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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Mit dem Anfange des neuen Jahres haben die Wrenzbote"
den^XII. Jahrgang begonnen. Die unterzeichnete Verlagshand-
lung erlaubt sich zur Pränumeration ans denselben einzuladen, und be¬
merkt, daß alle Buchhandlungen und Postämter Bestellungen annehmen.
Leipzig, im Januar 1863. Fr. Lndw. Herbig.

Deutsche Buche mis der preußische" Provinz Posen*).


Das Land.

Vor etwa zwei Jahren durchzog ein deutscher Poet, Herr Hugo Grapow
-- ich kann nicht dafür, wenn er Ihnen fremd ist -- mit einer freimaurerischen
Empfehlung und einem sauber gebundenen Büchlein, seine sämmtlichen
Werte enthaltend, unsere Provinz. Er wollte sich, so bescheinigten ihm die
hohen Gönner, durch den Verkauf dieses Bändchens in die Lage bringen, sich
eine Zukunft zu gründen. Ich fragte, warum er gerade zu uns seine Schritte
gelenkt. "Die andern Provinzen," erwiderte er freimüthig, "sind in der
Cultur so weit vorgeschritten, sind schon so durch und durch blasirt, das; ich
schwerlich Erfolg haben würde; aber bei Ihnen suche ich noch einfachen Sinn
für das Schöne. Hier" -- er stockte; ich aber hatte ihn verstanden und zahlte
willig den gewünschten Thaler als einen geringen Betrag für die neu¬
gewonnene Erfahrung von der Achtung, in weicher wir bei unsern deutschen
Mitbürgern stehen.

Herr Hugo Grapow ist gewiß nicht der Einzige, der eine so gütige Mei¬
nung von der Landschaft hat, welche ein Monopol auf "das Heulen der Wölfe
und das Gutenachtsagcn der Füchse" besaß, bis die Kölnische Zeitung deren
Spuren in Gumbinnen entdeckte. Die Gleichgültigkeit, mit der manche unserer
deutschen Landsleute auf die Provinz herabsehen, in welcher mehr als eine
halbe Million der Ihrigen für deutsches Wesen und deutsche Sitte kämpfen
und leiden, ist wirklich rührend. Die daraus entspringende Unwissenheit er¬
streckt sich selbst auf Lehrer und Lehrbücher. Wenn wir in Körners "Vaterland"
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') Die sollenden sechs Briefe werden den Lesern der "Grenzboten" ganz besonders em¬
pfohlen. Das, sie aus gründlichster Kenninifi des Landes und seiner Verhältnisse, namentlich
des Wesens und Treibens der revolutionären polnischen Partei geschrieben sind, wird sich aus
ihnen selbst ergeben. Wo Namen weggelassen oder nur angedeutet sind, geschah es aus
Gründen, die wir eure". Doch hat uns der Herr Verfasser diese Namen sämmtlich genannt,
D. Red. und könnte im Nothfall davon Gebrauch gemacht werde".
Grenzboten I. Is63. 16

Mit dem Anfange des neuen Jahres haben die Wrenzbote«
den^XII. Jahrgang begonnen. Die unterzeichnete Verlagshand-
lung erlaubt sich zur Pränumeration ans denselben einzuladen, und be¬
merkt, daß alle Buchhandlungen und Postämter Bestellungen annehmen.
Leipzig, im Januar 1863. Fr. Lndw. Herbig.

Deutsche Buche mis der preußische» Provinz Posen*).


Das Land.

Vor etwa zwei Jahren durchzog ein deutscher Poet, Herr Hugo Grapow
— ich kann nicht dafür, wenn er Ihnen fremd ist — mit einer freimaurerischen
Empfehlung und einem sauber gebundenen Büchlein, seine sämmtlichen
Werte enthaltend, unsere Provinz. Er wollte sich, so bescheinigten ihm die
hohen Gönner, durch den Verkauf dieses Bändchens in die Lage bringen, sich
eine Zukunft zu gründen. Ich fragte, warum er gerade zu uns seine Schritte
gelenkt. „Die andern Provinzen," erwiderte er freimüthig, „sind in der
Cultur so weit vorgeschritten, sind schon so durch und durch blasirt, das; ich
schwerlich Erfolg haben würde; aber bei Ihnen suche ich noch einfachen Sinn
für das Schöne. Hier" — er stockte; ich aber hatte ihn verstanden und zahlte
willig den gewünschten Thaler als einen geringen Betrag für die neu¬
gewonnene Erfahrung von der Achtung, in weicher wir bei unsern deutschen
Mitbürgern stehen.

