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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Mann gefunden, für dessen Bekanntschaft ich dankend Dieselben ersuche mir sonst
irgend einen Reisenden gelegentlich zu addressiren und mir dabey von Ihrem
Befinden und Bemühungen einige Nachricht zu ertheilen. Da Herr Schulz
einen kleinen Auftrag zu übernehmen willig ist, so übersende hiebey einige ra-
dirte Blätter nach früheren meiner Skizzen, womit sich junge Künstler aus
Neigung gegen mich beschäftigen wollen. Es sind eigentlich auch Bekenntnisse,
welche für Freunde meiner Muse einigen Werth haben mögen, aber ohne kunst>
lerischen Anspruch hervortreten.

Mögen Sie meiner hiebey und sonst mit Wohlwollen immerfort gedenken.

Weimar d. 23. Novbr. 1821.


ergebenst
Goethe.
8.

Ew. Wohlgeb.

empfangen genügtest die Erwiederung Weimarischer Kunstfreunde auf das schöne
Denkmal, welches Sie Ihrem hiesigen Aufenthalt gewidmet*). Sie werden
daraus ersehen, daß alles noch glücklicher Weise beym Alten ist, sowohl dem
Zustand als der Gesinnung nach.

Das nächste Heft wird wohl auch in einigen Monaten aufwarten, es ent¬
hält eine Auslegung des Triumphzugs des Mantegna, wobey Ihrer geneigten
Theilnahme dankbarlichst gedacht ist. Ich werde drei Anfragen hinzufügen, wenn
Sie nicht bequeme Gelegenheit haben sollten sie vorläufig zu beantworten; ich
setze sie hierher.

1. ) Wie sind wohl die Bilder nach England gekommen und zu wel¬
cher Zeit?

2. ) In dem Bilde wo die Gefangenen vorbey geführt werden strebt ein
Knabe der bisher zu Fuße gegangen zu der Mutter auf, mehr läßt der Holz¬
schnitt nicht bemerken; Basari aber rühmt gerade diese Stelle als höchst naiv:
das Kind hat sich einen Dorn in den Fuß getreten und zeigt dieses Unglück
der Mutter vor. Läßt sich dieser Umstand im Bilde deutlich erkennen?

3. ) Eben gedachte Frau trägt auf dem rechten Arm ein Wickelkind, dieses
ist aber so wunderlich angebracht, daß es eben auch der dahinter stehenden, ganz
jungen bekränzten Braut angehören kann; wie verhält es sich damit? Ent¬
scheidet vielleicht die Localtinte die Zweydeutigkeit?

Verzeihung! da es aber mit dem Abdruck gedachten Aussatzes sich vielleicht



*) Die Anzeige von Noehdens Uebersetzung in Kunst und Alterthum III, 3.

Mann gefunden, für dessen Bekanntschaft ich dankend Dieselben ersuche mir sonst
irgend einen Reisenden gelegentlich zu addressiren und mir dabey von Ihrem
Befinden und Bemühungen einige Nachricht zu ertheilen. Da Herr Schulz
einen kleinen Auftrag zu übernehmen willig ist, so übersende hiebey einige ra-
dirte Blätter nach früheren meiner Skizzen, womit sich junge Künstler aus
Neigung gegen mich beschäftigen wollen. Es sind eigentlich auch Bekenntnisse,
welche für Freunde meiner Muse einigen Werth haben mögen, aber ohne kunst>
lerischen Anspruch hervortreten.

Mögen Sie meiner hiebey und sonst mit Wohlwollen immerfort gedenken.

Weimar d. 23. Novbr. 1821.


ergebenst
Goethe.
8.

Ew. Wohlgeb.

empfangen genügtest die Erwiederung Weimarischer Kunstfreunde auf das schöne
Denkmal, welches Sie Ihrem hiesigen Aufenthalt gewidmet*). Sie werden
daraus ersehen, daß alles noch glücklicher Weise beym Alten ist, sowohl dem
Zustand als der Gesinnung nach.

Das nächste Heft wird wohl auch in einigen Monaten aufwarten, es ent¬
hält eine Auslegung des Triumphzugs des Mantegna, wobey Ihrer geneigten
Theilnahme dankbarlichst gedacht ist. Ich werde drei Anfragen hinzufügen, wenn
Sie nicht bequeme Gelegenheit haben sollten sie vorläufig zu beantworten; ich
setze sie hierher.

1. ) Wie sind wohl die Bilder nach England gekommen und zu wel¬
cher Zeit?

2. ) In dem Bilde wo die Gefangenen vorbey geführt werden strebt ein
Knabe der bisher zu Fuße gegangen zu der Mutter auf, mehr läßt der Holz¬
schnitt nicht bemerken; Basari aber rühmt gerade diese Stelle als höchst naiv:
das Kind hat sich einen Dorn in den Fuß getreten und zeigt dieses Unglück
der Mutter vor. Läßt sich dieser Umstand im Bilde deutlich erkennen?

3. ) Eben gedachte Frau trägt auf dem rechten Arm ein Wickelkind, dieses
ist aber so wunderlich angebracht, daß es eben auch der dahinter stehenden, ganz
jungen bekränzten Braut angehören kann; wie verhält es sich damit? Ent¬
scheidet vielleicht die Localtinte die Zweydeutigkeit?

Verzeihung! da es aber mit dem Abdruck gedachten Aussatzes sich vielleicht



*) Die Anzeige von Noehdens Uebersetzung in Kunst und Alterthum III, 3.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/502>, abgerufen am 04.05.2024.