Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

auf Roepells Zusammenstellung verweisen, beantwortete die oben aufgeworfenen
Fragen unwiderleglich; die ans den obigen Abschnitten jedesmal gezogenen
Schlüsse erweisen dies für die Staatsregierung, für die Banken, die Actio¬
näre und das Publikum. Wir schließen mi't Roepells Worten: "Die preußischen
Privatbanken haben ihre Nothwendigkeit für den Geldverkehr dargethan. Hohe
Zeit ist es, daß die Staatsregierung offen und klar mit ihrer alten Bankvo-
litik bricht, von ihren alten Normativbedingungen abgeht, daß sie selbst mit
dem leidigen Cvncessions- und Privilcgienwcsen bricht, die Verlängerung der
bestehenden acht Privatbanken, die Errichtung neuer, die Verwaltung der Bank¬
creditinstitute nur von der Erfüllung gewisser allgemeiner gesetzlicher Vorbe¬
dingungen abhängig macht und den längst allseitig befürworteten Reformen des
deutschen Bankwesens Rechnung trägt."




Die Trias und Frankreich.

Die vorsichtige Haltung, welche Kaiser Napoleon bei dem Kampfe um
Schleswig-Holstein beobachtete, hat vielleicht die Erwartungen auch deutscher
Cabinete getäuscht, sie Hai aber wesentlich dazu beigetragen, den Krieg mit
Dänemark zu günstigem Ende zu führen, sie hat auch bewirkt, was dem Kaiser
am wichtigsten war, sie hat den Argwohn der Völker gegen seine Vergrvßerungs-
politik ein wenig gestillt. Auch der letzte Warnungsruf in der deutschen Presse
vor französischen und preußischen Verschwörungen und das Gemurmel über
projectirte Abtretung eines preußischen Kohlenbeckens ist glücklich zum Schweigen
^bracht. Dies Blatt hat durchaus nicht den Beruf und Wunsch, die Gedanken
des preußischen Ministerpräsidenten zu vertheidigen, aber es zeigt doch wenig
Kenntniß der regierenden Persönlichkeiten und des Volkes in Preußen, wenn
man die Abtretung irgendeines Landestheilcs, und sei er noch so klein, bei
den gegenwärtigen Verhältnissen für möglich hält. Wohl mag ein fremder
Diplomat in der Unterhaltung einmal einem solchen Einfall 'Worte geben,
doch im Ernste auch nur Saarbrück oder die Grafschaft Glans zu fordern, wird
schon eine Beleidigung Preußens, der die entsprechende Antwort nicht fehlen,
dürfte.

Wer Leben und Regierung des Kaisers Napoleon unbefangen betrachtet,
wird der ruhigen Politik, welche er gegen Deutschland angenommen hat, keine
""ergründlichen Hintergedanken zuschreiben. Napoleon der Dritte hat in der
Mcklichen italienischen Comvagne die Erfahrung gemacht, daß er zwar einige
iMtzcnswerthe Eigenschaften des Feldherrn besitzt/daß er aber kein Schlachten-
suhrer ist. Es, gehört zu den Eigenthümlichkeiten seiner auffallenden Person-
^keit, daß ihm^ dem ausdauernder Muth und Entschlossenheit in entscheidenden
Momenten von niemand bezweifelt wirb, doch die Schrecken des Krieges, der
lurchtbare Anblick des Schlachtfeldes und die Nervenspannung in den Stunden
Dosier kriegerischer Katastrophen widerstehen. Seit er erkannt hat, daß seine
Aufgabe nicht ist, selbst zu commandiren. sondern einem glücklichen Feldherrn
^ Entscheidung anheimzugeben, hat ein großer Krieg Gefahren für ihn selbst,
welche größer sind, als die möglichen Erfolge. Denn ein General, welcher in


