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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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nur das Vorspiel sind, Italien auf Seite Frankreichs und Ruhlands oder Eng¬
lands, Oestreichs und Preußens stehen wird. Wohin Italien seine Interessen
weisen, kann nicht zweifelhaft sein. Ob es seinen Interessen wird folgen kön¬
nen, wird allein davon abhänge", ob Oestreich sich bald zu dem Entschluß er¬
hebt, die Schärfe der Beziehungen, die zwischen den beiden Ländern besteht,
zu mildern, und ob Italien Geduld genug besitzt, Ansprüche, deren rasches
Betreiben es nur immer tiefer in die Vasallenschaft Frankreichs versinken las¬
sen würde, bis zu einer Krisis zu vertagen, deren glücklicher Ausgang Oest¬
reich einen reichen ErsaK für das Königreich Venetien bieten würde.


Z.


Posen.

Dunkle Fichtenwaldungen, weit gestreckte magere Getreidefelder, von Sand-
und Haidcstrichen unterbrochen, moosige Wiesen mit Weiden und Erlengebüsch,
zuweilen eine langweilige Pappelallee, die einem Dorfe zuführt, dessen niedrige,
rohrgedeckte Lehmhütten kaum aus dem Erdboden hervorragen -- das ist die
monvlowe und ziemlich trostlose Landschaft, welche sich dem Auge darstellt, wenn
man, aus den gesegneten Fluren Schlesiens kommend, die Provinz Posen betritt.
Es ist eine unabsehbare Ebene, deren Horizont durch den dunkelblauen oder
violetten Strich der Kiefernwaldungen bezeichnet wird, auf der aber das Auge
vergeblich nach einem Ruhepunkt sucht, wo es mit Wohlgefallen weilen möchte.
Die Städte, welche wir berühren, gewähren einen nichts weniger als angeneh¬
men Eindruck.

Rawicz liegt hinter Sanddünen und Windmühlen. Reifen mit seinem
stattlichen sulkowskischen Schloß und Park gleicht einer Oase in der Wüste.
Bojanowo, Lissa, Schmiegel sehen gleichmäßig wenig einladend aus. Erst bei
Kosten erhebt sich das Land zu einiger landschaftlichen Schönheit. Weizen¬
felder treten an die Stelle der mageren Roggen- und Kartoffelflächen; mäßige, mit
Laubholz bewachsene Höhenzüge steigen aus der Ebene empor, um ziemlich
schroff zu den Seen bei Storchnest abzufallen. Die Dörfer schauen mit einem
Anstrich von Wohlhabenheit aus dunklen Baumgmppen hervor; hier und da


nur das Vorspiel sind, Italien auf Seite Frankreichs und Ruhlands oder Eng¬
lands, Oestreichs und Preußens stehen wird. Wohin Italien seine Interessen
weisen, kann nicht zweifelhaft sein. Ob es seinen Interessen wird folgen kön¬
nen, wird allein davon abhänge», ob Oestreich sich bald zu dem Entschluß er¬
hebt, die Schärfe der Beziehungen, die zwischen den beiden Ländern besteht,
zu mildern, und ob Italien Geduld genug besitzt, Ansprüche, deren rasches
Betreiben es nur immer tiefer in die Vasallenschaft Frankreichs versinken las¬
sen würde, bis zu einer Krisis zu vertagen, deren glücklicher Ausgang Oest¬
reich einen reichen ErsaK für das Königreich Venetien bieten würde.


Z.


Posen.

Dunkle Fichtenwaldungen, weit gestreckte magere Getreidefelder, von Sand-
und Haidcstrichen unterbrochen, moosige Wiesen mit Weiden und Erlengebüsch,
zuweilen eine langweilige Pappelallee, die einem Dorfe zuführt, dessen niedrige,
rohrgedeckte Lehmhütten kaum aus dem Erdboden hervorragen — das ist die
monvlowe und ziemlich trostlose Landschaft, welche sich dem Auge darstellt, wenn
man, aus den gesegneten Fluren Schlesiens kommend, die Provinz Posen betritt.
Es ist eine unabsehbare Ebene, deren Horizont durch den dunkelblauen oder
violetten Strich der Kiefernwaldungen bezeichnet wird, auf der aber das Auge
vergeblich nach einem Ruhepunkt sucht, wo es mit Wohlgefallen weilen möchte.
Die Städte, welche wir berühren, gewähren einen nichts weniger als angeneh¬
men Eindruck.

Rawicz liegt hinter Sanddünen und Windmühlen. Reifen mit seinem
stattlichen sulkowskischen Schloß und Park gleicht einer Oase in der Wüste.
Bojanowo, Lissa, Schmiegel sehen gleichmäßig wenig einladend aus. Erst bei
Kosten erhebt sich das Land zu einiger landschaftlichen Schönheit. Weizen¬
felder treten an die Stelle der mageren Roggen- und Kartoffelflächen; mäßige, mit
Laubholz bewachsene Höhenzüge steigen aus der Ebene empor, um ziemlich
schroff zu den Seen bei Storchnest abzufallen. Die Dörfer schauen mit einem
Anstrich von Wohlhabenheit aus dunklen Baumgmppen hervor; hier und da


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/260>, abgerufen am 29.04.2024.