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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Akts dem Soldatenleben des vorigen Jahrhunderts.
Stellenhandel und Martialgesche.

Es ist ein Irrthum, daß der Stellenhandel beim Militär nur in England
eingebürgert sei, dergleichen kam auch im deutschen Reiche hier und da vor, wo-
von wir hier ein Beispiel anführen wollen.

Unter der vormundschaftlichen Regierung der Herzogin Charlotte Amalia,
der Witwe des 1763 verstorbenen Herzogs Ant on Ulrich von Sachsen-Meiningen,
kaufte mit deren Genehmigung der dänische Kammerherr und Decan des Stiftes
Lübeck. Christian August von Epheu. für seinen Sohn Christian
Wilhelm von dem Obersten und Commandanten Herrn von Diemar zu
Meiningen die diesem bisher gehörige Kuirassiercompagnie des treskorvischen
Regiments, das zum fränkischen Kreise gehörte. Der Kaufcontract war beider-
seitig unterzeichnet, die darin stipulirte Summe bei Heller und Pfennig aus¬
bezahlt und der neue Rittmeister bereits in der Residenz Meiningen eingetroffen,
als Herr v. Dieu ar. trotz des Vorausgegangnen und seines gegebenen Wortes,
wieder auf die Hinterbeine treten wollte und den Verbindlichkeiten somit nicht
in der Weise, wie er als rechtlicher Mann verpflichtet war. nachkam. Der
jüngere Epheu wendet sich nun mit einem schriftlichen Gesuch an die Herzogin,
worin er bittet, den Herrn Obersten zu seinen Verbindlichkeit anzuhalten.

Letzterer hatte, wie es die Form vorschrieb, sich verbindlich gemacht, als
Verkäufer der Stelle gleichzeitig mit dem Käufer beim fränkischen Kreisdirectorium
Anzeige zu machen, was jener aber unterlassen hatte. Epheu sagt unter
Anderem: "ob nun zwar Von Seiten meines Herrn Vaters, als Käufer, der
Kaufcontract nach der sub. ö. lautenden Abschrift und der angefügten Quittung
im vollen Maße erfüllet, und die Kaufsumme a 1000 Stück holländische Ducaten,
ingleichen die außer selbigen noch versprochenen 24 Stück Ducaten bezahlt
Worden sind, so hat doch im Gegentheil Herr Verkäufer sein gegebenes adeliges
Wort und gethanen theuern Versicherungen nicht gehalten, indem er die nöthige
Anzeige beim löblichen fränkischen Kreis gar nicht, noch viel weniger mit mir
Zugleich gethan und durch seine erforderliche Renunciation auf die Rittmeister¬
stelle verhindert hat. daß ich in die Kreisregimentsliste und Anciennetätsstandes-
tabelle bis jetzt nicht eingeführt worden bin. somit aber immer noch nicht im
gänzlichen und ruhigen Besitz der erkauften und allergnädigst mir übertragenen
Compagnie mich befinde.

Selbst Jhro Herzog!. Durch!, höchstes Ansehen und die Jura des hochfürstl.
Hauses würden darunter leiden müssen, wenn es gedachtem Herrn Ovristen


Akts dem Soldatenleben des vorigen Jahrhunderts.
Stellenhandel und Martialgesche.

Es ist ein Irrthum, daß der Stellenhandel beim Militär nur in England
eingebürgert sei, dergleichen kam auch im deutschen Reiche hier und da vor, wo-
von wir hier ein Beispiel anführen wollen.

Unter der vormundschaftlichen Regierung der Herzogin Charlotte Amalia,
der Witwe des 1763 verstorbenen Herzogs Ant on Ulrich von Sachsen-Meiningen,
kaufte mit deren Genehmigung der dänische Kammerherr und Decan des Stiftes
Lübeck. Christian August von Epheu. für seinen Sohn Christian
Wilhelm von dem Obersten und Commandanten Herrn von Diemar zu
Meiningen die diesem bisher gehörige Kuirassiercompagnie des treskorvischen
Regiments, das zum fränkischen Kreise gehörte. Der Kaufcontract war beider-
seitig unterzeichnet, die darin stipulirte Summe bei Heller und Pfennig aus¬
bezahlt und der neue Rittmeister bereits in der Residenz Meiningen eingetroffen,
als Herr v. Dieu ar. trotz des Vorausgegangnen und seines gegebenen Wortes,
wieder auf die Hinterbeine treten wollte und den Verbindlichkeiten somit nicht
in der Weise, wie er als rechtlicher Mann verpflichtet war. nachkam. Der
jüngere Epheu wendet sich nun mit einem schriftlichen Gesuch an die Herzogin,
worin er bittet, den Herrn Obersten zu seinen Verbindlichkeit anzuhalten.

