Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

factische Trennung der Allianz daraus erfolgen, deren Fortbestand und Be¬
festigung das Hauptaugenmerk der Cabinete bei jeder Gelegenheit bleibt.

Man wird sich -daher fürs Erste beschäftigen, die verschiedenen Folgen,
welche aus dem dermaligen Zustande Spaniens sich entwickeln können, mög¬
lichst zu berechnen und für jeden der kommenden und gedenkbaren Fälle be¬
stimmte und für sämmtliche europäische Gesandte zu Madrid gleich verbindliche
Jnstructionen aufzusetzen, In solchen werden die Ereignisse vorgesehen werden,
wo die Gesandten sich von Madrid entfernen und die Verbindungen somit
aufheben sollen. In diesem jetzt nicht mehr so wahrscheinliche" Fall ist sodann
eine fernere Berathung über die alsdann zu ergreifenden Maßregeln vor¬
behalten.


IV. Prinz von Carignan.

Vom König von Sardinien ist den Alliirten bereits vorläufig Anzeige ge¬
schehen, daß, da infolge der stattgehabten Untersuchungen über die letzte Re¬
volution es sich ergaben habe, der präsumtive Thronerbe, Prinz von Carignan,
durch die revolutionäre Partei verleitet, die Hand zu diesem strafbaren Unter¬
nehmen geboten und sich bei dieser Gelegenheit selbst staatsverrätherische Hand¬
lungen zu schulden habe kommen lassen -- er Willens sei, dem Prinzen durch
einen eigenen Gerichtshof den Prozeß machen zu lassen und nach erwiesener
Schuld ihn -- jedoch unbeschadet der Rechte seines Sohnes -- von der Thron¬
folge auszuschließen, wozu der König sich vor allem der Genchmhaltung sämmtlicher
Monarchen versichern müsse. Obschon der König beigefügt hat, daß auf den
Fall, daß sein Antrag Schwierigkeiten begegnen sollte, er selbst die Krone
niederlegen würde, so scheint es doch nicht, daß die Mächte in einen Vor¬
schlag, wodurch der Grundsatz der Legitimität so sehr angegriffen werden dürfte,
je einwilligen werden, sondern daß man vielmehr alles versuchen wird, um
die Sache beizulegen und den König mit dem Prinzen zu versöhnen.


V. Die deutschen Angelegenheiten

werden jedenfalls einer der wichtigsten Gegenstände der Berathung sein, indem
man überzeugt zu sein glaubt, daß, vorzüglich in den südwestliche" Staaten
des deutschen Bundes fortwährend ein Geijt der Unruhe und der Uebertreibung
im constitutionellen Wesen herrscht, der sowohl die Ruhe dieser als auch der
übrigen Staaten gefährden würde, wenn nicht Mittel gefunden werden, diesem
immer wachsenden Uebel Einhalt zu thun. Indessen werden die Alliirten (als
solche) sich nur mit dem Gcsammtbund als europäischem Staat und Mitalliirten
einlassen, demselben wie allen übrigen Mächten Europas von ihren Beschlüssen
Kenntniß geben und sodann dem Bundestag überlassen, den aufgestellten Grund¬
sätzen auf bundesverfassungsmäßigen Wegen die zweckdienliche Anwendung zu
verschaffen.




factische Trennung der Allianz daraus erfolgen, deren Fortbestand und Be¬
festigung das Hauptaugenmerk der Cabinete bei jeder Gelegenheit bleibt.

Man wird sich -daher fürs Erste beschäftigen, die verschiedenen Folgen,
welche aus dem dermaligen Zustande Spaniens sich entwickeln können, mög¬
lichst zu berechnen und für jeden der kommenden und gedenkbaren Fälle be¬
stimmte und für sämmtliche europäische Gesandte zu Madrid gleich verbindliche
Jnstructionen aufzusetzen, In solchen werden die Ereignisse vorgesehen werden,
wo die Gesandten sich von Madrid entfernen und die Verbindungen somit
aufheben sollen. In diesem jetzt nicht mehr so wahrscheinliche» Fall ist sodann
eine fernere Berathung über die alsdann zu ergreifenden Maßregeln vor¬
behalten.