Herr Hugo Grapow ist gewiß nicht der Einzige, der eine so gütige Mei¬
nung von der Landschaft hat, welche ein Monopol auf „das Heulen der Wölfe
und das Gutenachtsagcn der Füchse" besaß, bis die Kölnische Zeitung deren
Spuren in Gumbinnen entdeckte. Die Gleichgültigkeit, mit der manche unserer
deutschen Landsleute auf die Provinz herabsehen, in welcher mehr als eine
halbe Million der Ihrigen für deutsches Wesen und deutsche Sitte kämpfen
und leiden, ist wirklich rührend. Die daraus entspringende Unwissenheit er¬
streckt sich selbst auf Lehrer und Lehrbücher. Wenn wir in Körners „Vaterland"
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') Die sollenden sechs Briefe werden den Lesern der „Grenzboten" ganz besonders em¬
pfohlen. Das, sie aus gründlichster Kenninifi des Landes und seiner Verhältnisse, namentlich
des Wesens und Treibens der revolutionären polnischen Partei geschrieben sind, wird sich aus
ihnen selbst ergeben. Wo Namen weggelassen oder nur angedeutet sind, geschah es aus
Gründen, die wir eure». Doch hat uns der Herr Verfasser diese Namen sämmtlich genannt,
D. Red. und könnte im Nothfall davon Gebrauch gemacht werde».
Grenzboten I. Is63. 16
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[0129] Mit dem Anfange des neuen Jahres haben die Wrenzbote« den^XII. Jahrgang begonnen. Die unterzeichnete Verlagshand- lung erlaubt sich zur Pränumeration ans denselben einzuladen, und be¬ merkt, daß alle Buchhandlungen und Postämter Bestellungen annehmen. Leipzig, im Januar 1863. Fr. Lndw. Herbig. Deutsche Buche mis der preußische» Provinz Posen*). [Abbildung] Das Land. Vor etwa zwei Jahren durchzog ein deutscher Poet, Herr Hugo Grapow — ich kann nicht dafür, wenn er Ihnen fremd ist — mit einer freimaurerischen Empfehlung und einem sauber gebundenen Büchlein, seine sämmtlichen Werte enthaltend, unsere Provinz. Er wollte sich, so bescheinigten ihm die hohen Gönner, durch den Verkauf dieses Bändchens in die Lage bringen, sich eine Zukunft zu gründen. Ich fragte, warum er gerade zu uns seine Schritte gelenkt. „Die andern Provinzen," erwiderte er freimüthig, „sind in der Cultur so weit vorgeschritten, sind schon so durch und durch blasirt, das; ich schwerlich Erfolg haben würde; aber bei Ihnen suche ich noch einfachen Sinn für das Schöne. Hier" — er stockte; ich aber hatte ihn verstanden und zahlte willig den gewünschten Thaler als einen geringen Betrag für die neu¬ gewonnene Erfahrung von der Achtung, in weicher wir bei unsern deutschen Mitbürgern stehen. Herr Hugo Grapow ist gewiß nicht der Einzige, der eine so gütige Mei¬ nung von der Landschaft hat, welche ein Monopol auf „das Heulen der Wölfe und das Gutenachtsagcn der Füchse" besaß, bis die Kölnische Zeitung deren Spuren in Gumbinnen entdeckte. Die Gleichgültigkeit, mit der manche unserer deutschen Landsleute auf die Provinz herabsehen, in welcher mehr als eine halbe Million der Ihrigen für deutsches Wesen und deutsche Sitte kämpfen und leiden, ist wirklich rührend. Die daraus entspringende Unwissenheit er¬ streckt sich selbst auf Lehrer und Lehrbücher. Wenn wir in Körners „Vaterland" ,'Mulus «sj/»n/»et?- Mi»//»«» SlMt» n» msoP MAvvP zitT'. ^ ') Die sollenden sechs Briefe werden den Lesern der „Grenzboten" ganz besonders em¬ pfohlen. Das, sie aus gründlichster Kenninifi des Landes und seiner Verhältnisse, namentlich des Wesens und Treibens der revolutionären polnischen Partei geschrieben sind, wird sich aus ihnen selbst ergeben. Wo Namen weggelassen oder nur angedeutet sind, geschah es aus Gründen, die wir eure». Doch hat uns der Herr Verfasser diese Namen sämmtlich genannt, D. Red. und könnte im Nothfall davon Gebrauch gemacht werde». Grenzboten I. Is63. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/129>, abgerufen am 29.03.2024.