Letzterer hatte, wie es die Form vorschrieb, sich verbindlich gemacht, als
Verkäufer der Stelle gleichzeitig mit dem Käufer beim fränkischen Kreisdirectorium
Anzeige zu machen, was jener aber unterlassen hatte. Epheu sagt unter
Anderem: „ob nun zwar Von Seiten meines Herrn Vaters, als Käufer, der
Kaufcontract nach der sub. ö. lautenden Abschrift und der angefügten Quittung
im vollen Maße erfüllet, und die Kaufsumme a 1000 Stück holländische Ducaten,
ingleichen die außer selbigen noch versprochenen 24 Stück Ducaten bezahlt
Worden sind, so hat doch im Gegentheil Herr Verkäufer sein gegebenes adeliges
Wort und gethanen theuern Versicherungen nicht gehalten, indem er die nöthige
Anzeige beim löblichen fränkischen Kreis gar nicht, noch viel weniger mit mir
Zugleich gethan und durch seine erforderliche Renunciation auf die Rittmeister¬
stelle verhindert hat. daß ich in die Kreisregimentsliste und Anciennetätsstandes-
tabelle bis jetzt nicht eingeführt worden bin. somit aber immer noch nicht im
gänzlichen und ruhigen Besitz der erkauften und allergnädigst mir übertragenen
Compagnie mich befinde.

Selbst Jhro Herzog!. Durch!, höchstes Ansehen und die Jura des hochfürstl.
Hauses würden darunter leiden müssen, wenn es gedachtem Herrn Ovristen


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[0357] Akts dem Soldatenleben des vorigen Jahrhunderts. Stellenhandel und Martialgesche. Es ist ein Irrthum, daß der Stellenhandel beim Militär nur in England eingebürgert sei, dergleichen kam auch im deutschen Reiche hier und da vor, wo- von wir hier ein Beispiel anführen wollen. Unter der vormundschaftlichen Regierung der Herzogin Charlotte Amalia, der Witwe des 1763 verstorbenen Herzogs Ant on Ulrich von Sachsen-Meiningen, kaufte mit deren Genehmigung der dänische Kammerherr und Decan des Stiftes Lübeck. Christian August von Epheu. für seinen Sohn Christian Wilhelm von dem Obersten und Commandanten Herrn von Diemar zu Meiningen die diesem bisher gehörige Kuirassiercompagnie des treskorvischen Regiments, das zum fränkischen Kreise gehörte. Der Kaufcontract war beider- seitig unterzeichnet, die darin stipulirte Summe bei Heller und Pfennig aus¬ bezahlt und der neue Rittmeister bereits in der Residenz Meiningen eingetroffen, als Herr v. Dieu ar. trotz des Vorausgegangnen und seines gegebenen Wortes, wieder auf die Hinterbeine treten wollte und den Verbindlichkeiten somit nicht in der Weise, wie er als rechtlicher Mann verpflichtet war. nachkam. Der jüngere Epheu wendet sich nun mit einem schriftlichen Gesuch an die Herzogin, worin er bittet, den Herrn Obersten zu seinen Verbindlichkeit anzuhalten. Letzterer hatte, wie es die Form vorschrieb, sich verbindlich gemacht, als Verkäufer der Stelle gleichzeitig mit dem Käufer beim fränkischen Kreisdirectorium Anzeige zu machen, was jener aber unterlassen hatte. Epheu sagt unter Anderem: „ob nun zwar Von Seiten meines Herrn Vaters, als Käufer, der Kaufcontract nach der sub. ö. lautenden Abschrift und der angefügten Quittung im vollen Maße erfüllet, und die Kaufsumme a 1000 Stück holländische Ducaten, ingleichen die außer selbigen noch versprochenen 24 Stück Ducaten bezahlt Worden sind, so hat doch im Gegentheil Herr Verkäufer sein gegebenes adeliges Wort und gethanen theuern Versicherungen nicht gehalten, indem er die nöthige Anzeige beim löblichen fränkischen Kreis gar nicht, noch viel weniger mit mir Zugleich gethan und durch seine erforderliche Renunciation auf die Rittmeister¬ stelle verhindert hat. daß ich in die Kreisregimentsliste und Anciennetätsstandes- tabelle bis jetzt nicht eingeführt worden bin. somit aber immer noch nicht im gänzlichen und ruhigen Besitz der erkauften und allergnädigst mir übertragenen Compagnie mich befinde. Selbst Jhro Herzog!. Durch!, höchstes Ansehen und die Jura des hochfürstl. Hauses würden darunter leiden müssen, wenn es gedachtem Herrn Ovristen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/357>, abgerufen am 18.05.2024.