IV. Prinz von Carignan.

Vom König von Sardinien ist den Alliirten bereits vorläufig Anzeige ge¬
schehen, daß, da infolge der stattgehabten Untersuchungen über die letzte Re¬
volution es sich ergaben habe, der präsumtive Thronerbe, Prinz von Carignan,
durch die revolutionäre Partei verleitet, die Hand zu diesem strafbaren Unter¬
nehmen geboten und sich bei dieser Gelegenheit selbst staatsverrätherische Hand¬
lungen zu schulden habe kommen lassen — er Willens sei, dem Prinzen durch
einen eigenen Gerichtshof den Prozeß machen zu lassen und nach erwiesener
Schuld ihn — jedoch unbeschadet der Rechte seines Sohnes — von der Thron¬
folge auszuschließen, wozu der König sich vor allem der Genchmhaltung sämmtlicher
Monarchen versichern müsse. Obschon der König beigefügt hat, daß auf den
Fall, daß sein Antrag Schwierigkeiten begegnen sollte, er selbst die Krone
niederlegen würde, so scheint es doch nicht, daß die Mächte in einen Vor¬
schlag, wodurch der Grundsatz der Legitimität so sehr angegriffen werden dürfte,
je einwilligen werden, sondern daß man vielmehr alles versuchen wird, um
die Sache beizulegen und den König mit dem Prinzen zu versöhnen.


