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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Die Universität zu Rostock.
i.

' Die rostocker Universität gehört zu den ältesten in Deutschland und es
hat Zeiten gegeben, wo sie durch das Ansehn ihrer Professoren und die
Zahl ihrer Studenten eine bedeutende und einflußreiche Stellung einnahm.
Von dieser Höhe ist sie jedoch längst herabgestiegen und wenn es auch
an ausgezeichneten und berühmten Namen in ihrem Lehrerpersonal nie¬
mals ganz fehlte, so sind doch die Grenzen ihrer unmittelbaren Wirksamkeit
jetzt wesentlich auf das kleine Land von etwas über eine halbe Million Ein¬
wohnern beschränkt, welchem sie unter dem amtlichen Namen der "Landes¬
universität" angehört.

Die Stiftung der Universität fällt in das Jahr 1419. Angeregt und be¬
fördert wurde dieselbe von den beiden mecklenburgischen Herzogen Johann dem
Dritten und Albrecht dem Fünften, welche in der Erkenntniß, daß nur auf
diesem Wege der im Lande herrschenden großen Unwissenheit und Barbarei
abgeholfen werden könne, dem Papst Martin dem Fünften ihren auf die Grün¬
dung einer höheren Lehranstalt gerichteten Wunsch vortrugen und ihn um die
damals erforderliche kirchliche Sanction des Unternehmens ersuchten. Unterstützt
wurden sie dabei von dem Bischof von Schwerin, Heinrich dem Dritten (von
Wangelin), wie auch von dem Rath der Stadt Rostock, welcher sogar eine eigene
Gesandtschaft in dieser Angelegenheit an den Papst schickte und einen Beitrag
zur Dotation zusicherte. Der Papst ging auf diese Wünsche ein und erließ,
unter dem Datum Ferrara 13. Febr. 1419 die Stiftungsbulle. Dieselbe ent¬
hielt die Bedingung, daß binnen Jahresfrist dem Bischof von Schwerin, der
zum Kanzler der Universität bestellt wurde, die nöthige Sicherheit wegen der
Dotation gegeben werde. Von der Genehmigung ward aber ausdrücklich die
theologische Facultät auLbeschieden, wahrscheinlich in der Besorgniß, daß die Rich¬
tung einer solchen dem damals ohnehin schon sehr bedrängten Papstthum ge¬
fährlich werden könne.

Nachdem die ersten Lehrer aus Erfurt und Leipzig berufen waren, erfolgte
am 12. Nov. 1419 die feierliche Inauguration der Universität durch den Bi-


Gr-njboten I. 18VS. 46
Die Universität zu Rostock.
i.

' Die rostocker Universität gehört zu den ältesten in Deutschland und es
hat Zeiten gegeben, wo sie durch das Ansehn ihrer Professoren und die
Zahl ihrer Studenten eine bedeutende und einflußreiche Stellung einnahm.
Von dieser Höhe ist sie jedoch längst herabgestiegen und wenn es auch
an ausgezeichneten und berühmten Namen in ihrem Lehrerpersonal nie¬
mals ganz fehlte, so sind doch die Grenzen ihrer unmittelbaren Wirksamkeit
jetzt wesentlich auf das kleine Land von etwas über eine halbe Million Ein¬
wohnern beschränkt, welchem sie unter dem amtlichen Namen der „Landes¬
universität" angehört.

Die Stiftung der Universität fällt in das Jahr 1419. Angeregt und be¬
fördert wurde dieselbe von den beiden mecklenburgischen Herzogen Johann dem
Dritten und Albrecht dem Fünften, welche in der Erkenntniß, daß nur auf
diesem Wege der im Lande herrschenden großen Unwissenheit und Barbarei
abgeholfen werden könne, dem Papst Martin dem Fünften ihren auf die Grün¬
dung einer höheren Lehranstalt gerichteten Wunsch vortrugen und ihn um die
damals erforderliche kirchliche Sanction des Unternehmens ersuchten. Unterstützt
wurden sie dabei von dem Bischof von Schwerin, Heinrich dem Dritten (von
Wangelin), wie auch von dem Rath der Stadt Rostock, welcher sogar eine eigene
Gesandtschaft in dieser Angelegenheit an den Papst schickte und einen Beitrag
zur Dotation zusicherte. Der Papst ging auf diese Wünsche ein und erließ,
unter dem Datum Ferrara 13. Febr. 1419 die Stiftungsbulle. Dieselbe ent¬
hielt die Bedingung, daß binnen Jahresfrist dem Bischof von Schwerin, der
zum Kanzler der Universität bestellt wurde, die nöthige Sicherheit wegen der
Dotation gegeben werde. Von der Genehmigung ward aber ausdrücklich die
theologische Facultät auLbeschieden, wahrscheinlich in der Besorgniß, daß die Rich¬
tung einer solchen dem damals ohnehin schon sehr bedrängten Papstthum ge¬
fährlich werden könne.

Nachdem die ersten Lehrer aus Erfurt und Leipzig berufen waren, erfolgte
am 12. Nov. 1419 die feierliche Inauguration der Universität durch den Bi-


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[0385] Die Universität zu Rostock. i. ' Die rostocker Universität gehört zu den ältesten in Deutschland und es hat Zeiten gegeben, wo sie durch das Ansehn ihrer Professoren und die Zahl ihrer Studenten eine bedeutende und einflußreiche Stellung einnahm. Von dieser Höhe ist sie jedoch längst herabgestiegen und wenn es auch an ausgezeichneten und berühmten Namen in ihrem Lehrerpersonal nie¬ mals ganz fehlte, so sind doch die Grenzen ihrer unmittelbaren Wirksamkeit jetzt wesentlich auf das kleine Land von etwas über eine halbe Million Ein¬ wohnern beschränkt, welchem sie unter dem amtlichen Namen der „Landes¬ universität" angehört. Die Stiftung der Universität fällt in das Jahr 1419. Angeregt und be¬ fördert wurde dieselbe von den beiden mecklenburgischen Herzogen Johann dem Dritten und Albrecht dem Fünften, welche in der Erkenntniß, daß nur auf diesem Wege der im Lande herrschenden großen Unwissenheit und Barbarei abgeholfen werden könne, dem Papst Martin dem Fünften ihren auf die Grün¬ dung einer höheren Lehranstalt gerichteten Wunsch vortrugen und ihn um die damals erforderliche kirchliche Sanction des Unternehmens ersuchten. Unterstützt wurden sie dabei von dem Bischof von Schwerin, Heinrich dem Dritten (von Wangelin), wie auch von dem Rath der Stadt Rostock, welcher sogar eine eigene Gesandtschaft in dieser Angelegenheit an den Papst schickte und einen Beitrag zur Dotation zusicherte. Der Papst ging auf diese Wünsche ein und erließ, unter dem Datum Ferrara 13. Febr. 1419 die Stiftungsbulle. Dieselbe ent¬ hielt die Bedingung, daß binnen Jahresfrist dem Bischof von Schwerin, der zum Kanzler der Universität bestellt wurde, die nöthige Sicherheit wegen der Dotation gegeben werde. Von der Genehmigung ward aber ausdrücklich die theologische Facultät auLbeschieden, wahrscheinlich in der Besorgniß, daß die Rich¬ tung einer solchen dem damals ohnehin schon sehr bedrängten Papstthum ge¬ fährlich werden könne. Nachdem die ersten Lehrer aus Erfurt und Leipzig berufen waren, erfolgte am 12. Nov. 1419 die feierliche Inauguration der Universität durch den Bi- Gr-njboten I. 18VS. 46

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/385>, abgerufen am 29.04.2024.