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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Mecklenburger Briefe.
2. Die alte Landesverfassung.

Wie der mecklenburgische Adel, nach der früher gegebenen Darlegung,
nicht die innerliche Befähigung besitzt, um noch jetzt als einer der Hauptträger
der mecklenburgischen Landesverfassung zu fungiren, so stellt sich in dem gan¬
zen, zugleich mit der Beseitigung des Staatsgrundgesetzes wieder mobil ge¬
machten Gefüge und Getriebe dieser alten Feudalverfassung eine Form dar,
welche schon längst aufgehört hat, den bescheidensten Ansprüchen zu genügen.
Die alte Landesverfassung würde daher, auch wenn ihre Wiederherstellung in
vollkommen rechtsgültiger Weise erfolgt wäre, was bekanntlich nicht der Fall
ist, doch jedenfalls die innere Bedingung fernerer Existenz nicht mehr besitzen.
Eine Skizze dieser Verfassung, wobei wir uns an die "Staatskunde der beiden
Großherzogthümer Mecklenburg" von Julius Wiggers (Wismar. I86l) an-
schließen, wird deren Unzulänglichkeit für die Bedürfnisse eines entwickelten
Staatslebens in das hellste Licht setzen.

Die factisch wieder in Wirksamkeit gesetzte Landesvertretung besteht aus
den" "Corps" der Ritter- und Landschaft, welche den beiden Landesherren (von
Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz) als die Einheit der gesammten
mecklenburgischen Landstände gegenübersteht. Das Corps der Ritter- und
Landschaft zerfällt wieder in das Corps der Ritterschaft und das Corps der
Landschaft. Beide Stände gliedern sich weiter nach zwei Herzogthümern (Her-
zogthum Schwerin und Herzogthum Güstrow) und, gemäß einer anderen Ein-
theilungsweise, nach drei Kreisen (dem mecklenburgischen, wendischen und star-
gardischen). Die beiden letzteren vereint bilden das Herzogthum Güstrow, der
mecklenburgische Kreis fällt mit dem Herzogthum Schwerin zusammen. Inner¬
halb jedes dieser Herzogthümer und Kreise findet sodann wieder eine Gliederung
nach Ständen statt, Der mecklenburgische und der wendische Kreis fallen in
den Landesantheil des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, der stargar-
dische Kreis, in den des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz. Außerhalb der
ständischen Verfassung steht das einen abgesonderten Bestandtheil der strelitzi-


Grenzbottn IV. 1362. 41
Mecklenburger Briefe.
2. Die alte Landesverfassung.

Wie der mecklenburgische Adel, nach der früher gegebenen Darlegung,
nicht die innerliche Befähigung besitzt, um noch jetzt als einer der Hauptträger
der mecklenburgischen Landesverfassung zu fungiren, so stellt sich in dem gan¬
zen, zugleich mit der Beseitigung des Staatsgrundgesetzes wieder mobil ge¬
machten Gefüge und Getriebe dieser alten Feudalverfassung eine Form dar,
welche schon längst aufgehört hat, den bescheidensten Ansprüchen zu genügen.
Die alte Landesverfassung würde daher, auch wenn ihre Wiederherstellung in
vollkommen rechtsgültiger Weise erfolgt wäre, was bekanntlich nicht der Fall
ist, doch jedenfalls die innere Bedingung fernerer Existenz nicht mehr besitzen.
Eine Skizze dieser Verfassung, wobei wir uns an die „Staatskunde der beiden
Großherzogthümer Mecklenburg" von Julius Wiggers (Wismar. I86l) an-
schließen, wird deren Unzulänglichkeit für die Bedürfnisse eines entwickelten
Staatslebens in das hellste Licht setzen.

Die factisch wieder in Wirksamkeit gesetzte Landesvertretung besteht aus
den» „Corps" der Ritter- und Landschaft, welche den beiden Landesherren (von
Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz) als die Einheit der gesammten
mecklenburgischen Landstände gegenübersteht. Das Corps der Ritter- und
Landschaft zerfällt wieder in das Corps der Ritterschaft und das Corps der
Landschaft. Beide Stände gliedern sich weiter nach zwei Herzogthümern (Her-
zogthum Schwerin und Herzogthum Güstrow) und, gemäß einer anderen Ein-
theilungsweise, nach drei Kreisen (dem mecklenburgischen, wendischen und star-
gardischen). Die beiden letzteren vereint bilden das Herzogthum Güstrow, der
mecklenburgische Kreis fällt mit dem Herzogthum Schwerin zusammen. Inner¬
halb jedes dieser Herzogthümer und Kreise findet sodann wieder eine Gliederung
nach Ständen statt, Der mecklenburgische und der wendische Kreis fallen in
den Landesantheil des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, der stargar-
dische Kreis, in den des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz. Außerhalb der
ständischen Verfassung steht das einen abgesonderten Bestandtheil der strelitzi-


Grenzbottn IV. 1362. 41
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[0333] Mecklenburger Briefe. 2. Die alte Landesverfassung. Wie der mecklenburgische Adel, nach der früher gegebenen Darlegung, nicht die innerliche Befähigung besitzt, um noch jetzt als einer der Hauptträger der mecklenburgischen Landesverfassung zu fungiren, so stellt sich in dem gan¬ zen, zugleich mit der Beseitigung des Staatsgrundgesetzes wieder mobil ge¬ machten Gefüge und Getriebe dieser alten Feudalverfassung eine Form dar, welche schon längst aufgehört hat, den bescheidensten Ansprüchen zu genügen. Die alte Landesverfassung würde daher, auch wenn ihre Wiederherstellung in vollkommen rechtsgültiger Weise erfolgt wäre, was bekanntlich nicht der Fall ist, doch jedenfalls die innere Bedingung fernerer Existenz nicht mehr besitzen. Eine Skizze dieser Verfassung, wobei wir uns an die „Staatskunde der beiden Großherzogthümer Mecklenburg" von Julius Wiggers (Wismar. I86l) an- schließen, wird deren Unzulänglichkeit für die Bedürfnisse eines entwickelten Staatslebens in das hellste Licht setzen. Die factisch wieder in Wirksamkeit gesetzte Landesvertretung besteht aus den» „Corps" der Ritter- und Landschaft, welche den beiden Landesherren (von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz) als die Einheit der gesammten mecklenburgischen Landstände gegenübersteht. Das Corps der Ritter- und Landschaft zerfällt wieder in das Corps der Ritterschaft und das Corps der Landschaft. Beide Stände gliedern sich weiter nach zwei Herzogthümern (Her- zogthum Schwerin und Herzogthum Güstrow) und, gemäß einer anderen Ein- theilungsweise, nach drei Kreisen (dem mecklenburgischen, wendischen und star- gardischen). Die beiden letzteren vereint bilden das Herzogthum Güstrow, der mecklenburgische Kreis fällt mit dem Herzogthum Schwerin zusammen. Inner¬ halb jedes dieser Herzogthümer und Kreise findet sodann wieder eine Gliederung nach Ständen statt, Der mecklenburgische und der wendische Kreis fallen in den Landesantheil des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, der stargar- dische Kreis, in den des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz. Außerhalb der ständischen Verfassung steht das einen abgesonderten Bestandtheil der strelitzi- Grenzbottn IV. 1362. 41

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/333>, abgerufen am 28.04.2024.