Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

liegende Welt hingestellt hatte, ist der Staat und das gesellschaftliche Leben an
der Menge seiner sittlichen Zwecke und Ausgaben ... So irrt die Küche rü
den Gebieten der neuen Welt wie eine flüchtige Königin ohne Scepter und
Krone umher .. ." Dennoch kommt der Verfasser - er ist evangelischer GeMcher
in der Schweiz -- zu dem Schlüsse, daß auch in der neuen Gesellschaft dre
Kirche, wenn sie sich auf ihr wirkliches Feld beschränke, eine nothwendige Mrsston
zu erfüllen habe. Er fragt nicht "wie die der Kirche entfremdeten Glieder ehr
wieder zuzuführen seien", sondern was in bescheidener Selbsterkenntniß die Küche
noch in der modernen Welt zu bedeuten habe, und in dieser Weise scheint uns
das zur Zeit vielvcrhandelte Problem ungleich richtiger gestellt zu sein.

Mit diesen Ausführungen berührt sich vielfach das Buch eines Franzosen,
das kürzlich ins Deutsche übersetzt worden ist unter dem Titel:


Die reine Gottes idee des Christenthums, das Wesen der Religion

der Zukunft. Von F. Pccaut. (Wiesbaden, 18V6.)

Der Grundgedanke ist,
daß die bisherigen Formen des Christenthums sich überlebt haben, daß wir
nicht mehr im Stande seien, an übernatürliche Offenbarungen zu glauben; aber
Religion sei etwas dem Menschen Unentbehrliebes, und so werde denn die
Religion der Zukunft ein geläutertes Christenthum ohne Dogmen und Cultus
sein, "die reine christliche Gottesidee, der im Christenthum enthaltene reine
Vernunftglaube". Indessen scheinen uns historische Ausführungen nützlicher und
zeitgemäßer ,zu sein als prophetische Spekulationen, und so machen wir zum
Schluß auf das Buch eines anderen Franzosen aufmerksam: Des xremiöres
^Molo^iolls lÜLwiiciues co du-iLtmlüsmo xar ^ tlrg.lin.se Locher el
KI". (?aris. 1866). Die Amtsentsetzung des Verfassers durch das orthodoxe
Consiswium von Paris hat ihm die Muse verschafft, dieses Buch zu schreiben,
das nicht verdient übersehen zu werden, wenn demnächst das Erscheinen der
"Apostel" von E. Renan diesen Namen wieder in den Vordergrund des theo.
logisch W. L. en Interesses rücken wird,




liegende Welt hingestellt hatte, ist der Staat und das gesellschaftliche Leben an
der Menge seiner sittlichen Zwecke und Ausgaben ... So irrt die Küche rü
den Gebieten der neuen Welt wie eine flüchtige Königin ohne Scepter und
Krone umher .. ." Dennoch kommt der Verfasser - er ist evangelischer GeMcher
in der Schweiz — zu dem Schlüsse, daß auch in der neuen Gesellschaft dre
Kirche, wenn sie sich auf ihr wirkliches Feld beschränke, eine nothwendige Mrsston
zu erfüllen habe. Er fragt nicht „wie die der Kirche entfremdeten Glieder ehr
wieder zuzuführen seien", sondern was in bescheidener Selbsterkenntniß die Küche
noch in der modernen Welt zu bedeuten habe, und in dieser Weise scheint uns
das zur Zeit vielvcrhandelte Problem ungleich richtiger gestellt zu sein.

Mit diesen Ausführungen berührt sich vielfach das Buch eines Franzosen,
das kürzlich ins Deutsche übersetzt worden ist unter dem Titel:


Die reine Gottes idee des Christenthums, das Wesen der Religion

der Zukunft. Von F. Pccaut. (Wiesbaden, 18V6.)

