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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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haben: zu Gunsten nämlich der Gewerksschule, die sich nun zu einer größeren
Kunstindustrieschule erweitern soll.

schlagend hat sich kürzlich noch an einem anderen Beispiele gezeigt, wie
wenig im Volke der Sinn für monumentale Kunst entwickelt ist. Ein Beispiel
übrigens, das zugleich von den schlimmen Einflüssen des neuesten Bauwesens
ein beklagenswerthes Zeugniß liefert. Wohl prägen sich die einförmigen, ewig
wiederholten Hauptzüge der "modernen" Architektur dem künstlerisch ungeübten
Auge ein, weil sie niedere und arme Formen, zudem auf ihr magerstes und
nüchternstes Maß heruntergebracht, abgetrennt von ihrem structiven Princip,
in einer schematischen, rein äußerlichen Zusammenstellung auf die simpelste Weise
variiren; mit ebenso viel Aufwand von Kenntniß und Phantasie kann sie der
Laie sich merken und der erste beste Maurermeister wiederholen. Aber um
so gewisser tödten sie auch den Rest noch ab. der von künstlerischem Sinne im
Volke geblieben ist. Wenn nun auch die nicht geringe Anzahl der Einsichtige¬
ren diese modernen Versuche als vollständig mißglückt ansieht, so feiert doch
jetzt schon jene nachtheilige Wirkung auf das Publikum der mittleren Classen
einen traurigen Triumph. Es handelt sich nämlich um den Bau eines großen,
von den Einwohnern Münchens gegründeten Volkstheaters, das an der
Stelle der kleinen Vorstadtbühnen, welche ihr Publikum mit Späßen ziemlich
grober Art belustigen, der Sitz einer edleren volkstümlichen dramatischen Kunst
werden soll. Nichts natürlicher also, als daß dem groß angelegten Unternehmen
das Gebäude entspreche und in seiner äußeren Form künstlerisch durchgeführt
den passenden monumentalen Ausdruck abgebe für den künstlerischen Zweck.
Was aber geschieht? Der Bau (für den bedeutende Mittel ausgesetzt sind) wird
einem -- Zimmermeister übergeben. Doch was ist darüber sich aufzuhalten.
In der That haben die Gründer des Theaters so unrecht nicht: um die mo¬
derne Strecklisenenorduung von den königlichen Bauten nun auch auf die des
Volkes zu übertragen, dazu sind die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Zim¬
mermeisters vollkommen ausreichend, die Kunst aber eines talentvollen und ge¬
bildeten Architekten ebenso überflüssig.




Die Privatbanken und die königliche Bank in Preußen
von 1857-63.

Der preußische Staat zählt heute acht Privatbanken und die königliche
Bank nebst deren Filialen. Die königliche Hauptbank datirt bereits seit
der Cabinetsordre vom 17. Juni 1765 und erweiterte sich in der Mitte der


haben: zu Gunsten nämlich der Gewerksschule, die sich nun zu einer größeren
Kunstindustrieschule erweitern soll.

schlagend hat sich kürzlich noch an einem anderen Beispiele gezeigt, wie
wenig im Volke der Sinn für monumentale Kunst entwickelt ist. Ein Beispiel
übrigens, das zugleich von den schlimmen Einflüssen des neuesten Bauwesens
ein beklagenswerthes Zeugniß liefert. Wohl prägen sich die einförmigen, ewig
wiederholten Hauptzüge der „modernen" Architektur dem künstlerisch ungeübten
Auge ein, weil sie niedere und arme Formen, zudem auf ihr magerstes und
nüchternstes Maß heruntergebracht, abgetrennt von ihrem structiven Princip,
in einer schematischen, rein äußerlichen Zusammenstellung auf die simpelste Weise
variiren; mit ebenso viel Aufwand von Kenntniß und Phantasie kann sie der
Laie sich merken und der erste beste Maurermeister wiederholen. Aber um
so gewisser tödten sie auch den Rest noch ab. der von künstlerischem Sinne im
Volke geblieben ist. Wenn nun auch die nicht geringe Anzahl der Einsichtige¬
ren diese modernen Versuche als vollständig mißglückt ansieht, so feiert doch
jetzt schon jene nachtheilige Wirkung auf das Publikum der mittleren Classen
einen traurigen Triumph. Es handelt sich nämlich um den Bau eines großen,
von den Einwohnern Münchens gegründeten Volkstheaters, das an der
Stelle der kleinen Vorstadtbühnen, welche ihr Publikum mit Späßen ziemlich
grober Art belustigen, der Sitz einer edleren volkstümlichen dramatischen Kunst
werden soll. Nichts natürlicher also, als daß dem groß angelegten Unternehmen
das Gebäude entspreche und in seiner äußeren Form künstlerisch durchgeführt
den passenden monumentalen Ausdruck abgebe für den künstlerischen Zweck.
Was aber geschieht? Der Bau (für den bedeutende Mittel ausgesetzt sind) wird
einem — Zimmermeister übergeben. Doch was ist darüber sich aufzuhalten.
In der That haben die Gründer des Theaters so unrecht nicht: um die mo¬
derne Strecklisenenorduung von den königlichen Bauten nun auch auf die des
Volkes zu übertragen, dazu sind die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Zim¬
mermeisters vollkommen ausreichend, die Kunst aber eines talentvollen und ge¬
bildeten Architekten ebenso überflüssig.




Die Privatbanken und die königliche Bank in Preußen
von 1857-63.

Der preußische Staat zählt heute acht Privatbanken und die königliche
Bank nebst deren Filialen. Die königliche Hauptbank datirt bereits seit
der Cabinetsordre vom 17. Juni 1765 und erweiterte sich in der Mitte der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/322>, abgerufen am 29.04.2024.