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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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eine Fahne in Arezzo aus dem Jahre 1466 besagt in klaren Ausdrücken, daß
sie "til-vorato u, vllo" sein soll. Von Piero della Francesca aus können wir
das technische Verfahren weiter verfolgen in jenen kreisförmigen Bildern Sig-
noreltis, die wegen ihres dunklen olivenfarbigen Tons in die Augen fallen und
in ihrem Gehalt gänzlich abweichen von allem, was die venetianische Schule
hervorgebracht hat, welche ihre Technik von Antonello da Messina herleitete.

Wir brauchen wohl kaum darauf hinzuweisen, wie verschieden von diesem
Sicilianer die Methode Verrvcchios und Leonardos sich formte.

In kurzer Skizze wurde der Verlauf angegeben, den die Neuerungen der
Oelmalerei in Italien einschlugen, indem wir flüchtig auf die Werke verschiedener
Meister Bezug genommen haben. Eine ausführliche Besprechung und Beschrei¬
bung der Bilder würde gewissermaßen, den Beweis zu unsern Behauptungen
liefern. Wir müssen hier darauf verzichten und hoffen, daß detaillirte Unter¬
suchungen unsere Auffassung rechtfertigen und als sichere Wahrheiten erweise"
I. A. Crowe. werden.




Aus alter Zeit.
i.
Theologische Disputirer im Volke.
(17. und 18. Jahrhundert.)

Wenn einst die Geschichtswissenschaft genauer als jetzt das innere Leben
des Volkes selbst darzustellen vermag, dann werden die großen Umwandlungen,
welche Gemüth, Idealismus, Wahrheitssinn und praktische Tüchtigkeit der Völker
im Laufe der Zeit erfahren haben, wahrscheinlich für lange Zeiträume wichtiger
erscheinen als Politik, Kriege, Umherfahren und Untergang seiner Regenten.
Denn nicht zu allen Zeiten sind die politischen Ereignisse das Wissenswürdigste.
Wechselnd wie die herrschenden Fehler und Neigungen des Volkes ist auch die
Art, wie es liebt und haßt, wie es den sinnlichen Eindruck in Empfindung in
Gedanken umprägt, verschieden ist in jedem Zeitraum gefärbt, was ihm für
gut, schön, wahr gilt. Und über dieser Verschiedenheit, welche durch das Leben
selbst und den zerstörenden Bildungsstoff hervorgebracht wird, das Bleibende,
Nationales und allgemein Menschliches zu erkennen und den innern Zusammen-


eine Fahne in Arezzo aus dem Jahre 1466 besagt in klaren Ausdrücken, daß
sie „til-vorato u, vllo" sein soll. Von Piero della Francesca aus können wir
das technische Verfahren weiter verfolgen in jenen kreisförmigen Bildern Sig-
noreltis, die wegen ihres dunklen olivenfarbigen Tons in die Augen fallen und
in ihrem Gehalt gänzlich abweichen von allem, was die venetianische Schule
hervorgebracht hat, welche ihre Technik von Antonello da Messina herleitete.

Wir brauchen wohl kaum darauf hinzuweisen, wie verschieden von diesem
Sicilianer die Methode Verrvcchios und Leonardos sich formte.

In kurzer Skizze wurde der Verlauf angegeben, den die Neuerungen der
Oelmalerei in Italien einschlugen, indem wir flüchtig auf die Werke verschiedener
Meister Bezug genommen haben. Eine ausführliche Besprechung und Beschrei¬
bung der Bilder würde gewissermaßen, den Beweis zu unsern Behauptungen
liefern. Wir müssen hier darauf verzichten und hoffen, daß detaillirte Unter¬
suchungen unsere Auffassung rechtfertigen und als sichere Wahrheiten erweise»
I. A. Crowe. werden.




Aus alter Zeit.
i.
Theologische Disputirer im Volke.
(17. und 18. Jahrhundert.)

Wenn einst die Geschichtswissenschaft genauer als jetzt das innere Leben
des Volkes selbst darzustellen vermag, dann werden die großen Umwandlungen,
welche Gemüth, Idealismus, Wahrheitssinn und praktische Tüchtigkeit der Völker
im Laufe der Zeit erfahren haben, wahrscheinlich für lange Zeiträume wichtiger
erscheinen als Politik, Kriege, Umherfahren und Untergang seiner Regenten.
Denn nicht zu allen Zeiten sind die politischen Ereignisse das Wissenswürdigste.
Wechselnd wie die herrschenden Fehler und Neigungen des Volkes ist auch die
Art, wie es liebt und haßt, wie es den sinnlichen Eindruck in Empfindung in
Gedanken umprägt, verschieden ist in jedem Zeitraum gefärbt, was ihm für
gut, schön, wahr gilt. Und über dieser Verschiedenheit, welche durch das Leben
selbst und den zerstörenden Bildungsstoff hervorgebracht wird, das Bleibende,
Nationales und allgemein Menschliches zu erkennen und den innern Zusammen-


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[0180] eine Fahne in Arezzo aus dem Jahre 1466 besagt in klaren Ausdrücken, daß sie „til-vorato u, vllo" sein soll. Von Piero della Francesca aus können wir das technische Verfahren weiter verfolgen in jenen kreisförmigen Bildern Sig- noreltis, die wegen ihres dunklen olivenfarbigen Tons in die Augen fallen und in ihrem Gehalt gänzlich abweichen von allem, was die venetianische Schule hervorgebracht hat, welche ihre Technik von Antonello da Messina herleitete. Wir brauchen wohl kaum darauf hinzuweisen, wie verschieden von diesem Sicilianer die Methode Verrvcchios und Leonardos sich formte. In kurzer Skizze wurde der Verlauf angegeben, den die Neuerungen der Oelmalerei in Italien einschlugen, indem wir flüchtig auf die Werke verschiedener Meister Bezug genommen haben. Eine ausführliche Besprechung und Beschrei¬ bung der Bilder würde gewissermaßen, den Beweis zu unsern Behauptungen liefern. Wir müssen hier darauf verzichten und hoffen, daß detaillirte Unter¬ suchungen unsere Auffassung rechtfertigen und als sichere Wahrheiten erweise» I. A. Crowe. werden. Aus alter Zeit. i. Theologische Disputirer im Volke. (17. und 18. Jahrhundert.) Wenn einst die Geschichtswissenschaft genauer als jetzt das innere Leben des Volkes selbst darzustellen vermag, dann werden die großen Umwandlungen, welche Gemüth, Idealismus, Wahrheitssinn und praktische Tüchtigkeit der Völker im Laufe der Zeit erfahren haben, wahrscheinlich für lange Zeiträume wichtiger erscheinen als Politik, Kriege, Umherfahren und Untergang seiner Regenten. Denn nicht zu allen Zeiten sind die politischen Ereignisse das Wissenswürdigste. Wechselnd wie die herrschenden Fehler und Neigungen des Volkes ist auch die Art, wie es liebt und haßt, wie es den sinnlichen Eindruck in Empfindung in Gedanken umprägt, verschieden ist in jedem Zeitraum gefärbt, was ihm für gut, schön, wahr gilt. Und über dieser Verschiedenheit, welche durch das Leben selbst und den zerstörenden Bildungsstoff hervorgebracht wird, das Bleibende, Nationales und allgemein Menschliches zu erkennen und den innern Zusammen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/180>, abgerufen am 06.05.2024.