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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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ziemlich gleichstehn, daß der, wenn auch nur geringe Erfolg des Feldzugs aber
dem an Mitteln stärken, Norden gehört. Das Resultat bestand darin, daß am
Mississippi von Norden durch Grant, von Süden durch Butler die Union ihre
Hnrschaft geltend gemacht hat, im Uebrigen weder Terrain gewonnen, noch
verloren worden ist. Was haben die beiden Armeen aber an Männern in diesem
Jahr hervorgezogen, denen sie die Zukunft anvertrauen können? Der Süden
hat seine höhern Führer trotz mancher Fehlgriffe erhalten. Lee und Beauregard
haben immer Gutes, wenn auch nicht Hervorstechendes geleistet. Jackson hat be¬
wiesen, daß er ein ausgezeichneter General. Stuart. daß er ein genialer
Reiterführcr ist. Der Norden aber hat mit allen seinen Generalen Fiasco ge¬
macht trotz alles Wechselns und Suchens. Nur im Westen haben Grant und
Butler ihren Aufgaben genügt und können für die Zukunft Hoffnungen er¬
wecken. So sehr die Union aber kräftiger Männer und genialer Soldaten be¬
darf, so sehr fürchtet sie deren Gewalt und Einfluß aus das eigene Land. So
kommt es. daß mancher Name von der Armee genannt wird, den die Regierung
nicht kennt und daß die letztere immer wieder Personen in entscheidende Posten
bringt, die von der Armee längst verurtheilt sind. --




Oestreich und Italien.

Die italienische Einheitsbewegung hat seit der französisch-italienischen Con¬
vention einen Sauiet vorwärts gethan. Wenigstens sehen die Italiener die
neu geschaffene Situation als einen Fortschritt an, und es läßt sich mit ziem¬
licher Sicherheit annehmen, daß die italienische Diplomatie durch kluges und
geduldiges Temporisiren die ihr günstigste Auffassung der vieldeutigen Bestim¬
mungen des Vertrages zur Geltung bringen wird. Mit Recht dalle Oestreich
in dem Frieden zu Villafranca viel weniger Gewicht auf den Besitz der Lom¬
bardei als auf die Erhaltung der kleinen Dynastien gelegt. Denn so lange
diese bestanden, blieb es die Vormacht Italiens, wenigstens des offinellen Ita¬
liens; ein Verhältniß, in dem die Erwerbung der Lombardei durck Piemont
nichts änderte. Denn die Dynastien waren mehr als jemals vorher gezwungen,
Oestreich als Schutzmacht und Rettungsanker anzusehen. Mit der Durchführung
des Annexivnsprincips ist dies anders geworden. Oestreich ist von jedem Ein-


ziemlich gleichstehn, daß der, wenn auch nur geringe Erfolg des Feldzugs aber
dem an Mitteln stärken, Norden gehört. Das Resultat bestand darin, daß am
Mississippi von Norden durch Grant, von Süden durch Butler die Union ihre
Hnrschaft geltend gemacht hat, im Uebrigen weder Terrain gewonnen, noch
verloren worden ist. Was haben die beiden Armeen aber an Männern in diesem
Jahr hervorgezogen, denen sie die Zukunft anvertrauen können? Der Süden
hat seine höhern Führer trotz mancher Fehlgriffe erhalten. Lee und Beauregard
haben immer Gutes, wenn auch nicht Hervorstechendes geleistet. Jackson hat be¬
wiesen, daß er ein ausgezeichneter General. Stuart. daß er ein genialer
Reiterführcr ist. Der Norden aber hat mit allen seinen Generalen Fiasco ge¬
macht trotz alles Wechselns und Suchens. Nur im Westen haben Grant und
Butler ihren Aufgaben genügt und können für die Zukunft Hoffnungen er¬
wecken. So sehr die Union aber kräftiger Männer und genialer Soldaten be¬
darf, so sehr fürchtet sie deren Gewalt und Einfluß aus das eigene Land. So
kommt es. daß mancher Name von der Armee genannt wird, den die Regierung
nicht kennt und daß die letztere immer wieder Personen in entscheidende Posten
bringt, die von der Armee längst verurtheilt sind. —




Oestreich und Italien.

