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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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als einziges Heilmittel im Munde führte, um es immer von neuem zu schänden.
Das evangelische Wesen hat nachmals allerdings vermöge seiner unverwüstlichen
und eminent historischen Gedankenmacht inmitten des Wirrsals die rechte Fahne
aufgepflanzt; aber zunächst brachte es der politischen Entwickelung unsres Volles
nicht Frieden, sondern das Schwert; ja den Fanatismus des Waffcnganges
aller mit allen, bei welchem jeder mehr oder minder frevelnd sich der Losung
vermaß: "ich kann nicht anders!" --




Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig.
2.
Die gezogenen Schußwaffen.

In dem vorigen Briefe sind die Vorzüge der jetzigen preußischen Schußwaffen
^wähnt. Die dort erwähnten Erfolge werden die folgende Auseinandersetzung
motiviren: über den Einfluß, welchen die bessere Bewaffnung auf die Resultate
des Gefechts übt.

Das nächste Ziel des Krieges ist die Vernichtung des feindlichen Heeres,
da man hierdurch der Herr des feindlichen Landes und des feindlichen Willens -
zu werden erwarten darf. Diese Vernichtung kann auf zweierlei Art herbeigeführt
werden, entweder durch Tödtung, Verwundung und Gefangennehmung des
einzelnen Mannes oder durch Auflösung der feindlichen Armee als einer Einheit.
Im Ganzen und um unsere Anschauungen zu vereinfachen, können wir sagen,
daß die Vernichtung des einzelnen Mannes Aufgabe der Gefechte, die Zerstörung
des Ganzen aber Folge derselben ist. Aber im Gefecht selbst werden auch schon
beide Zwecke verfolgt und zwar der erstere durch die Schußwaffen, der zweite
durch das Bajonnet und die Kavallerie. Die Vernichtung des Einzelnen ist der
Regel nach das erste, die Auflösung des Ganzen das letzte Ziel. Jedes Gefecht
muß deshalb so angelegt werden, daß es vorweg das Tödten. das unmittelbare
Begegnen mit dem Feinde bezweckt und darf dann erst dahin zielen, durch Be¬
drohung der Rückzugslinie in die innere Ordnung des Feindes einzugreife".
Der letztere Erfolg fällt nur dann als reife Frucht ab, wenn der Tod vorder
eine entsprechende Ernte gehalten hat. Das tödtende Instrument in der Hand
des Soldaten ist also eine der wichtigsten Grundlagen für die Leistungen der


als einziges Heilmittel im Munde führte, um es immer von neuem zu schänden.
Das evangelische Wesen hat nachmals allerdings vermöge seiner unverwüstlichen
und eminent historischen Gedankenmacht inmitten des Wirrsals die rechte Fahne
aufgepflanzt; aber zunächst brachte es der politischen Entwickelung unsres Volles
nicht Frieden, sondern das Schwert; ja den Fanatismus des Waffcnganges
aller mit allen, bei welchem jeder mehr oder minder frevelnd sich der Losung
vermaß: „ich kann nicht anders!" —




Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig.
2.
Die gezogenen Schußwaffen.

In dem vorigen Briefe sind die Vorzüge der jetzigen preußischen Schußwaffen
^wähnt. Die dort erwähnten Erfolge werden die folgende Auseinandersetzung
motiviren: über den Einfluß, welchen die bessere Bewaffnung auf die Resultate
des Gefechts übt.

Das nächste Ziel des Krieges ist die Vernichtung des feindlichen Heeres,
da man hierdurch der Herr des feindlichen Landes und des feindlichen Willens -
zu werden erwarten darf. Diese Vernichtung kann auf zweierlei Art herbeigeführt
werden, entweder durch Tödtung, Verwundung und Gefangennehmung des
einzelnen Mannes oder durch Auflösung der feindlichen Armee als einer Einheit.
Im Ganzen und um unsere Anschauungen zu vereinfachen, können wir sagen,
daß die Vernichtung des einzelnen Mannes Aufgabe der Gefechte, die Zerstörung
des Ganzen aber Folge derselben ist. Aber im Gefecht selbst werden auch schon
beide Zwecke verfolgt und zwar der erstere durch die Schußwaffen, der zweite
durch das Bajonnet und die Kavallerie. Die Vernichtung des Einzelnen ist der
Regel nach das erste, die Auflösung des Ganzen das letzte Ziel. Jedes Gefecht
muß deshalb so angelegt werden, daß es vorweg das Tödten. das unmittelbare
Begegnen mit dem Feinde bezweckt und darf dann erst dahin zielen, durch Be¬
drohung der Rückzugslinie in die innere Ordnung des Feindes einzugreife».
Der letztere Erfolg fällt nur dann als reife Frucht ab, wenn der Tod vorder
eine entsprechende Ernte gehalten hat. Das tödtende Instrument in der Hand
des Soldaten ist also eine der wichtigsten Grundlagen für die Leistungen der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/36>, abgerufen am 06.05.2024.