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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Tag legte, wie ferner unter dem Volke selbst bei dem wachsenden Parteihader
auch das Interesse an Schleswig-Holstein immer weniger sich vor dem Schicksale
bewahren konnte, nach Partcirücksichtcn benutzt und beurtheilt zu werden --
so lag darin für jeden Gegner Schleswig-Holsteins, aber auch für jeden Gegner
preußischer und deutscher Große überhaupt die lockendste Einladung, sich an
Preußen, an Deutschland mit jeder Zumuihung zu versuchen. Während im
Mai sich Schweden gegen Preußen nur dahin deutlicher ausgesprochen hatte,
daß es keinem Angriff auf die dänischen Inseln ruhig zusehn werde, erklärte
es jetzt auch Jütland gegen eine etwaige Wiederholung des preußischen Ein-
rückens in Schutz nehmen zu wollen. S000 Schweden landeten in Fünen, 15,000
standen in Schonen bereit, und der schwedische König tauschte mit dem dänischen
Besuche aus. Nicht minder wurden die russischen Maßnahmen immer bedroh¬
licher. Eine russische Flotte -- wie man sagte, mit Landungstruppen -- kreuzte in
der Ostsee. Großfürst Konstantin erschien in Kopenhagen, angejubelt von der
Bevölkerung der Hauptstadt; er besuchte die dänischen Blokadeschiffe vor Kiel,
und selbst von einem Handstreiche erzählte man sich, den er mit russischen Truppen
gegen diesen wichtigen Ostseehäfen auszuführen gedacht habe.




Die Musik und die leipziger Coueertsaison von 18K3--1864.
>!^^.>- . '2. u

Den alten Ruhm eines ausgezeichneten Orchesters hat sich das Gewandhaus¬
concert bis heute ungetrübt erhalte". Zusammengesetzt aus lauter tüchtigen
Musikern, zu denen sich vorgeschrittene Schüler des Conservatvriums gesellen,
enthält dasselbe sogar eine Anzahl von Virtuosen, deren Wirksamkeit sich anch
oft in den Ensemblcsätzen erfolgreich zeigt, ohne darum die Totalität des Ein¬
druckes zu gefährden. Und so erfreut sich der Musikfreund in jenen Concerten
vorzüglich an den Leistungen dieser Gesammtheit, welche langjährige Erfahrung,
würdige musikalische Tradition, Beherrschung der Mittel, Fügsamkeit für die
Intentionen des Componisten und des Dirigenten, jugendliche Frische und edlen
Enthusiasmus in glücklichster Mischung in sich vereinigt. Die hohe Stufe ihrer
musikalischen Ausbildung offenbart sich besonders auch in der musterhaften Be°


Tag legte, wie ferner unter dem Volke selbst bei dem wachsenden Parteihader
auch das Interesse an Schleswig-Holstein immer weniger sich vor dem Schicksale
bewahren konnte, nach Partcirücksichtcn benutzt und beurtheilt zu werden —
so lag darin für jeden Gegner Schleswig-Holsteins, aber auch für jeden Gegner
preußischer und deutscher Große überhaupt die lockendste Einladung, sich an
Preußen, an Deutschland mit jeder Zumuihung zu versuchen. Während im
Mai sich Schweden gegen Preußen nur dahin deutlicher ausgesprochen hatte,
daß es keinem Angriff auf die dänischen Inseln ruhig zusehn werde, erklärte
es jetzt auch Jütland gegen eine etwaige Wiederholung des preußischen Ein-
rückens in Schutz nehmen zu wollen. S000 Schweden landeten in Fünen, 15,000
standen in Schonen bereit, und der schwedische König tauschte mit dem dänischen
Besuche aus. Nicht minder wurden die russischen Maßnahmen immer bedroh¬
licher. Eine russische Flotte — wie man sagte, mit Landungstruppen — kreuzte in
der Ostsee. Großfürst Konstantin erschien in Kopenhagen, angejubelt von der
Bevölkerung der Hauptstadt; er besuchte die dänischen Blokadeschiffe vor Kiel,
und selbst von einem Handstreiche erzählte man sich, den er mit russischen Truppen
gegen diesen wichtigen Ostseehäfen auszuführen gedacht habe.




