo¬
für uns das Verständniß abgeht und Anderes, dessen Sinn uns zwar deutlich ist,
womit wir aber uicht übereinstimmen können. Für uns ist Schleiermacher aller¬
dings der bedeutendste Theolog seit Luther. Wir ehren in ihm mit Strauß ein
Bollwerk, hingestellt gegen die Wiederkehr der Glaubcnstyrannci und der Barbarei im
Denken. Indem er die Durchdringung des Göttlichen und Menschlichen zum posi¬
tiven Inhalt des Christenthums machte, wurde er der Reformator unsrer Theologie.
Es war in ihm die Vereinigung tiefster Religiosität und unendlich beweglicher Ver-
standesreflexion verkörpert. Sein Denken war stets von höchster Anschaulichkeit.
Wie Kant die alte Metaphysik, so zertrümmerte Schleiermacher die theologische
Scholastik, wie jener in dem sittlichen Bewußtsein der praktischen Vernunft einen
positiven Boden gewann, so war diesem das fromme Gefühl der Punkt, von wo
aus er seinen Christus postulirte. Mit sicherem Tact hob das religiöse Gefühl in
ihm aus der alten Dogmatik alles für den Glauben Wesentliche hervor, das Uebrige
verfiel der Kritik. Ein Christ in dem Sinne, wie er hier im zweiten Vortrag ge¬
nommen wird, war er nicht.


Kurhcssisch c s Urkund enbnch -- Eine Zusammenstellung der wichtigsten
und interessantesten Schriftstücke in der kurhessischen Verfassungsangclcgcnheit. Frank¬
furt a. M. In Commission bei F. B. Auffahrt. 1861.

Eine sehr umsichtige und geschickte Zusammenstellung von Excerpten aus den
wichtigsten Ackerstücken, 'welche der Kampf für die kurhessische Verfassung vom 5..
Januar 1831 zu Tage gefördert hat. Die betreffenden Verordnungen, Proklama¬
tionen und Kamlncrredcn der Jahre 1832 bis 1848 sind mit Ausnahme des letzten
Willens Wilhelms des Zweiten an die Landstände (worin derselbe sein Vertrauen zu
den Ständen ausspricht, "daß sie die Aufrechthaltung der von Uns gegebenen Ver¬
fassung, das Glück Unserer Unterthanen, sichern werden") ausgelassen. Dagegen sind


Vermischte Literatur.
Goethe-Galerie. — Charaktere aus Goethes Werten. Gezeichnet von Friedrich
Pacht und Arthur von Namvcrg. Dritte Lieferung. Leipzig, F. A. Brock¬
haus. 1862.- , . > ^

Enthält die Darstellungen Iphigenia's, des Harfners, Mariannens, Wilhelms
von Oranien und Margarethens von Parma, Die Auffassung dieser Persönlichkeiten
ist wie bei den Bildern der früheren Lieferungen recht sinnig und ansprechend, und
auch der begleitende Text (von Pechl) zeigt, obwohl wir ihn uicht durchgehends
unterschreiben möchten, daß der Künstler über seinen Gegenstand vielfach nachge¬
dacht hat.


Schleiermacher als Theologe für die Gemeinde der Gegenwart. Vier Vortrage
von M. Bau eng arten, Dr. und Prof. der Theologie. Berlin, 1862. Verlag
von Julius Springer.

Diese Vortrage enthalten neben vielem Klaren und Nichtigen, wohin wir nament¬
lich den größern Theil vom Inhalt des ersten Vortrags rechnen, auch Manches, wo¬
für uns das Verständniß abgeht und Anderes, dessen Sinn uns zwar deutlich ist,
womit wir aber uicht übereinstimmen können. Für uns ist Schleiermacher aller¬
dings der bedeutendste Theolog seit Luther. Wir ehren in ihm mit Strauß ein
Bollwerk, hingestellt gegen die Wiederkehr der Glaubcnstyrannci und der Barbarei im
Denken. Indem er die Durchdringung des Göttlichen und Menschlichen zum posi¬
tiven Inhalt des Christenthums machte, wurde er der Reformator unsrer Theologie.
Es war in ihm die Vereinigung tiefster Religiosität und unendlich beweglicher Ver-
standesreflexion verkörpert. Sein Denken war stets von höchster Anschaulichkeit.
Wie Kant die alte Metaphysik, so zertrümmerte Schleiermacher die theologische
Scholastik, wie jener in dem sittlichen Bewußtsein der praktischen Vernunft einen
positiven Boden gewann, so war diesem das fromme Gefühl der Punkt, von wo
aus er seinen Christus postulirte. Mit sicherem Tact hob das religiöse Gefühl in
ihm aus der alten Dogmatik alles für den Glauben Wesentliche hervor, das Uebrige
verfiel der Kritik. Ein Christ in dem Sinne, wie er hier im zweiten Vortrag ge¬
nommen wird, war er nicht.


