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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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So vcrsta"den 1817 die rheinischen Communen und Communalbchördcn
ihre Petitionsbefugnisse und staatsbürgerlichen Pflichten. Gemaßrcgclt sind sie
dafür t'cincsweges worden; vielmehr fanden sie, wie oben schon zu ersehen,
"huldreiche Aufnahme" beim Könige selbst, und der Staatskanzler Fürst
Hardenberg antwortete bei Uebergabe des cvblcnzer Schriftstückes (12. Januar
1818), er zweifle nicht, "daß eine solche freimüthige Aeußerung ih¬
rer Wünsche beim Könige wohlgefällige Aufnalnue und alle die
Beachtung finden werde, welche bestehende Verhältnisse und
Grundsätze irgend zulassen wollten."

Im Jahre 1818 schlössen noch "Bürgermeister, Beigeordnete und Stadt¬
räthe" von Cleve. der Bürger- und Bauernstand der Grafschaft Mark durch
seine Bürgermeister und Gemeinderäthe, und der ritterschaftliche Adel von Jülich,
Cleve, Berg und Mark in ausführlichen Adressen und Denkschriften sich an.

Bekanntermaßen erreichten die Rheinlande, was sie für sich wünschten,
im Wesentlichen- die Aufrechthaltung ihrer freisinnigen Institutionen; wenn
auch allerdings nicht das, dessen Wunsch sie mit den andern Provinzen theilte":
5Z. die Verfassung.




Vermischte Literatur.
Sulpiz Boissere-e. Stuttgart, I. G. Cottaschc Buchhandlung. 1862.
Zwei Bünde.

Ein Buch, welches einen ungewöhnlichen Werth für die neuere Kunstgeschichte
beansprucht, obwohl es nicht, wie man "ach dem Titel erwarten sollte, eine Bio¬
graphie des bekannten Kunstfreundes, sonder" <mit Ausnahme einiger Tagebuchs-
blüttcr) nur einen Theil der Korrespondenz desselben enthält. Sulpiz Boisscrve, der
Sammler der Galerie altdeutscher Gemälde, die jetzt einen der besten Theile der
Kunstschätze König Ludwigs ausmachen, u"d Sulpiz Bvisseröc, der eifrige Anreger
des Weiterbaues des kölner Domes, tritt uns hier mit seinem von gleichem Streben
erfüllten Bruder Melchior und seinem Freunde Bertram zunächst i" Beziehung auf
die Sphäre, in welcher die Drei ihre Hauptaufgabe suchten, entgegen. Die Kunst¬
geschichte hat seit den Briefen, welche die Drei über altdeutsche und niederlän¬
dische Malerei und über gothische Baukunst wechselten, große "Fortschritte gemacht
und Vieles, was diese Korrespondenz an Forschungen und Anschauungen enthält,
cilölJrrthum und Mißgriff erwiesen. Immer aber werden diese Briefe ihren Werth
behalten, einmal weil sie uns einen Blick in die Anfänge des Wiederauflebens der
Achtung vor mittelalterlichen Kunstschöpfungen thun lassen, und dann, weil wir in
ihnen einem Charakter begegnen, der, rein wie wenige, in der Begeisterung für
seinen Gegenstand und in der energischen Förderung desselben fast einzig dasteht.
Nicht weniger Interesse beanspruchen die im ersten Theile mitgetheilten Briefe an-


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So vcrsta»den 1817 die rheinischen Communen und Communalbchördcn
ihre Petitionsbefugnisse und staatsbürgerlichen Pflichten. Gemaßrcgclt sind sie
dafür t'cincsweges worden; vielmehr fanden sie, wie oben schon zu ersehen,
„huldreiche Aufnahme" beim Könige selbst, und der Staatskanzler Fürst
Hardenberg antwortete bei Uebergabe des cvblcnzer Schriftstückes (12. Januar
1818), er zweifle nicht, „daß eine solche freimüthige Aeußerung ih¬
rer Wünsche beim Könige wohlgefällige Aufnalnue und alle die
Beachtung finden werde, welche bestehende Verhältnisse und
Grundsätze irgend zulassen wollten."

Im Jahre 1818 schlössen noch „Bürgermeister, Beigeordnete und Stadt¬
räthe" von Cleve. der Bürger- und Bauernstand der Grafschaft Mark durch
seine Bürgermeister und Gemeinderäthe, und der ritterschaftliche Adel von Jülich,
Cleve, Berg und Mark in ausführlichen Adressen und Denkschriften sich an.

Bekanntermaßen erreichten die Rheinlande, was sie für sich wünschten,
im Wesentlichen- die Aufrechthaltung ihrer freisinnigen Institutionen; wenn
auch allerdings nicht das, dessen Wunsch sie mit den andern Provinzen theilte»:
5Z. die Verfassung.




Vermischte Literatur.
Sulpiz Boissere-e. Stuttgart, I. G. Cottaschc Buchhandlung. 1862.
Zwei Bünde.

Ein Buch, welches einen ungewöhnlichen Werth für die neuere Kunstgeschichte
beansprucht, obwohl es nicht, wie man »ach dem Titel erwarten sollte, eine Bio¬
graphie des bekannten Kunstfreundes, sonder» <mit Ausnahme einiger Tagebuchs-
blüttcr) nur einen Theil der Korrespondenz desselben enthält. Sulpiz Boisscrve, der
Sammler der Galerie altdeutscher Gemälde, die jetzt einen der besten Theile der
Kunstschätze König Ludwigs ausmachen, u»d Sulpiz Bvisseröc, der eifrige Anreger
des Weiterbaues des kölner Domes, tritt uns hier mit seinem von gleichem Streben
erfüllten Bruder Melchior und seinem Freunde Bertram zunächst i» Beziehung auf
die Sphäre, in welcher die Drei ihre Hauptaufgabe suchten, entgegen. Die Kunst¬
geschichte hat seit den Briefen, welche die Drei über altdeutsche und niederlän¬
dische Malerei und über gothische Baukunst wechselten, große "Fortschritte gemacht
und Vieles, was diese Korrespondenz an Forschungen und Anschauungen enthält,
cilölJrrthum und Mißgriff erwiesen. Immer aber werden diese Briefe ihren Werth
behalten, einmal weil sie uns einen Blick in die Anfänge des Wiederauflebens der
Achtung vor mittelalterlichen Kunstschöpfungen thun lassen, und dann, weil wir in
ihnen einem Charakter begegnen, der, rein wie wenige, in der Begeisterung für
seinen Gegenstand und in der energischen Förderung desselben fast einzig dasteht.
Nicht weniger Interesse beanspruchen die im ersten Theile mitgetheilten Briefe an-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/203>, abgerufen am 29.04.2024.