Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

noch habe er ja nicht einmal für ein Feld gesorgt, um die eine Erbse zu säen,
und nun a,ehe er mit 200 Schiffen, um die Ernte zu holen, die sie erst nach
vielen Jahren liefern könne. Ich bin ein Wahnsinniger, sagte er bei sich,
aber was soll ich nun anfangen, wo ich den König und so viele Leute be¬
trogen habe? Es bleibt mir nichts Anderes übrig, als mich in das Meer zu
stürzen. Er sann nun auf einen Vorwand, wie er von den Schiffen loskommen
könne, und sprach zu den Schiffern, als sie der nächsten besten Küste nahe
kamen: "Hier sollt Ihr mich an das Land setzen und so lange warten, bis ich
Euch rufe, denn um meine Schätze aufzusuchen, muß ich allein sein. Als er
aber auf das Land kam, da ging er in einen Wald und versteckte sich darin,
und wollte nicht eher wieder hervorkommen, als bis die Schiffer des Wartens
müde abgefahren wären. Die Schiffer warteten lange Zeit auf ihn vergeblich,
und als er gar nicht kommen wollte, beschlossen sie ihn aufzusuchen. Sie durch¬
suchten also den ganzen Wald und entdeckten darin eine ganz mit Goldstücken
angefüllte Höhle, welche ein Mohr mit dem Schwerte in der Hand bewachte.
Nicht weit davon aber entdeckten sie den Penteklimas in einem Dickicht ver¬
steckt. Sie riefen ihm also zu: "Komm her! komm her! wir haben Deinen
Schatz gefunden." Als das der Penteklimas hörte, wollte er anfangs seinen
Ohren nicht trauen, doch faßte er sich ein Herz und kam hervor und befahl
den Schiffern, den Mohren todtzuschlagen, und als sie das gethan hatten,
füllten sie die 200 Schiffe mit den Schätzen, die sie in der Höhle fanden und
kehrten damit nach Hause zurück. Der König aber empfing den Penteklimas
in größter Pracht mit Fackeln und Laternen, und dieser hielt darauf seine
Hochzeit mit der Königstochter und ward ein großer Mann. Wie dem unser
Herrgott beigestanden hat! Denn wenn der Schatz nicht gefunden worden wäre,
so hätten ihn die Schiffer unfehlbar todtgeschlagen. Siehst Du, wie ihn trotz
seiner Narrheit mit der Erbse der liebe Gott nicht zu Grunde gehen ließ?


4. Von der Füchsin Pilgerschaft.
>

Es war einmal eine Füchsin, die hatte nichts zu essen und stellte sich
daher, als ob sie auf die Pilgerschaft gehen wollte. Auf dem Wege begegnete
sie einem Hahn, der fragte sie: "Wo gehst Du bin. Frau Marja?" -- "Auf
die Pilgerschaft und wieder zurück," erwiderte diese. "Da will ich mit Dir
gehen." "So komm und setz Dich auf meinen Rücken," und so ging's weiter.

Ueber eine Weile traf sie auf ein Paar Tauben und als diese die Füchsin
ansichtig wurden, flatterten sie auf; diese aber lief: "Bleibt ruhig, bleibt
ruhig, Kinder! ich habe das aufgegeben und gehe jetzt auf die Pilgerschaft."
"Da will ich mit Dir gehen," sagte der Tauber. "So komm, da wo der Hahn
ist, Kast auch Du Platz."

Darauf ging es wieder ein Stück weiter, da traf sie auf ein Paar Enten.


noch habe er ja nicht einmal für ein Feld gesorgt, um die eine Erbse zu säen,
und nun a,ehe er mit 200 Schiffen, um die Ernte zu holen, die sie erst nach
vielen Jahren liefern könne. Ich bin ein Wahnsinniger, sagte er bei sich,
aber was soll ich nun anfangen, wo ich den König und so viele Leute be¬
trogen habe? Es bleibt mir nichts Anderes übrig, als mich in das Meer zu
stürzen. Er sann nun auf einen Vorwand, wie er von den Schiffen loskommen
könne, und sprach zu den Schiffern, als sie der nächsten besten Küste nahe
kamen: „Hier sollt Ihr mich an das Land setzen und so lange warten, bis ich
Euch rufe, denn um meine Schätze aufzusuchen, muß ich allein sein. Als er
aber auf das Land kam, da ging er in einen Wald und versteckte sich darin,
und wollte nicht eher wieder hervorkommen, als bis die Schiffer des Wartens
müde abgefahren wären. Die Schiffer warteten lange Zeit auf ihn vergeblich,
und als er gar nicht kommen wollte, beschlossen sie ihn aufzusuchen. Sie durch¬
suchten also den ganzen Wald und entdeckten darin eine ganz mit Goldstücken
angefüllte Höhle, welche ein Mohr mit dem Schwerte in der Hand bewachte.
Nicht weit davon aber entdeckten sie den Penteklimas in einem Dickicht ver¬
steckt. Sie riefen ihm also zu: „Komm her! komm her! wir haben Deinen
Schatz gefunden." Als das der Penteklimas hörte, wollte er anfangs seinen
Ohren nicht trauen, doch faßte er sich ein Herz und kam hervor und befahl
den Schiffern, den Mohren todtzuschlagen, und als sie das gethan hatten,
füllten sie die 200 Schiffe mit den Schätzen, die sie in der Höhle fanden und
kehrten damit nach Hause zurück. Der König aber empfing den Penteklimas
in größter Pracht mit Fackeln und Laternen, und dieser hielt darauf seine
Hochzeit mit der Königstochter und ward ein großer Mann. Wie dem unser
Herrgott beigestanden hat! Denn wenn der Schatz nicht gefunden worden wäre,
so hätten ihn die Schiffer unfehlbar todtgeschlagen. Siehst Du, wie ihn trotz
seiner Narrheit mit der Erbse der liebe Gott nicht zu Grunde gehen ließ?