auf Roepells Zusammenstellung verweisen, beantwortete die oben aufgeworfenen
Fragen unwiderleglich; die ans den obigen Abschnitten jedesmal gezogenen
Schlüsse erweisen dies für die Staatsregierung, für die Banken, die Actio¬
näre und das Publikum. Wir schließen mi't Roepells Worten: „Die preußischen
Privatbanken haben ihre Nothwendigkeit für den Geldverkehr dargethan. Hohe
Zeit ist es, daß die Staatsregierung offen und klar mit ihrer alten Bankvo-
litik bricht, von ihren alten Normativbedingungen abgeht, daß sie selbst mit
dem leidigen Cvncessions- und Privilcgienwcsen bricht, die Verlängerung der
bestehenden acht Privatbanken, die Errichtung neuer, die Verwaltung der Bank¬
creditinstitute nur von der Erfüllung gewisser allgemeiner gesetzlicher Vorbe¬
dingungen abhängig macht und den längst allseitig befürworteten Reformen des
deutschen Bankwesens Rechnung trägt."




Die Trias und Frankreich.

Die vorsichtige Haltung, welche Kaiser Napoleon bei dem Kampfe um
Schleswig-Holstein beobachtete, hat vielleicht die Erwartungen auch deutscher
Cabinete getäuscht, sie Hai aber wesentlich dazu beigetragen, den Krieg mit
Dänemark zu günstigem Ende zu führen, sie hat auch bewirkt, was dem Kaiser
am wichtigsten war, sie hat den Argwohn der Völker gegen seine Vergrvßerungs-
politik ein wenig gestillt. Auch der letzte Warnungsruf in der deutschen Presse
vor französischen und preußischen Verschwörungen und das Gemurmel über
projectirte Abtretung eines preußischen Kohlenbeckens ist glücklich zum Schweigen
^bracht. Dies Blatt hat durchaus nicht den Beruf und Wunsch, die Gedanken
des preußischen Ministerpräsidenten zu vertheidigen, aber es zeigt doch wenig
Kenntniß der regierenden Persönlichkeiten und des Volkes in Preußen, wenn
man die Abtretung irgendeines Landestheilcs, und sei er noch so klein, bei
den gegenwärtigen Verhältnissen für möglich hält. Wohl mag ein fremder
Diplomat in der Unterhaltung einmal einem solchen Einfall 'Worte geben,
doch im Ernste auch nur Saarbrück oder die Grafschaft Glans zu fordern, wird
schon eine Beleidigung Preußens, der die entsprechende Antwort nicht fehlen,
dürfte.

Wer Leben und Regierung des Kaisers Napoleon unbefangen betrachtet,
wird der ruhigen Politik, welche er gegen Deutschland angenommen hat, keine
""ergründlichen Hintergedanken zuschreiben. Napoleon der Dritte hat in der
Mcklichen italienischen Comvagne die Erfahrung gemacht, daß er zwar einige
iMtzcnswerthe Eigenschaften des Feldherrn besitzt/daß er aber kein Schlachten-
suhrer ist. Es, gehört zu den Eigenthümlichkeiten seiner auffallenden Person-
^keit, daß ihm^ dem ausdauernder Muth und Entschlossenheit in entscheidenden
Momenten von niemand bezweifelt wirb, doch die Schrecken des Krieges, der
lurchtbare Anblick des Schlachtfeldes und die Nervenspannung in den Stunden
Dosier kriegerischer Katastrophen widerstehen. Seit er erkannt hat, daß seine
Aufgabe nicht ist, selbst zu commandiren. sondern einem glücklichen Feldherrn
^ Entscheidung anheimzugeben, hat ein großer Krieg Gefahren für ihn selbst,
welche größer sind, als die möglichen Erfolge. Denn ein General, welcher in


