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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Nicht überall liegen die Verhältnisse so günstig wie im Elsaß. Nicht überall
sehen die Präfekten so gut zur Sache, und das Damoklesschwert des Vereins¬
gesetzes sei/webt auch über diesen friedlichen civilisatorischen Gesellschaften. In
Paris bat erst kürzlich Minister Daruy, eifersüchtig auf die Concurrenz, weiche
diese Anregung seinen eigenen Reformplänen macht, das Gesuch des Abg. Da-
rimon und seiner Freunde, eine Gcmcindebibliothek im dreizehnten Arrondisse-
ment der Hauptstadt zu gründen, abschlägig beschieden, oder an Bedingungen
geknüpft, welche einem Verbot gleichkommen. Die Regierung soll den Biblio¬
thekar ernennen, soll das Aufsichtsrecht über die Anschaffung der Bücher aus¬
üben dürfen! Als ob nicht für das Gelingen der Institution alles davon ab-
hinge, daß die Regierung sich nickt darein mischt, daß sie Eigenthum der Ge¬
meinde bleibt! Solche Vorgänge mahnen natürlich zu äußerster Vorsicht. Jener
letzte Gedanke, daß es sich um ein Mittel zur Selbsterziehung des Volkes, um
den Anfang municipaler Selbständigkeit handelt, muß eher versteckt als an die
große Glocke gehängt werden, und die Selbstbeherrschung, der gesunde Takt,
mit welchem alle Parteien zusammengehalten werden, um dem gemeinsamen
Feind, der Unwissenheit des Volkes zu Leibe zu gehen, verdient alle Anerkennung.
Aber wird nur der Sache el" natürliches, ungestörtes Wachsthum gewährt, so
sind die socialen und schließlich die politischen Folgen unausbleiblich. Was an
Ausklärung des Volkes gewonnen wird, kommt den Parteien der Zukunft zu
statten. Der Oberrhein hat, um mit Jean Mac6s Worten zu schließen, "Frank¬
reich in einem weisen und männlichen Beispiel gezeigt, wie man auf loyalem
und sicherem Wege zu den socialen Fortschritten gelangt, nicht indem man sie.
sei es von den Regierungen, sei es von den Revolutionen verlangt, sondern
indem man sie selbst macht; nicht durch Almosen, sondern durch die Arbeit."


W. Lang.


Das deutsche Wörterbuch.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, fortgesetzt von
or. Rudolf Hildebrand und or. Karl Weigand. Fünften Bandes erste
Lieferung (K bis Kartenbild) von or. Hildebrand.

Das große Nationalwerk war durch den Tod Jacob Grimms in eine
Krisis gekommen. Wie gut diese überwunden ist, beweist das vorliegende
neue Heft und das nahe bevorstehende Erscheinen der nächsten Lieferungen.
Während die erprobte Kraft Weigands zunächst die Fortsetzung des vierten


Nicht überall liegen die Verhältnisse so günstig wie im Elsaß. Nicht überall
sehen die Präfekten so gut zur Sache, und das Damoklesschwert des Vereins¬
gesetzes sei/webt auch über diesen friedlichen civilisatorischen Gesellschaften. In
Paris bat erst kürzlich Minister Daruy, eifersüchtig auf die Concurrenz, weiche
diese Anregung seinen eigenen Reformplänen macht, das Gesuch des Abg. Da-
rimon und seiner Freunde, eine Gcmcindebibliothek im dreizehnten Arrondisse-
ment der Hauptstadt zu gründen, abschlägig beschieden, oder an Bedingungen
geknüpft, welche einem Verbot gleichkommen. Die Regierung soll den Biblio¬
thekar ernennen, soll das Aufsichtsrecht über die Anschaffung der Bücher aus¬
üben dürfen! Als ob nicht für das Gelingen der Institution alles davon ab-
hinge, daß die Regierung sich nickt darein mischt, daß sie Eigenthum der Ge¬
meinde bleibt! Solche Vorgänge mahnen natürlich zu äußerster Vorsicht. Jener
letzte Gedanke, daß es sich um ein Mittel zur Selbsterziehung des Volkes, um
den Anfang municipaler Selbständigkeit handelt, muß eher versteckt als an die
große Glocke gehängt werden, und die Selbstbeherrschung, der gesunde Takt,
mit welchem alle Parteien zusammengehalten werden, um dem gemeinsamen
Feind, der Unwissenheit des Volkes zu Leibe zu gehen, verdient alle Anerkennung.
Aber wird nur der Sache el» natürliches, ungestörtes Wachsthum gewährt, so
sind die socialen und schließlich die politischen Folgen unausbleiblich. Was an
Ausklärung des Volkes gewonnen wird, kommt den Parteien der Zukunft zu
statten. Der Oberrhein hat, um mit Jean Mac6s Worten zu schließen, „Frank¬
reich in einem weisen und männlichen Beispiel gezeigt, wie man auf loyalem
und sicherem Wege zu den socialen Fortschritten gelangt, nicht indem man sie.
sei es von den Regierungen, sei es von den Revolutionen verlangt, sondern
indem man sie selbst macht; nicht durch Almosen, sondern durch die Arbeit."