4. Von der Füchsin Pilgerschaft.
>

Es war einmal eine Füchsin, die hatte nichts zu essen und stellte sich
daher, als ob sie auf die Pilgerschaft gehen wollte. Auf dem Wege begegnete
sie einem Hahn, der fragte sie: „Wo gehst Du bin. Frau Marja?" — „Auf
die Pilgerschaft und wieder zurück," erwiderte diese. „Da will ich mit Dir
gehen." „So komm und setz Dich auf meinen Rücken," und so ging's weiter.

Ueber eine Weile traf sie auf ein Paar Tauben und als diese die Füchsin
ansichtig wurden, flatterten sie auf; diese aber lief: „Bleibt ruhig, bleibt
ruhig, Kinder! ich habe das aufgegeben und gehe jetzt auf die Pilgerschaft."
„Da will ich mit Dir gehen," sagte der Tauber. „So komm, da wo der Hahn
ist, Kast auch Du Platz."

Darauf ging es wieder ein Stück weiter, da traf sie auf ein Paar Enten.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0079" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187573"/>
            <p xml:id="ID_264" prev="#ID_263"> noch habe er ja nicht einmal für ein Feld gesorgt, um die eine Erbse zu säen,<lb/>
und nun a,ehe er mit 200 Schiffen, um die Ernte zu holen, die sie erst nach<lb/>
vielen Jahren liefern könne. Ich bin ein Wahnsinniger, sagte er bei sich,<lb/>
aber was soll ich nun anfangen, wo ich den König und so viele Leute be¬<lb/>
trogen habe? Es bleibt mir nichts Anderes übrig, als mich in das Meer zu<lb/>
stürzen. Er sann nun auf einen Vorwand, wie er von den Schiffen loskommen<lb/>
könne, und sprach zu den Schiffern, als sie der nächsten besten Küste nahe<lb/>
kamen: &#x201E;Hier sollt Ihr mich an das Land setzen und so lange warten, bis ich<lb/>
Euch rufe, denn um meine Schätze aufzusuchen, muß ich allein sein. Als er<lb/>
aber auf das Land kam, da ging er in einen Wald und versteckte sich darin,<lb/>
und wollte nicht eher wieder hervorkommen, als bis die Schiffer des Wartens<lb/>
müde abgefahren wären. Die Schiffer warteten lange Zeit auf ihn vergeblich,<lb/>
und als er gar nicht kommen wollte, beschlossen sie ihn aufzusuchen. Sie durch¬<lb/>
suchten also den ganzen Wald und entdeckten darin eine ganz mit Goldstücken<lb/>
angefüllte Höhle, welche ein Mohr mit dem Schwerte in der Hand bewachte.<lb/>
Nicht weit davon aber entdeckten sie den Penteklimas in einem Dickicht ver¬<lb/>
steckt. Sie riefen ihm also zu: &#x201E;Komm her! komm her! wir haben Deinen<lb/>
Schatz gefunden." Als das der Penteklimas hörte, wollte er anfangs seinen<lb/>
Ohren nicht trauen, doch faßte er sich ein Herz und kam hervor und befahl<lb/>
den Schiffern, den Mohren todtzuschlagen, und als sie das gethan hatten,<lb/>
füllten sie die 200 Schiffe mit den Schätzen, die sie in der Höhle fanden und<lb/>
kehrten damit nach Hause zurück. Der König aber empfing den Penteklimas<lb/>
in größter Pracht mit Fackeln und Laternen, und dieser hielt darauf seine<lb/>
Hochzeit mit der Königstochter und ward ein großer Mann. Wie dem unser<lb/>
Herrgott beigestanden hat! Denn wenn der Schatz nicht gefunden worden wäre,<lb/>
so hätten ihn die Schiffer unfehlbar todtgeschlagen. Siehst Du, wie ihn trotz<lb/>
seiner Narrheit mit der Erbse der liebe Gott nicht zu Grunde gehen ließ?</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 4. Von der Füchsin Pilgerschaft.<lb/>
&gt;</head><lb/>
            <p xml:id="ID_265"> Es war einmal eine Füchsin, die hatte nichts zu essen und stellte sich<lb/>
daher, als ob sie auf die Pilgerschaft gehen wollte. Auf dem Wege begegnete<lb/>
sie einem Hahn, der fragte sie: &#x201E;Wo gehst Du bin. Frau Marja?" &#x2014; &#x201E;Auf<lb/>
die Pilgerschaft und wieder zurück," erwiderte diese. &#x201E;Da will ich mit Dir<lb/>