Kurhcssisch c s Urkund enbnch — Eine Zusammenstellung der wichtigsten
und interessantesten Schriftstücke in der kurhessischen Verfassungsangclcgcnheit. Frank¬
furt a. M. In Commission bei F. B. Auffahrt. 1861.

Eine sehr umsichtige und geschickte Zusammenstellung von Excerpten aus den
wichtigsten Ackerstücken, 'welche der Kampf für die kurhessische Verfassung vom 5..
Januar 1831 zu Tage gefördert hat. Die betreffenden Verordnungen, Proklama¬
tionen und Kamlncrredcn der Jahre 1832 bis 1848 sind mit Ausnahme des letzten
Willens Wilhelms des Zweiten an die Landstände (worin derselbe sein Vertrauen zu
den Ständen ausspricht, „daß sie die Aufrechthaltung der von Uns gegebenen Ver¬
fassung, das Glück Unserer Unterthanen, sichern werden") ausgelassen. Dagegen sind


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[0362] Vermischte Literatur. Goethe-Galerie. — Charaktere aus Goethes Werten. Gezeichnet von Friedrich Pacht und Arthur von Namvcrg. Dritte Lieferung. Leipzig, F. A. Brock¬ haus. 1862.- , . > ^ Enthält die Darstellungen Iphigenia's, des Harfners, Mariannens, Wilhelms von Oranien und Margarethens von Parma, Die Auffassung dieser Persönlichkeiten ist wie bei den Bildern der früheren Lieferungen recht sinnig und ansprechend, und auch der begleitende Text (von Pechl) zeigt, obwohl wir ihn uicht durchgehends unterschreiben möchten, daß der Künstler über seinen Gegenstand vielfach nachge¬ dacht hat. Schleiermacher als Theologe für die Gemeinde der Gegenwart. Vier Vortrage von M. Bau eng arten, Dr. und Prof. der Theologie. Berlin, 1862. Verlag von Julius Springer. Diese Vortrage enthalten neben vielem Klaren und Nichtigen, wohin wir nament¬ lich den größern Theil vom Inhalt des ersten Vortrags rechnen, auch Manches, wo¬ für uns das Verständniß abgeht und Anderes, dessen Sinn uns zwar deutlich ist, womit wir aber uicht übereinstimmen können. Für uns ist Schleiermacher aller¬ dings der bedeutendste Theolog seit Luther. Wir ehren in ihm mit Strauß ein Bollwerk, hingestellt gegen die Wiederkehr der Glaubcnstyrannci und der Barbarei im Denken. Indem er die Durchdringung des Göttlichen und Menschlichen zum posi¬ tiven Inhalt des Christenthums machte, wurde er der Reformator unsrer Theologie. Es war in ihm die Vereinigung tiefster Religiosität und unendlich beweglicher Ver- standesreflexion verkörpert. Sein Denken war stets von höchster Anschaulichkeit. Wie Kant die alte Metaphysik, so zertrümmerte Schleiermacher die theologische Scholastik, wie jener in dem sittlichen Bewußtsein der praktischen Vernunft einen positiven Boden gewann, so war diesem das fromme Gefühl der Punkt, von wo aus er seinen Christus postulirte. Mit sicherem Tact hob das religiöse Gefühl in ihm aus der alten Dogmatik alles für den Glauben Wesentliche hervor, das Uebrige verfiel der Kritik. Ein Christ in dem Sinne, wie er hier im zweiten Vortrag ge¬ nommen wird, war er nicht. Kurhcssisch c s Urkund enbnch — Eine Zusammenstellung der wichtigsten und interessantesten Schriftstücke in der kurhessischen Verfassungsangclcgcnheit. Frank¬ furt a. M. In Commission bei F. B. Auffahrt. 1861. Eine sehr umsichtige und geschickte Zusammenstellung von Excerpten aus den wichtigsten Ackerstücken, 'welche der Kampf für die kurhessische Verfassung vom 5.. Januar 1831 zu Tage gefördert hat. Die betreffenden Verordnungen, Proklama¬ tionen und Kamlncrredcn der Jahre 1832 bis 1848 sind mit Ausnahme des letzten Willens Wilhelms des Zweiten an die Landstände (worin derselbe sein Vertrauen zu den Ständen ausspricht, „daß sie die Aufrechthaltung der von Uns gegebenen Ver¬ fassung, das Glück Unserer Unterthanen, sichern werden") ausgelassen. Dagegen sind

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/362>, abgerufen am 02.05.2024.