V. Die deutschen Angelegenheiten

werden jedenfalls einer der wichtigsten Gegenstände der Berathung sein, indem
man überzeugt zu sein glaubt, daß, vorzüglich in den südwestliche» Staaten
des deutschen Bundes fortwährend ein Geijt der Unruhe und der Uebertreibung
im constitutionellen Wesen herrscht, der sowohl die Ruhe dieser als auch der
übrigen Staaten gefährden würde, wenn nicht Mittel gefunden werden, diesem
immer wachsenden Uebel Einhalt zu thun. Indessen werden die Alliirten (als
solche) sich nur mit dem Gcsammtbund als europäischem Staat und Mitalliirten
einlassen, demselben wie allen übrigen Mächten Europas von ihren Beschlüssen
Kenntniß geben und sodann dem Bundestag überlassen, den aufgestellten Grund¬
sätzen auf bundesverfassungsmäßigen Wegen die zweckdienliche Anwendung zu
verschaffen.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0126" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282367"/>
            <p xml:id="ID_289" prev="#ID_288"> factische Trennung der Allianz daraus erfolgen, deren Fortbestand und Be¬<lb/>
festigung das Hauptaugenmerk der Cabinete bei jeder Gelegenheit bleibt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_290"> Man wird sich -daher fürs Erste beschäftigen, die verschiedenen Folgen,<lb/>
welche aus dem dermaligen Zustande Spaniens sich entwickeln können, mög¬<lb/>
lichst zu berechnen und für jeden der kommenden und gedenkbaren Fälle be¬<lb/>
stimmte und für sämmtliche europäische Gesandte zu Madrid gleich verbindliche<lb/>
Jnstructionen aufzusetzen, In solchen werden die Ereignisse vorgesehen werden,<lb/>
wo die Gesandten sich von Madrid entfernen und die Verbindungen somit<lb/>
aufheben sollen. In diesem jetzt nicht mehr so wahrscheinliche» Fall ist sodann<lb/>
eine fernere Berathung über die alsdann zu ergreifenden Maßregeln vor¬<lb/>
behalten.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> IV. Prinz von Carignan.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_291" next="#ID_292"> Vom König von Sardinien ist den Alliirten bereits vorläufig Anzeige ge¬<lb/>
schehen, daß, da infolge der stattgehabten Untersuchungen über die letzte Re¬<lb/>
volution es sich ergaben habe, der präsumtive Thronerbe, Prinz von Carignan,<lb/>
durch die revolutionäre Partei verleitet, die Hand zu diesem strafbaren Unter¬<lb/>
nehmen geboten und sich bei dieser Gelegenheit selbst staatsverrätherische Hand¬<lb/>
lungen zu schulden habe kommen lassen &#x2014; er Willens sei, dem Prinzen durch<lb/>
einen eigenen Gerichtshof den Prozeß machen zu lassen und nach erwiesener<lb/>
Schuld ihn &#x2014; jedoch unbeschadet der Rechte seines Sohnes &#x2014; von der Thron¬<lb/>
folge auszuschließen, wozu der König sich vor allem der Genchmhaltung sämmtlicher<lb/>
Monarchen versichern müsse. Obschon der König beigefügt hat, daß auf den<lb/>
Fall, daß sein Antrag Schwierigkeiten begegnen sollte, er selbst die Krone<lb/>
niederlegen würde, so scheint es doch nicht, daß die Mächte in einen Vor¬<lb/>
schlag, wodurch der Grundsatz der Legitimität so sehr angegriffen werden dürfte,<lb/>
je einwilligen werden, sondern daß man vielmehr alles versuchen wird, um<lb/>
die Sache beizulegen und den König mit dem Prinzen zu versöhnen.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> V. Die deutschen Angelegenheiten</head><lb/>
            <p xml:id="ID_292" prev="#ID_291"> werden jedenfalls einer der wichtigsten Gegenstände der Berathung sein, indem<lb/>
man überzeugt zu sein glaubt, daß, vorzüglich in den südwestliche» Staaten<lb/>
des deutschen Bundes fortwährend ein Geijt der Unruhe und der Uebertreibung<lb/>
im constitutionellen Wesen herrscht, der sowohl die Ruhe dieser als auch der<lb/>
übrigen Staaten gefährden würde, wenn nicht Mittel gefunden werden, diesem<lb/>
immer wachsenden Uebel Einhalt zu thun. Indessen werden die Alliirten (als<lb/>
solche) sich nur mit dem Gcsammtbund als europäischem Staat und Mitalliirten<lb/>
einlassen, demselben wie allen übrigen Mächten Europas von ihren Beschlüssen<lb/>
Kenntniß geben und sodann dem Bundestag überlassen, den aufgestellten Grund¬<lb/>
sätzen auf bundesverfassungsmäßigen Wegen die zweckdienliche Anwendung zu<lb/>
verschaffen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0126] factische Trennung der Allianz daraus erfolgen, deren Fortbestand und Be¬ festigung das Hauptaugenmerk der Cabinete bei jeder Gelegenheit bleibt. Man wird sich -daher fürs Erste beschäftigen, die verschiedenen Folgen, welche aus dem dermaligen Zustande Spaniens sich entwickeln können, mög¬ lichst zu berechnen und für jeden der kommenden und gedenkbaren Fälle be¬ stimmte und für sämmtliche europäische Gesandte zu Madrid gleich verbindliche Jnstructionen aufzusetzen, In solchen werden die Ereignisse vorgesehen werden, wo die Gesandten sich von Madrid entfernen und die Verbindungen somit aufheben sollen. In diesem jetzt nicht mehr so wahrscheinliche» Fall ist sodann eine fernere Berathung über die alsdann zu ergreifenden Maßregeln vor¬ behalten. IV. Prinz von Carignan. Vom König von Sardinien ist den Alliirten bereits vorläufig Anzeige ge¬ schehen, daß, da infolge der stattgehabten Untersuchungen über die letzte Re¬ volution es sich ergaben habe, der präsumtive Thronerbe, Prinz von Carignan, durch die revolutionäre Partei verleitet, die Hand zu diesem strafbaren Unter¬ nehmen geboten und sich bei dieser Gelegenheit selbst staatsverrätherische Hand¬ lungen zu schulden habe kommen lassen — er Willens sei, dem Prinzen durch einen eigenen Gerichtshof den Prozeß machen zu lassen und nach erwiesener Schuld ihn — jedoch unbeschadet der Rechte seines Sohnes — von der Thron¬ folge auszuschließen, wozu der König sich vor allem der Genchmhaltung sämmtlicher Monarchen versichern müsse. Obschon der König beigefügt hat, daß auf den Fall, daß sein Antrag Schwierigkeiten begegnen sollte, er selbst die Krone niederlegen würde, so scheint es doch nicht, daß die Mächte in einen Vor¬ schlag, wodurch der Grundsatz der Legitimität so sehr angegriffen werden dürfte, je einwilligen werden, sondern daß man vielmehr alles versuchen wird, um die Sache beizulegen und den König mit dem Prinzen zu versöhnen. V. Die deutschen Angelegenheiten werden jedenfalls einer der wichtigsten Gegenstände der Berathung sein, indem man überzeugt zu sein glaubt, daß, vorzüglich in den südwestliche» Staaten des deutschen Bundes fortwährend ein Geijt der Unruhe und der Uebertreibung im constitutionellen Wesen herrscht, der sowohl die Ruhe dieser als auch der übrigen Staaten gefährden würde, wenn nicht Mittel gefunden werden, diesem immer wachsenden Uebel Einhalt zu thun. Indessen werden die Alliirten (als solche) sich nur mit dem Gcsammtbund als europäischem Staat und Mitalliirten einlassen, demselben wie allen übrigen Mächten Europas von ihren Beschlüssen Kenntniß geben und sodann dem Bundestag überlassen, den aufgestellten Grund¬ sätzen auf bundesverfassungsmäßigen Wegen die zweckdienliche Anwendung zu verschaffen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/126
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/126>, abgerufen am 29.04.2024.