gehen." &#x201E;So komm und setz Dich auf meinen Rücken," und so ging's weiter.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_266"> Ueber eine Weile traf sie auf ein Paar Tauben und als diese die Füchsin<lb/>
ansichtig wurden, flatterten sie auf; diese aber lief: &#x201E;Bleibt ruhig, bleibt<lb/>
ruhig, Kinder! ich habe das aufgegeben und gehe jetzt auf die Pilgerschaft."<lb/>
&#x201E;Da will ich mit Dir gehen," sagte der Tauber. &#x201E;So komm, da wo der Hahn<lb/>
ist, Kast auch Du Platz."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_267" next="#ID_268"> Darauf ging es wieder ein Stück weiter, da traf sie auf ein Paar Enten.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0079] noch habe er ja nicht einmal für ein Feld gesorgt, um die eine Erbse zu säen, und nun a,ehe er mit 200 Schiffen, um die Ernte zu holen, die sie erst nach vielen Jahren liefern könne. Ich bin ein Wahnsinniger, sagte er bei sich, aber was soll ich nun anfangen, wo ich den König und so viele Leute be¬ trogen habe? Es bleibt mir nichts Anderes übrig, als mich in das Meer zu stürzen. Er sann nun auf einen Vorwand, wie er von den Schiffen loskommen könne, und sprach zu den Schiffern, als sie der nächsten besten Küste nahe kamen: „Hier sollt Ihr mich an das Land setzen und so lange warten, bis ich Euch rufe, denn um meine Schätze aufzusuchen, muß ich allein sein. Als er aber auf das Land kam, da ging er in einen Wald und versteckte sich darin, und wollte nicht eher wieder hervorkommen, als bis die Schiffer des Wartens müde abgefahren wären. Die Schiffer warteten lange Zeit auf ihn vergeblich, und als er gar nicht kommen wollte, beschlossen sie ihn aufzusuchen. Sie durch¬ suchten also den ganzen Wald und entdeckten darin eine ganz mit Goldstücken angefüllte Höhle, welche ein Mohr mit dem Schwerte in der Hand bewachte. Nicht weit davon aber entdeckten sie den Penteklimas in einem Dickicht ver¬ steckt. Sie riefen ihm also zu: „Komm her! komm her! wir haben Deinen Schatz gefunden." Als das der Penteklimas hörte, wollte er anfangs seinen Ohren nicht trauen, doch faßte er sich ein Herz und kam hervor und befahl den Schiffern, den Mohren todtzuschlagen, und als sie das gethan hatten, füllten sie die 200 Schiffe mit den Schätzen, die sie in der Höhle fanden und kehrten damit nach Hause zurück. Der König aber empfing den Penteklimas in größter Pracht mit Fackeln und Laternen, und dieser hielt darauf seine Hochzeit mit der Königstochter und ward ein großer Mann. Wie dem unser Herrgott beigestanden hat! Denn wenn der Schatz nicht gefunden worden wäre, so hätten ihn die Schiffer unfehlbar todtgeschlagen. Siehst Du, wie ihn trotz seiner Narrheit mit der Erbse der liebe Gott nicht zu Grunde gehen ließ? 4. Von der Füchsin Pilgerschaft. > Es war einmal eine Füchsin, die hatte nichts zu essen und stellte sich daher, als ob sie auf die Pilgerschaft gehen wollte. Auf dem Wege begegnete sie einem Hahn, der fragte sie: „Wo gehst Du bin. Frau Marja?" — „Auf die Pilgerschaft und wieder zurück," erwiderte diese. „Da will ich mit Dir gehen." „So komm und setz Dich auf meinen Rücken," und so ging's weiter. Ueber eine Weile traf sie auf ein Paar Tauben und als diese die Füchsin ansichtig wurden, flatterten sie auf; diese aber lief: „Bleibt ruhig, bleibt ruhig, Kinder! ich habe das aufgegeben und gehe jetzt auf die Pilgerschaft." „Da will ich mit Dir gehen," sagte der Tauber. „So komm, da wo der Hahn ist, Kast auch Du Platz." Darauf ging es wieder ein Stück weiter, da traf sie auf ein Paar Enten.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/79
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/79>, abgerufen am 28.03.2024.