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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig.
^ ' 7.
Die Ausbildung in der preußischen Armee.

Die Nachrichten, welche in der vergangenen Woche von unserm Kriegs¬
schauplatze zugegangen sind, enthalten die bedeutende Zeitung von dem allseitigen
Zurückweichen der Dänen und der Räumung Fridericias. Das große Uebergewicht
der preußischen Artillerie, welches sich vor Düppel dargethan hat, würde eine
Vertheidigung Fridericias zu einer Grausamkeit gegen die Bewohner und die
Besatzung gemacht haben. Wir können die Maßregel nur für richtig erklären
und uns freuen, daß die Regierung in Kopenhagen erst so spät zu der Erkenntniß
kommt, wie überhaupt die Annahme des Kampfes gegen die Uebermacht ein
Fehler war. Dänemark konnte sich immer nur auf sein Recht, nie auf seine
Kraft stützen; als es das erstere in seinem politischen Handeln aufgab, opferte
es die letztere. -- Für ein besonderes Glück muß Preußen ansehen, daß Däne¬
mark nicht dem östreichischen Heerführer die Möglichkeit gegeben bat. vor Fride-
ricia eine größere Energie der Belagerung zu entwickeln, als dies vor Düppel
geschehen. Und Deutschland ist zum wärmsten Dank an die politischen Leiter
in Kopenhagen verpflichtet, daß sie den vernünftigen Rathschlägen der Generale,
Düppel zu räumen, keine Folge gaben, und dadurch die preußische Heerführung
noch in der letzten Stunde veranlaßten, durch eine glänzende und blutige Waffen-
that die preußische Regierung an das Schicksal Schleswig-Holsteins zu fesseln.
Wie wenig geneigt man im Hauptquartier von Gravenstein zu großen mili¬
tärischen Acten ist, beweist die Ruhe, welche dem Sturme folgt. Statt unter
dem Eindruck des Sieges neue Erfolge zu erstreben und Alsen zu nehmen,
wird dem Gegner Gelegenheit gegeben sich ungefährdet zurückzuziehen. Wahr¬
lich nicht die Größe der . Ziele bei den preußischen Truppenführern, sondern
die zu großen Zielen führende Leistungsfähigkeit der preußischen Truppen fordert
unsere Anerkennung. Wir dürfen aus allem, was wir bis jetzt von unsern
preußischen Landsleuten in Schleswig gesehen und erfahren haben, schließen,
daß die preußische Armee gut fundamentirt ist und daß die Ausbildung der
Truppen den Anforderungen des Krieges entspricht. Es ist dies ein Urtheil,
das auch die Blätter des Auslandes in derselben Ausdehnung fällen und das
gerade jetzt, wo die Militärfrage die brennende Frage für Preußen ist. jedem
gebildeten Deutschen zur Pflicht macht, sich nähere Kenntniß von der Art der
Ausbildung der preußischen Soldaten zu verschaffen. Wir wollen heute ver-


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Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig.
^ ' 7.
Die Ausbildung in der preußischen Armee.

