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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig.
3.
Das Gefecht.

Die seit dem 20. März aus Schleswig uns zugegangenen Nachrichten ent¬
halten kein im Großen in den Gang des Krieges eingreifendes Ereigniß. Vor
Düppel hat am 17. März sich aus einer dänischen Recognoscirung ein größeres
Gefecht entwickelt, das zu Ungunsten der Dänen ausschlug, wieder einen glän¬
zenden Beweis von der Güte der preußischen Bewaffnung und der Ausbildung
ihrer Infanterie lieferte und einen größern Terrainabschnitt in den Händen
des Belagerers ließ. Die Preußen zählten einen Verlust von 137 Köpfen, die
Dänen mindestens das Dreifache. -- Am 28. März haben die zum ersten Mal
in das Feuer gekommenen Truppen des General v. Raven sich in ihrem Streben
nach Nuhm weiter führen lassen, als ihnen geboten war und als ihre geringe
Zahl zuließ, die Preußen verloren 179, die Dänen nur 146 Mann. Die preu¬
ßischen Verluste erreichen diese überwiegende Zahl, weil sie in den Bereich der
dänischen Geschütze, der Schanzen sowohl, als auch des Rolf Krake geriethen.
Die dänische Artillerie hat überhaupt in der letzten Zeit ein besseres Feuer
gezeigt, sie hat die ihr vor Düppel so reichlich gewährte Zeit benutzt, um Arm¬
strongkanonen aus England kommen zu lassen. -- Die preußischen Belagerungs¬
arbeiten haben mit der vom 29. zum 30. März aufgeworfenen ersten Parallele
ihren Anfang genommen. Fast sieben Wochen sind zu Vorarbeiten benutzt
worden, von denen eine der bedeutendsten die Anlegung förmlich chaussirter Wege
-und Plätze für die Belagerungsartillerie bildete. Die Wege und das Erdreich
waren so unergründlich, daß bisher die schwere" Geschütze bis an die Achse
einsanken. Auffallen muß es, daß mau die Eisenbahn nicht von Flensburg
bis Düppel auf der Chaussee verlängert hat. Ueberhaupt möchten wir hier
der preußischen Armecleitung den Vorwurf machen, daß sie nicht über den
Ereignissen gestanden und sich nicht diejenigen Mittel angeeignet hat, welche
aus dem Stande der heutigen Industrie für militärische Zwecke dienstbrauchbar
gemacht werden können. In ersterer Beziehung wollen wir nur eins anführen:
die Belagerungsartillerie war nicht in den Festungen bereit. Als Napoleon
1859 in Italien einrückte, wurde gleich der Belagerungstrain eingepackt und
als der Befehl zum Abgänge per Telegraph eintraf, war er über Marseille und
Genua in wenigen Tagen zur Stelle, noch ehe irgendeine Festung berannt


Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig.
3.
Das Gefecht.