Die italienische Einheitsbewegung hat seit der französisch-italienischen Con¬
vention einen Sauiet vorwärts gethan. Wenigstens sehen die Italiener die
neu geschaffene Situation als einen Fortschritt an, und es läßt sich mit ziem¬
licher Sicherheit annehmen, daß die italienische Diplomatie durch kluges und
geduldiges Temporisiren die ihr günstigste Auffassung der vieldeutigen Bestim¬
mungen des Vertrages zur Geltung bringen wird. Mit Recht dalle Oestreich
in dem Frieden zu Villafranca viel weniger Gewicht auf den Besitz der Lom¬
bardei als auf die Erhaltung der kleinen Dynastien gelegt. Denn so lange
diese bestanden, blieb es die Vormacht Italiens, wenigstens des offinellen Ita¬
liens; ein Verhältniß, in dem die Erwerbung der Lombardei durck Piemont
nichts änderte. Denn die Dynastien waren mehr als jemals vorher gezwungen,
Oestreich als Schutzmacht und Rettungsanker anzusehen. Mit der Durchführung
des Annexivnsprincips ist dies anders geworden. Oestreich ist von jedem Ein-


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[0077] ziemlich gleichstehn, daß der, wenn auch nur geringe Erfolg des Feldzugs aber dem an Mitteln stärken, Norden gehört. Das Resultat bestand darin, daß am Mississippi von Norden durch Grant, von Süden durch Butler die Union ihre Hnrschaft geltend gemacht hat, im Uebrigen weder Terrain gewonnen, noch verloren worden ist. Was haben die beiden Armeen aber an Männern in diesem Jahr hervorgezogen, denen sie die Zukunft anvertrauen können? Der Süden hat seine höhern Führer trotz mancher Fehlgriffe erhalten. Lee und Beauregard haben immer Gutes, wenn auch nicht Hervorstechendes geleistet. Jackson hat be¬ wiesen, daß er ein ausgezeichneter General. Stuart. daß er ein genialer Reiterführcr ist. Der Norden aber hat mit allen seinen Generalen Fiasco ge¬ macht trotz alles Wechselns und Suchens. Nur im Westen haben Grant und Butler ihren Aufgaben genügt und können für die Zukunft Hoffnungen er¬ wecken. So sehr die Union aber kräftiger Männer und genialer Soldaten be¬ darf, so sehr fürchtet sie deren Gewalt und Einfluß aus das eigene Land. So kommt es. daß mancher Name von der Armee genannt wird, den die Regierung nicht kennt und daß die letztere immer wieder Personen in entscheidende Posten bringt, die von der Armee längst verurtheilt sind. — Oestreich und Italien. Die italienische Einheitsbewegung hat seit der französisch-italienischen Con¬ vention einen Sauiet vorwärts gethan. Wenigstens sehen die Italiener die neu geschaffene Situation als einen Fortschritt an, und es läßt sich mit ziem¬ licher Sicherheit annehmen, daß die italienische Diplomatie durch kluges und geduldiges Temporisiren die ihr günstigste Auffassung der vieldeutigen Bestim¬ mungen des Vertrages zur Geltung bringen wird. Mit Recht dalle Oestreich in dem Frieden zu Villafranca viel weniger Gewicht auf den Besitz der Lom¬ bardei als auf die Erhaltung der kleinen Dynastien gelegt. Denn so lange diese bestanden, blieb es die Vormacht Italiens, wenigstens des offinellen Ita¬ liens; ein Verhältniß, in dem die Erwerbung der Lombardei durck Piemont nichts änderte. Denn die Dynastien waren mehr als jemals vorher gezwungen, Oestreich als Schutzmacht und Rettungsanker anzusehen. Mit der Durchführung des Annexivnsprincips ist dies anders geworden. Oestreich ist von jedem Ein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/77>, abgerufen am 29.04.2024.