Die Musik und die leipziger Coueertsaison von 18K3—1864.
>!^^.>- . '2. u

Den alten Ruhm eines ausgezeichneten Orchesters hat sich das Gewandhaus¬
concert bis heute ungetrübt erhalte«. Zusammengesetzt aus lauter tüchtigen
Musikern, zu denen sich vorgeschrittene Schüler des Conservatvriums gesellen,
enthält dasselbe sogar eine Anzahl von Virtuosen, deren Wirksamkeit sich anch
oft in den Ensemblcsätzen erfolgreich zeigt, ohne darum die Totalität des Ein¬
druckes zu gefährden. Und so erfreut sich der Musikfreund in jenen Concerten
vorzüglich an den Leistungen dieser Gesammtheit, welche langjährige Erfahrung,
würdige musikalische Tradition, Beherrschung der Mittel, Fügsamkeit für die
Intentionen des Componisten und des Dirigenten, jugendliche Frische und edlen
Enthusiasmus in glücklichster Mischung in sich vereinigt. Die hohe Stufe ihrer
musikalischen Ausbildung offenbart sich besonders auch in der musterhaften Be°


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[0186] Tag legte, wie ferner unter dem Volke selbst bei dem wachsenden Parteihader auch das Interesse an Schleswig-Holstein immer weniger sich vor dem Schicksale bewahren konnte, nach Partcirücksichtcn benutzt und beurtheilt zu werden — so lag darin für jeden Gegner Schleswig-Holsteins, aber auch für jeden Gegner preußischer und deutscher Große überhaupt die lockendste Einladung, sich an Preußen, an Deutschland mit jeder Zumuihung zu versuchen. Während im Mai sich Schweden gegen Preußen nur dahin deutlicher ausgesprochen hatte, daß es keinem Angriff auf die dänischen Inseln ruhig zusehn werde, erklärte es jetzt auch Jütland gegen eine etwaige Wiederholung des preußischen Ein- rückens in Schutz nehmen zu wollen. S000 Schweden landeten in Fünen, 15,000 standen in Schonen bereit, und der schwedische König tauschte mit dem dänischen Besuche aus. Nicht minder wurden die russischen Maßnahmen immer bedroh¬ licher. Eine russische Flotte — wie man sagte, mit Landungstruppen — kreuzte in der Ostsee. Großfürst Konstantin erschien in Kopenhagen, angejubelt von der Bevölkerung der Hauptstadt; er besuchte die dänischen Blokadeschiffe vor Kiel, und selbst von einem Handstreiche erzählte man sich, den er mit russischen Truppen gegen diesen wichtigen Ostseehäfen auszuführen gedacht habe. Die Musik und die leipziger Coueertsaison von 18K3—1864. >!^^.>- . '2. u Den alten Ruhm eines ausgezeichneten Orchesters hat sich das Gewandhaus¬ concert bis heute ungetrübt erhalte«. Zusammengesetzt aus lauter tüchtigen Musikern, zu denen sich vorgeschrittene Schüler des Conservatvriums gesellen, enthält dasselbe sogar eine Anzahl von Virtuosen, deren Wirksamkeit sich anch oft in den Ensemblcsätzen erfolgreich zeigt, ohne darum die Totalität des Ein¬ druckes zu gefährden. Und so erfreut sich der Musikfreund in jenen Concerten vorzüglich an den Leistungen dieser Gesammtheit, welche langjährige Erfahrung, würdige musikalische Tradition, Beherrschung der Mittel, Fügsamkeit für die Intentionen des Componisten und des Dirigenten, jugendliche Frische und edlen Enthusiasmus in glücklichster Mischung in sich vereinigt. Die hohe Stufe ihrer musikalischen Ausbildung offenbart sich besonders auch in der musterhaften Be°

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/186>, abgerufen am 04.05.2024.