Die seit dem 20. März aus Schleswig uns zugegangenen Nachrichten ent¬
halten kein im Großen in den Gang des Krieges eingreifendes Ereigniß. Vor
Düppel hat am 17. März sich aus einer dänischen Recognoscirung ein größeres
Gefecht entwickelt, das zu Ungunsten der Dänen ausschlug, wieder einen glän¬
zenden Beweis von der Güte der preußischen Bewaffnung und der Ausbildung
ihrer Infanterie lieferte und einen größern Terrainabschnitt in den Händen
des Belagerers ließ. Die Preußen zählten einen Verlust von 137 Köpfen, die
Dänen mindestens das Dreifache. — Am 28. März haben die zum ersten Mal
in das Feuer gekommenen Truppen des General v. Raven sich in ihrem Streben
nach Nuhm weiter führen lassen, als ihnen geboten war und als ihre geringe
Zahl zuließ, die Preußen verloren 179, die Dänen nur 146 Mann. Die preu¬
ßischen Verluste erreichen diese überwiegende Zahl, weil sie in den Bereich der
dänischen Geschütze, der Schanzen sowohl, als auch des Rolf Krake geriethen.
Die dänische Artillerie hat überhaupt in der letzten Zeit ein besseres Feuer
gezeigt, sie hat die ihr vor Düppel so reichlich gewährte Zeit benutzt, um Arm¬
strongkanonen aus England kommen zu lassen. — Die preußischen Belagerungs¬
arbeiten haben mit der vom 29. zum 30. März aufgeworfenen ersten Parallele
ihren Anfang genommen. Fast sieben Wochen sind zu Vorarbeiten benutzt
worden, von denen eine der bedeutendsten die Anlegung förmlich chaussirter Wege
-und Plätze für die Belagerungsartillerie bildete. Die Wege und das Erdreich
waren so unergründlich, daß bisher die schwere» Geschütze bis an die Achse
einsanken. Auffallen muß es, daß mau die Eisenbahn nicht von Flensburg
bis Düppel auf der Chaussee verlängert hat. Ueberhaupt möchten wir hier
der preußischen Armecleitung den Vorwurf machen, daß sie nicht über den
Ereignissen gestanden und sich nicht diejenigen Mittel angeeignet hat, welche
aus dem Stande der heutigen Industrie für militärische Zwecke dienstbrauchbar
gemacht werden können. In ersterer Beziehung wollen wir nur eins anführen:
die Belagerungsartillerie war nicht in den Festungen bereit. Als Napoleon
1859 in Italien einrückte, wurde gleich der Belagerungstrain eingepackt und
als der Befehl zum Abgänge per Telegraph eintraf, war er über Marseille und
Genua in wenigen Tagen zur Stelle, noch ehe irgendeine Festung berannt


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[0074] Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig. 3. Das Gefecht. Die seit dem 20. März aus Schleswig uns zugegangenen Nachrichten ent¬ halten kein im Großen in den Gang des Krieges eingreifendes Ereigniß. Vor Düppel hat am 17. März sich aus einer dänischen Recognoscirung ein größeres Gefecht entwickelt, das zu Ungunsten der Dänen ausschlug, wieder einen glän¬ zenden Beweis von der Güte der preußischen Bewaffnung und der Ausbildung ihrer Infanterie lieferte und einen größern Terrainabschnitt in den Händen des Belagerers ließ. Die Preußen zählten einen Verlust von 137 Köpfen, die Dänen mindestens das Dreifache. — Am 28. März haben die zum ersten Mal in das Feuer gekommenen Truppen des General v. Raven sich in ihrem Streben nach Nuhm weiter führen lassen, als ihnen geboten war und als ihre geringe Zahl zuließ, die Preußen verloren 179, die Dänen nur 146 Mann. Die preu¬ ßischen Verluste erreichen diese überwiegende Zahl, weil sie in den Bereich der dänischen Geschütze, der Schanzen sowohl, als auch des Rolf Krake geriethen. Die dänische Artillerie hat überhaupt in der letzten Zeit ein besseres Feuer gezeigt, sie hat die ihr vor Düppel so reichlich gewährte Zeit benutzt, um Arm¬ strongkanonen aus England kommen zu lassen. — Die preußischen Belagerungs¬ arbeiten haben mit der vom 29. zum 30. März aufgeworfenen ersten Parallele ihren Anfang genommen. Fast sieben Wochen sind zu Vorarbeiten benutzt worden, von denen eine der bedeutendsten die Anlegung förmlich chaussirter Wege -und Plätze für die Belagerungsartillerie bildete. Die Wege und das Erdreich waren so unergründlich, daß bisher die schwere» Geschütze bis an die Achse einsanken. Auffallen muß es, daß mau die Eisenbahn nicht von Flensburg bis Düppel auf der Chaussee verlängert hat. Ueberhaupt möchten wir hier der preußischen Armecleitung den Vorwurf machen, daß sie nicht über den Ereignissen gestanden und sich nicht diejenigen Mittel angeeignet hat, welche aus dem Stande der heutigen Industrie für militärische Zwecke dienstbrauchbar gemacht werden können. In ersterer Beziehung wollen wir nur eins anführen: die Belagerungsartillerie war nicht in den Festungen bereit. Als Napoleon 1859 in Italien einrückte, wurde gleich der Belagerungstrain eingepackt und als der Befehl zum Abgänge per Telegraph eintraf, war er über Marseille und Genua in wenigen Tagen zur Stelle, noch ehe irgendeine Festung berannt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/74>, abgerufen am 06.05.2024.