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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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Die Sache der Herzogtümer ist für Deutschland und Preußen eine Ehren¬
sache, für die ein Conflict nicht gescheut werden darf. Sie ist der Schwerpunkt
der preußischen Politik, durch sie hat Preußen sich in Zusammenhang zu setzen
mit den Fragen der allgemeinen Politik; von diesem Standpunkte aus hat es
seine Stellung zu dem bleibenden Mittelpunkte des europäischen Staaten¬
verkehrs, der orientalischen Frage, zu nehmen. Die Betrachtung dieses Gegen¬
Z. standes bleibe dem nächsten Aufsätze vorbehalten.




Literatur.

Die nationale Presse in Italien von 1828 bis 1860 und Die Kunst
der Rebellen. Zwei Schriften von Piero Cironi. Leipzig, Brockhaus. 1863.

Unter der nationalen Presse versteht der Verfasser die Presse der Mazzinisten,
unter der Kunst der Rebellen die Medaillen, Lithographien und die übrigen artistischen
Leistungen, mir denen Mitglieder dieser Partei hervorragende Genossen ihres poli¬
tischen Bekenntnisses ehrten. Das kleine Buch gibt also gewissermaßen eine Geschichte
der radikalen italienischen Demokratie, so weit sie auf dem Gebiet der Tagesliteratur
thätig war. Freilich nicht mit historischem Sinn, sondern von? Standpunkt der
Partei selbst, die hier behandelt wird, und deshalb nur mit Vorsicht zu brauchen,
aber immerhin von Interesse. Auch wir erkennen in Joseph Mazzini einen unge¬
wöhnlichen Geist, dessen Rastlosigkeit und Ausdauer zu bewundern, und wir ver¬
kennen keineswegs, de>ß er einen wesentlichen Antheil an der Umgestaltung seines
Vaterlandes hat. Wenn aber die Uebersetzerin -- es ist die bekannte Ludmilla
Ussing -- in der Vorrede meint, daß die Mazzinisten allein die italienische Bewe¬
gung "zu den großen Ergebnissen geführt haben, welche die ganze Welt mit Ach¬
tung und Bewunderung erfüllen," und daß Italien nur jenen "es verdankt, daß
es zu einer vereinigten Nation wicdcraufcrstandcn," so ist das einfache Verblendung.
Mazzini und Genossen waren bis zu einem gewissen Grade als treibendes Element
nützlich, die rechte Kraft gewann die Bewegung erst durch das Eingreifen des nord-
italienischen Militnrstaatcs, den rechten Verstand erst durch das Genie Cavours.
Ohne diese nothwendigste Ergänzung hätte Mnzzini nicht die Einheit Italiens, son¬
dern nur eine Reihe von Pulsader zu Stande gebracht. Ohne Cavour wäre Süd¬
italien jetzt ein muratschcs Königreich, und auch in Mittelitalien säße ein franzö¬
sischer Herrscher. Gegenwärtig endlich sind die Umtriebe Mazzinis das volle Gegen¬
theil einer auf Einheit gerichteten Thätigkeit.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L, Hering. -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

Die Sache der Herzogtümer ist für Deutschland und Preußen eine Ehren¬
sache, für die ein Conflict nicht gescheut werden darf. Sie ist der Schwerpunkt
der preußischen Politik, durch sie hat Preußen sich in Zusammenhang zu setzen
mit den Fragen der allgemeinen Politik; von diesem Standpunkte aus hat es
seine Stellung zu dem bleibenden Mittelpunkte des europäischen Staaten¬
verkehrs, der orientalischen Frage, zu nehmen. Die Betrachtung dieses Gegen¬
Z. standes bleibe dem nächsten Aufsätze vorbehalten.




Literatur.

Die nationale Presse in Italien von 1828 bis 1860 und Die Kunst
der Rebellen. Zwei Schriften von Piero Cironi. Leipzig, Brockhaus. 1863.