W. Lang.


Das deutsche Wörterbuch.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, fortgesetzt von
or. Rudolf Hildebrand und or. Karl Weigand. Fünften Bandes erste
Lieferung (K bis Kartenbild) von or. Hildebrand.

Das große Nationalwerk war durch den Tod Jacob Grimms in eine
Krisis gekommen. Wie gut diese überwunden ist, beweist das vorliegende
neue Heft und das nahe bevorstehende Erscheinen der nächsten Lieferungen.
Während die erprobte Kraft Weigands zunächst die Fortsetzung des vierten


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[0036] Nicht überall liegen die Verhältnisse so günstig wie im Elsaß. Nicht überall sehen die Präfekten so gut zur Sache, und das Damoklesschwert des Vereins¬ gesetzes sei/webt auch über diesen friedlichen civilisatorischen Gesellschaften. In Paris bat erst kürzlich Minister Daruy, eifersüchtig auf die Concurrenz, weiche diese Anregung seinen eigenen Reformplänen macht, das Gesuch des Abg. Da- rimon und seiner Freunde, eine Gcmcindebibliothek im dreizehnten Arrondisse- ment der Hauptstadt zu gründen, abschlägig beschieden, oder an Bedingungen geknüpft, welche einem Verbot gleichkommen. Die Regierung soll den Biblio¬ thekar ernennen, soll das Aufsichtsrecht über die Anschaffung der Bücher aus¬ üben dürfen! Als ob nicht für das Gelingen der Institution alles davon ab- hinge, daß die Regierung sich nickt darein mischt, daß sie Eigenthum der Ge¬ meinde bleibt! Solche Vorgänge mahnen natürlich zu äußerster Vorsicht. Jener letzte Gedanke, daß es sich um ein Mittel zur Selbsterziehung des Volkes, um den Anfang municipaler Selbständigkeit handelt, muß eher versteckt als an die große Glocke gehängt werden, und die Selbstbeherrschung, der gesunde Takt, mit welchem alle Parteien zusammengehalten werden, um dem gemeinsamen Feind, der Unwissenheit des Volkes zu Leibe zu gehen, verdient alle Anerkennung. Aber wird nur der Sache el» natürliches, ungestörtes Wachsthum gewährt, so sind die socialen und schließlich die politischen Folgen unausbleiblich. Was an Ausklärung des Volkes gewonnen wird, kommt den Parteien der Zukunft zu statten. Der Oberrhein hat, um mit Jean Mac6s Worten zu schließen, „Frank¬ reich in einem weisen und männlichen Beispiel gezeigt, wie man auf loyalem und sicherem Wege zu den socialen Fortschritten gelangt, nicht indem man sie. sei es von den Regierungen, sei es von den Revolutionen verlangt, sondern indem man sie selbst macht; nicht durch Almosen, sondern durch die Arbeit." W. Lang. Das deutsche Wörterbuch. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, fortgesetzt von or. Rudolf Hildebrand und or. Karl Weigand. Fünften Bandes erste Lieferung (K bis Kartenbild) von or. Hildebrand. Das große Nationalwerk war durch den Tod Jacob Grimms in eine Krisis gekommen. Wie gut diese überwunden ist, beweist das vorliegende neue Heft und das nahe bevorstehende Erscheinen der nächsten Lieferungen. Während die erprobte Kraft Weigands zunächst die Fortsetzung des vierten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/36>, abgerufen am 29.04.2024.