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0337" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282578"/>
          <p xml:id="ID_919" prev="#ID_918"> auf Roepells Zusammenstellung verweisen, beantwortete die oben aufgeworfenen<lb/>
Fragen unwiderleglich; die ans den obigen Abschnitten jedesmal gezogenen<lb/>
Schlüsse erweisen dies für die Staatsregierung, für die Banken, die Actio¬<lb/>
näre und das Publikum. Wir schließen mi't Roepells Worten: &#x201E;Die preußischen<lb/>
Privatbanken haben ihre Nothwendigkeit für den Geldverkehr dargethan. Hohe<lb/>
Zeit ist es, daß die Staatsregierung offen und klar mit ihrer alten Bankvo-<lb/>
litik bricht, von ihren alten Normativbedingungen abgeht, daß sie selbst mit<lb/>
dem leidigen Cvncessions- und Privilcgienwcsen bricht, die Verlängerung der<lb/>
bestehenden acht Privatbanken, die Errichtung neuer, die Verwaltung der Bank¬<lb/>
creditinstitute nur von der Erfüllung gewisser allgemeiner gesetzlicher Vorbe¬<lb/>
dingungen abhängig macht und den längst allseitig befürworteten Reformen des<lb/>
deutschen Bankwesens Rechnung trägt."</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Trias und Frankreich.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_920"> Die vorsichtige Haltung, welche Kaiser Napoleon bei dem Kampfe um<lb/>
Schleswig-Holstein beobachtete, hat vielleicht die Erwartungen auch deutscher<lb/>
Cabinete getäuscht, sie Hai aber wesentlich dazu beigetragen, den Krieg mit<lb/>
Dänemark zu günstigem Ende zu führen, sie hat auch bewirkt, was dem Kaiser<lb/>
am wichtigsten war, sie hat den Argwohn der Völker gegen seine Vergrvßerungs-<lb/>
politik ein wenig gestillt. Auch der letzte Warnungsruf in der deutschen Presse<lb/>
vor französischen und preußischen Verschwörungen und das Gemurmel über<lb/>
projectirte Abtretung eines preußischen Kohlenbeckens ist glücklich zum Schweigen<lb/>
^bracht. Dies Blatt hat durchaus nicht den Beruf und Wunsch, die Gedanken<lb/>
des preußischen Ministerpräsidenten zu vertheidigen, aber es zeigt doch wenig<lb/>
Kenntniß der regierenden Persönlichkeiten und des Volkes in Preußen, wenn<lb/>
man die Abtretung irgendeines Landestheilcs, und sei er noch so klein, bei<lb/>
den gegenwärtigen Verhältnissen für möglich hält. Wohl mag ein fremder<lb/>
Diplomat in der Unterhaltung einmal einem solchen Einfall 'Worte geben,<lb/>
doch im Ernste auch nur Saarbrück oder die Grafschaft Glans zu fordern, wird<lb/>
schon eine Beleidigung Preußens, der die entsprechende Antwort nicht fehlen,<lb/>
dürfte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_921" next="#ID_922"> Wer Leben und Regierung des Kaisers Napoleon unbefangen betrachtet,<lb/>
wird der ruhigen Politik, welche er gegen Deutschland angenommen hat, keine<lb/>
""ergründlichen Hintergedanken zuschreiben. Napoleon der Dritte hat in der<lb/>
Mcklichen italienischen Comvagne die Erfahrung gemacht, daß er zwar einige<lb/>
iMtzcnswerthe Eigenschaften des Feldherrn besitzt/daß er aber kein Schlachten-<lb/>
suhrer ist. Es, gehört zu den Eigenthümlichkeiten seiner auffallenden Person-<lb/>
^keit, daß ihm^ dem ausdauernder Muth und Entschlossenheit in entscheidenden<lb/>
Momenten von niemand bezweifelt wirb, doch die Schrecken des Krieges, der<lb/>
lurchtbare Anblick des Schlachtfeldes und die Nervenspannung in den Stunden<lb/>
Dosier kriegerischer Katastrophen widerstehen. Seit er erkannt hat, daß seine<lb/>
Aufgabe nicht ist, selbst zu commandiren. sondern einem glücklichen Feldherrn<lb/>