Unter der nationalen Presse versteht der Verfasser die Presse der Mazzinisten,
unter der Kunst der Rebellen die Medaillen, Lithographien und die übrigen artistischen
Leistungen, mir denen Mitglieder dieser Partei hervorragende Genossen ihres poli¬
tischen Bekenntnisses ehrten. Das kleine Buch gibt also gewissermaßen eine Geschichte
der radikalen italienischen Demokratie, so weit sie auf dem Gebiet der Tagesliteratur
thätig war. Freilich nicht mit historischem Sinn, sondern von? Standpunkt der
Partei selbst, die hier behandelt wird, und deshalb nur mit Vorsicht zu brauchen,
aber immerhin von Interesse. Auch wir erkennen in Joseph Mazzini einen unge¬
wöhnlichen Geist, dessen Rastlosigkeit und Ausdauer zu bewundern, und wir ver¬
kennen keineswegs, de>ß er einen wesentlichen Antheil an der Umgestaltung seines
Vaterlandes hat. Wenn aber die Uebersetzerin — es ist die bekannte Ludmilla
Ussing — in der Vorrede meint, daß die Mazzinisten allein die italienische Bewe¬
gung „zu den großen Ergebnissen geführt haben, welche die ganze Welt mit Ach¬
tung und Bewunderung erfüllen," und daß Italien nur jenen „es verdankt, daß
es zu einer vereinigten Nation wicdcraufcrstandcn," so ist das einfache Verblendung.
Mazzini und Genossen waren bis zu einem gewissen Grade als treibendes Element
nützlich, die rechte Kraft gewann die Bewegung erst durch das Eingreifen des nord-
italienischen Militnrstaatcs, den rechten Verstand erst durch das Genie Cavours.
Ohne diese nothwendigste Ergänzung hätte Mnzzini nicht die Einheit Italiens, son¬
dern nur eine Reihe von Pulsader zu Stande gebracht. Ohne Cavour wäre Süd¬
italien jetzt ein muratschcs Königreich, und auch in Mittelitalien säße ein franzö¬
sischer Herrscher. Gegenwärtig endlich sind die Umtriebe Mazzinis das volle Gegen¬
theil einer auf Einheit gerichteten Thätigkeit.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L, Hering. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0364] Die Sache der Herzogtümer ist für Deutschland und Preußen eine Ehren¬ sache, für die ein Conflict nicht gescheut werden darf. Sie ist der Schwerpunkt der preußischen Politik, durch sie hat Preußen sich in Zusammenhang zu setzen mit den Fragen der allgemeinen Politik; von diesem Standpunkte aus hat es seine Stellung zu dem bleibenden Mittelpunkte des europäischen Staaten¬ verkehrs, der orientalischen Frage, zu nehmen. Die Betrachtung dieses Gegen¬ Z. standes bleibe dem nächsten Aufsätze vorbehalten. Literatur. Die nationale Presse in Italien von 1828 bis 1860 und Die Kunst der Rebellen. Zwei Schriften von Piero Cironi. Leipzig, Brockhaus. 1863. Unter der nationalen Presse versteht der Verfasser die Presse der Mazzinisten, unter der Kunst der Rebellen die Medaillen, Lithographien und die übrigen artistischen Leistungen, mir denen Mitglieder dieser Partei hervorragende Genossen ihres poli¬ tischen Bekenntnisses ehrten. Das kleine Buch gibt also gewissermaßen eine Geschichte der radikalen italienischen Demokratie, so weit sie auf dem Gebiet der Tagesliteratur thätig war. Freilich nicht mit historischem Sinn, sondern von? Standpunkt der Partei selbst, die hier behandelt wird, und deshalb nur mit Vorsicht zu brauchen, aber immerhin von Interesse. Auch wir erkennen in Joseph Mazzini einen unge¬ wöhnlichen Geist, dessen Rastlosigkeit und Ausdauer zu bewundern, und wir ver¬ kennen keineswegs, de>ß er einen wesentlichen Antheil an der Umgestaltung seines Vaterlandes hat. Wenn aber die Uebersetzerin — es ist die bekannte Ludmilla Ussing — in der Vorrede meint, daß die Mazzinisten allein die italienische Bewe¬ gung „zu den großen Ergebnissen geführt haben, welche die ganze Welt mit Ach¬ tung und Bewunderung erfüllen," und daß Italien nur jenen „es verdankt, daß es zu einer vereinigten Nation wicdcraufcrstandcn," so ist das einfache Verblendung. Mazzini und Genossen waren bis zu einem gewissen Grade als treibendes Element nützlich, die rechte Kraft gewann die Bewegung erst durch das Eingreifen des nord- italienischen Militnrstaatcs, den rechten Verstand erst durch das Genie Cavours. Ohne diese nothwendigste Ergänzung hätte Mnzzini nicht die Einheit Italiens, son¬ dern nur eine Reihe von Pulsader zu Stande gebracht. Ohne Cavour wäre Süd¬ italien jetzt ein muratschcs Königreich, und auch in Mittelitalien säße ein franzö¬ sischer Herrscher. Gegenwärtig endlich sind die Umtriebe Mazzinis das volle Gegen¬ theil einer auf Einheit gerichteten Thätigkeit. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L, Hering. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/364>, abgerufen am 08.05.2024.