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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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wechselnde Namen derselben Münzsorte und zwar derjenigen Münzsorte, mit der
überhaupt die Prägung begonnen bat und an deren Prägerecht von den Zeiten
des Dareios und Xerxes an bis herab auf Justinian der staatsrechtliche Begriff
des Großkönig- oder des Kaisertums gehaftet, in dem dieser politische Begriff
Theodor Mommsen seinen anschaulichen Ausdruck gefunden hat.

An in e rk un g.

Wenn hinsichtlich der in den vorstehenden Blättern entwickelten Ansichten der
Sachkundige im Allgemeinen ohne weitere Nachweisung wissen wird, wo er deren nähere
Ausführung und wissenschaftliche Begründung zu suchen hat, so möchte dies doch
nicht der Fall sein in Betreff der Angaben über das babylonische Gcwichtsystem.
Es wird darum wohl gestattet sein, über dieses hier nachträglich ein paar Worte
beizufügen zum Ueberschlagen. -- Erst vor wenigen Jahren ist uns über das ba¬
bylonische Gcwichtsystcm authentische Kunde zugekommen durch die von Layard in
den Ruinen von Ninive entdeckten Bronze- und Stcingewichtc, theils in Löwen-,
theils in Entenfvrm, die sich jetzt im britischen Museum befinden und über die
den sorgfältigsten Bericht Norris im 16, Bande des ^onimg.1 ok tue ^"iatie 80-
"ist? ot vreat Ilriwin (1856) erstattet hat. Die meisten derselben tragen zwie¬
fache und größtentheils mit Sicherheit erklärte Wcrthcmgaben theils in Keilschrift,
theils in einem dem phömkischen verwandten Alphabet, theilweise auch die Namen
assyrischer und babylonischer Könige. Das System ist ein zwiefaches; es findet sich
eine leichtere und eine schwerere Reihe, die aber cvrrclat sind, indem die Einheit
der leichteren Reihe genau die Hälfte der schwereren Einheit ist. Die Annahme von
Norris, daß das schwerere System assyrisch, das leichtere babylonisch sei, ist, soweit
ich urtheilen kann, nicht begründete daß von den beiden Drcißigminenstückcn des
leichtere" Systems das eine einen König von Babylon, das andere einen König
von Assyrien nennt und daß beide Reihen sowohl, wie es scheint, gemischt gefunden
werden als auch in der äußeren Form der Gcwichtstücke zusammentreffen, spricht
vielmehr dafür, daß das schwerere und das leichtere System neben einander in
Gebrauch gewesen sind. Auch geht durch das gesammte vorderasiatische Münzsystem,
das entschieden von diesem babylonischen Gewicht abhängt, dieselbe doppelte Einheit
des phvkaischen Statcrs und des Dareikos, von denen der letztere die Hälfte des
ersteren ist; dabei scheint der Unterschied hervorzutreten, daß die städtische Prägung
sich überwiegend der größeren, die königliche fast ausschließlich der kleineren Einheit
bedient hat. Man wild vorläufig am besten thun, beide Gcwichtsysteme als schweres
""d leichtes babylonisches Gewicht zu bezeichnen ; die Benennung des Gewichts als
babylonisches empfiehlt sich deswegen, weil Aelianoe das leichtere der beiden Systeme
unter diesem Namen anführt. -- Das Merkwürdigste, was die in Ninive auf¬
gefundenen Gcwichtstückc gelehrt haben, ist das von dem griechischen wesentlich ab-
weichende Theilsystem, da" freilich von Norris und Hultsch verkannt wurde, aber
bei genauer Betrachtung der vorliegenden Stücke sich mit schlagender Deutlichkeit
"gibt und auch bereits von Hincks, wenn auch nur in einer beiläufigen Erwäh-


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wechselnde Namen derselben Münzsorte und zwar derjenigen Münzsorte, mit der
überhaupt die Prägung begonnen bat und an deren Prägerecht von den Zeiten
des Dareios und Xerxes an bis herab auf Justinian der staatsrechtliche Begriff
des Großkönig- oder des Kaisertums gehaftet, in dem dieser politische Begriff
Theodor Mommsen seinen anschaulichen Ausdruck gefunden hat.

An in e rk un g.

Wenn hinsichtlich der in den vorstehenden Blättern entwickelten Ansichten der
Sachkundige im Allgemeinen ohne weitere Nachweisung wissen wird, wo er deren nähere
Ausführung und wissenschaftliche Begründung zu suchen hat, so möchte dies doch
nicht der Fall sein in Betreff der Angaben über das babylonische Gcwichtsystem.
Es wird darum wohl gestattet sein, über dieses hier nachträglich ein paar Worte
beizufügen zum Ueberschlagen. — Erst vor wenigen Jahren ist uns über das ba¬
bylonische Gcwichtsystcm authentische Kunde zugekommen durch die von Layard in
den Ruinen von Ninive entdeckten Bronze- und Stcingewichtc, theils in Löwen-,
theils in Entenfvrm, die sich jetzt im britischen Museum befinden und über die
den sorgfältigsten Bericht Norris im 16, Bande des ^onimg.1 ok tue ^«iatie 80-
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fache und größtentheils mit Sicherheit erklärte Wcrthcmgaben theils in Keilschrift,
theils in einem dem phömkischen verwandten Alphabet, theilweise auch die Namen
assyrischer und babylonischer Könige. Das System ist ein zwiefaches; es findet sich
eine leichtere und eine schwerere Reihe, die aber cvrrclat sind, indem die Einheit
der leichteren Reihe genau die Hälfte der schwereren Einheit ist. Die Annahme von
Norris, daß das schwerere System assyrisch, das leichtere babylonisch sei, ist, soweit
ich urtheilen kann, nicht begründete daß von den beiden Drcißigminenstückcn des
leichtere» Systems das eine einen König von Babylon, das andere einen König
von Assyrien nennt und daß beide Reihen sowohl, wie es scheint, gemischt gefunden
werden als auch in der äußeren Form der Gcwichtstücke zusammentreffen, spricht
vielmehr dafür, daß das schwerere und das leichtere System neben einander in
Gebrauch gewesen sind. Auch geht durch das gesammte vorderasiatische Münzsystem,
das entschieden von diesem babylonischen Gewicht abhängt, dieselbe doppelte Einheit
des phvkaischen Statcrs und des Dareikos, von denen der letztere die Hälfte des
ersteren ist; dabei scheint der Unterschied hervorzutreten, daß die städtische Prägung
sich überwiegend der größeren, die königliche fast ausschließlich der kleineren Einheit
bedient hat. Man wild vorläufig am besten thun, beide Gcwichtsysteme als schweres
""d leichtes babylonisches Gewicht zu bezeichnen ; die Benennung des Gewichts als
babylonisches empfiehlt sich deswegen, weil Aelianoe das leichtere der beiden Systeme
unter diesem Namen anführt. — Das Merkwürdigste, was die in Ninive auf¬
gefundenen Gcwichtstückc gelehrt haben, ist das von dem griechischen wesentlich ab-
weichende Theilsystem, da» freilich von Norris und Hultsch verkannt wurde, aber
bei genauer Betrachtung der vorliegenden Stücke sich mit schlagender Deutlichkeit
"gibt und auch bereits von Hincks, wenn auch nur in einer beiläufigen Erwäh-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/403>, abgerufen am 27.04.2024.