^ Entscheidung anheimzugeben, hat ein großer Krieg Gefahren für ihn selbst,<lb/>
welche größer sind, als die möglichen Erfolge. Denn ein General, welcher in</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0337] auf Roepells Zusammenstellung verweisen, beantwortete die oben aufgeworfenen Fragen unwiderleglich; die ans den obigen Abschnitten jedesmal gezogenen Schlüsse erweisen dies für die Staatsregierung, für die Banken, die Actio¬ näre und das Publikum. Wir schließen mi't Roepells Worten: „Die preußischen Privatbanken haben ihre Nothwendigkeit für den Geldverkehr dargethan. Hohe Zeit ist es, daß die Staatsregierung offen und klar mit ihrer alten Bankvo- litik bricht, von ihren alten Normativbedingungen abgeht, daß sie selbst mit dem leidigen Cvncessions- und Privilcgienwcsen bricht, die Verlängerung der bestehenden acht Privatbanken, die Errichtung neuer, die Verwaltung der Bank¬ creditinstitute nur von der Erfüllung gewisser allgemeiner gesetzlicher Vorbe¬ dingungen abhängig macht und den längst allseitig befürworteten Reformen des deutschen Bankwesens Rechnung trägt." Die Trias und Frankreich. Die vorsichtige Haltung, welche Kaiser Napoleon bei dem Kampfe um Schleswig-Holstein beobachtete, hat vielleicht die Erwartungen auch deutscher Cabinete getäuscht, sie Hai aber wesentlich dazu beigetragen, den Krieg mit Dänemark zu günstigem Ende zu führen, sie hat auch bewirkt, was dem Kaiser am wichtigsten war, sie hat den Argwohn der Völker gegen seine Vergrvßerungs- politik ein wenig gestillt. Auch der letzte Warnungsruf in der deutschen Presse vor französischen und preußischen Verschwörungen und das Gemurmel über projectirte Abtretung eines preußischen Kohlenbeckens ist glücklich zum Schweigen ^bracht. Dies Blatt hat durchaus nicht den Beruf und Wunsch, die Gedanken des preußischen Ministerpräsidenten zu vertheidigen, aber es zeigt doch wenig Kenntniß der regierenden Persönlichkeiten und des Volkes in Preußen, wenn man die Abtretung irgendeines Landestheilcs, und sei er noch so klein, bei den gegenwärtigen Verhältnissen für möglich hält. Wohl mag ein fremder Diplomat in der Unterhaltung einmal einem solchen Einfall 'Worte geben, doch im Ernste auch nur Saarbrück oder die Grafschaft Glans zu fordern, wird schon eine Beleidigung Preußens, der die entsprechende Antwort nicht fehlen, dürfte. Wer Leben und Regierung des Kaisers Napoleon unbefangen betrachtet, wird der ruhigen Politik, welche er gegen Deutschland angenommen hat, keine ""ergründlichen Hintergedanken zuschreiben. Napoleon der Dritte hat in der Mcklichen italienischen Comvagne die Erfahrung gemacht, daß er zwar einige iMtzcnswerthe Eigenschaften des Feldherrn besitzt/daß er aber kein Schlachten- suhrer ist. Es, gehört zu den Eigenthümlichkeiten seiner auffallenden Person- ^keit, daß ihm^ dem ausdauernder Muth und Entschlossenheit in entscheidenden Momenten von niemand bezweifelt wirb, doch die Schrecken des Krieges, der lurchtbare Anblick des Schlachtfeldes und die Nervenspannung in den Stunden Dosier kriegerischer Katastrophen widerstehen. Seit er erkannt hat, daß seine Aufgabe nicht ist, selbst zu commandiren. sondern einem glücklichen Feldherrn ^ Entscheidung anheimzugeben, hat ein großer Krieg Gefahren für ihn selbst, welche größer sind, als die möglichen Erfolge. Denn ein General, welcher in

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/337
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/337>, abgerufen am 29.04.2024.