Die Nachrichten, welche in der vergangenen Woche von unserm Kriegs¬
schauplatze zugegangen sind, enthalten die bedeutende Zeitung von dem allseitigen
Zurückweichen der Dänen und der Räumung Fridericias. Das große Uebergewicht
der preußischen Artillerie, welches sich vor Düppel dargethan hat, würde eine
Vertheidigung Fridericias zu einer Grausamkeit gegen die Bewohner und die
Besatzung gemacht haben. Wir können die Maßregel nur für richtig erklären
und uns freuen, daß die Regierung in Kopenhagen erst so spät zu der Erkenntniß
kommt, wie überhaupt die Annahme des Kampfes gegen die Uebermacht ein
Fehler war. Dänemark konnte sich immer nur auf sein Recht, nie auf seine
Kraft stützen; als es das erstere in seinem politischen Handeln aufgab, opferte
es die letztere. — Für ein besonderes Glück muß Preußen ansehen, daß Däne¬
mark nicht dem östreichischen Heerführer die Möglichkeit gegeben bat. vor Fride-
ricia eine größere Energie der Belagerung zu entwickeln, als dies vor Düppel
geschehen. Und Deutschland ist zum wärmsten Dank an die politischen Leiter
in Kopenhagen verpflichtet, daß sie den vernünftigen Rathschlägen der Generale,
Düppel zu räumen, keine Folge gaben, und dadurch die preußische Heerführung
noch in der letzten Stunde veranlaßten, durch eine glänzende und blutige Waffen-
that die preußische Regierung an das Schicksal Schleswig-Holsteins zu fesseln.
Wie wenig geneigt man im Hauptquartier von Gravenstein zu großen mili¬
tärischen Acten ist, beweist die Ruhe, welche dem Sturme folgt. Statt unter
dem Eindruck des Sieges neue Erfolge zu erstreben und Alsen zu nehmen,
wird dem Gegner Gelegenheit gegeben sich ungefährdet zurückzuziehen. Wahr¬
lich nicht die Größe der . Ziele bei den preußischen Truppenführern, sondern
die zu großen Zielen führende Leistungsfähigkeit der preußischen Truppen fordert
unsere Anerkennung. Wir dürfen aus allem, was wir bis jetzt von unsern
preußischen Landsleuten in Schleswig gesehen und erfahren haben, schließen,
daß die preußische Armee gut fundamentirt ist und daß die Ausbildung der
Truppen den Anforderungen des Krieges entspricht. Es ist dies ein Urtheil,
das auch die Blätter des Auslandes in derselben Ausdehnung fällen und das
gerade jetzt, wo die Militärfrage die brennende Frage für Preußen ist. jedem
gebildeten Deutschen zur Pflicht macht, sich nähere Kenntniß von der Art der
Ausbildung der preußischen Soldaten zu verschaffen. Wir wollen heute ver-


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[0243] Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig. ^ ' 7. Die Ausbildung in der preußischen Armee. Die Nachrichten, welche in der vergangenen Woche von unserm Kriegs¬ schauplatze zugegangen sind, enthalten die bedeutende Zeitung von dem allseitigen Zurückweichen der Dänen und der Räumung Fridericias. Das große Uebergewicht der preußischen Artillerie, welches sich vor Düppel dargethan hat, würde eine Vertheidigung Fridericias zu einer Grausamkeit gegen die Bewohner und die Besatzung gemacht haben. Wir können die Maßregel nur für richtig erklären und uns freuen, daß die Regierung in Kopenhagen erst so spät zu der Erkenntniß kommt, wie überhaupt die Annahme des Kampfes gegen die Uebermacht ein Fehler war. Dänemark konnte sich immer nur auf sein Recht, nie auf seine Kraft stützen; als es das erstere in seinem politischen Handeln aufgab, opferte es die letztere. — Für ein besonderes Glück muß Preußen ansehen, daß Däne¬ mark nicht dem östreichischen Heerführer die Möglichkeit gegeben bat. vor Fride- ricia eine größere Energie der Belagerung zu entwickeln, als dies vor Düppel geschehen. Und Deutschland ist zum wärmsten Dank an die politischen Leiter in Kopenhagen verpflichtet, daß sie den vernünftigen Rathschlägen der Generale, Düppel zu räumen, keine Folge gaben, und dadurch die preußische Heerführung noch in der letzten Stunde veranlaßten, durch eine glänzende und blutige Waffen- that die preußische Regierung an das Schicksal Schleswig-Holsteins zu fesseln. Wie wenig geneigt man im Hauptquartier von Gravenstein zu großen mili¬ tärischen Acten ist, beweist die Ruhe, welche dem Sturme folgt. Statt unter dem Eindruck des Sieges neue Erfolge zu erstreben und Alsen zu nehmen, wird dem Gegner Gelegenheit gegeben sich ungefährdet zurückzuziehen. Wahr¬ lich nicht die Größe der . Ziele bei den preußischen Truppenführern, sondern die zu großen Zielen führende Leistungsfähigkeit der preußischen Truppen fordert unsere Anerkennung. Wir dürfen aus allem, was wir bis jetzt von unsern preußischen Landsleuten in Schleswig gesehen und erfahren haben, schließen, daß die preußische Armee gut fundamentirt ist und daß die Ausbildung der Truppen den Anforderungen des Krieges entspricht. Es ist dies ein Urtheil, das auch die Blätter des Auslandes in derselben Ausdehnung fällen und das gerade jetzt, wo die Militärfrage die brennende Frage für Preußen ist. jedem gebildeten Deutschen zur Pflicht macht, sich nähere Kenntniß von der Art der Ausbildung der preußischen Soldaten zu verschaffen. Wir wollen heute ver- 30*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/243>, abgerufen am 06.05.2024.