Der Grundgedanke ist,
daß die bisherigen Formen des Christenthums sich überlebt haben, daß wir
nicht mehr im Stande seien, an übernatürliche Offenbarungen zu glauben; aber
Religion sei etwas dem Menschen Unentbehrliebes, und so werde denn die
Religion der Zukunft ein geläutertes Christenthum ohne Dogmen und Cultus
sein, „die reine christliche Gottesidee, der im Christenthum enthaltene reine
Vernunftglaube". Indessen scheinen uns historische Ausführungen nützlicher und
zeitgemäßer ,zu sein als prophetische Spekulationen, und so machen wir zum
Schluß auf das Buch eines anderen Franzosen aufmerksam: Des xremiöres
^Molo^iolls lÜLwiiciues co du-iLtmlüsmo xar ^ tlrg.lin.se Locher el
KI«. (?aris. 1866). Die Amtsentsetzung des Verfassers durch das orthodoxe
Consiswium von Paris hat ihm die Muse verschafft, dieses Buch zu schreiben,
das nicht verdient übersehen zu werden, wenn demnächst das Erscheinen der
»Apostel» von E. Renan diesen Namen wieder in den Vordergrund des theo.
logisch W. L. en Interesses rücken wird,




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0047" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285073"/>
            <p xml:id="ID_76" prev="#ID_75"> liegende Welt hingestellt hatte, ist der Staat und das gesellschaftliche Leben an<lb/>
der Menge seiner sittlichen Zwecke und Ausgaben ... So irrt die Küche rü<lb/>
den Gebieten der neuen Welt wie eine flüchtige Königin ohne Scepter und<lb/>
Krone umher .. ." Dennoch kommt der Verfasser - er ist evangelischer GeMcher<lb/>
in der Schweiz &#x2014; zu dem Schlüsse, daß auch in der neuen Gesellschaft dre<lb/>
Kirche, wenn sie sich auf ihr wirkliches Feld beschränke, eine nothwendige Mrsston<lb/>
zu erfüllen habe. Er fragt nicht &#x201E;wie die der Kirche entfremdeten Glieder ehr<lb/>
wieder zuzuführen seien", sondern was in bescheidener Selbsterkenntniß die Küche<lb/>
noch in der modernen Welt zu bedeuten habe, und in dieser Weise scheint uns<lb/>
das zur Zeit vielvcrhandelte Problem ungleich richtiger gestellt zu sein.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_77"> Mit diesen Ausführungen berührt sich vielfach das Buch eines Franzosen,<lb/>
das kürzlich ins Deutsche übersetzt worden ist unter dem Titel:</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Die reine Gottes idee des Christenthums, das Wesen der Religion</head><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> der Zukunft. Von F. Pccaut. (Wiesbaden, 18V6.)</head>
            <p xml:id="ID_78"> Der Grundgedanke ist,<lb/>
daß die bisherigen Formen des Christenthums sich überlebt haben, daß wir<lb/>
nicht mehr im Stande seien, an übernatürliche Offenbarungen zu glauben; aber<lb/>
Religion sei etwas dem Menschen Unentbehrliebes, und so werde denn die<lb/>
Religion der Zukunft ein geläutertes Christenthum ohne Dogmen und Cultus<lb/>
sein, &#x201E;die reine christliche Gottesidee, der im Christenthum enthaltene reine<lb/>
Vernunftglaube". Indessen scheinen uns historische Ausführungen nützlicher und<lb/>
zeitgemäßer ,zu sein als prophetische Spekulationen, und so machen wir zum<lb/>
Schluß auf das Buch eines anderen Franzosen aufmerksam: Des xremiöres<lb/>
^Molo^iolls lÜLwiiciues co du-iLtmlüsmo xar ^ tlrg.lin.se Locher el<lb/>
KI«. (?aris. 1866). Die Amtsentsetzung des Verfassers durch das orthodoxe<lb/>
Consiswium von Paris hat ihm die Muse verschafft, dieses Buch zu schreiben,<lb/>
das nicht verdient übersehen zu werden, wenn demnächst das Erscheinen der<lb/>
»Apostel» von E. Renan diesen Namen wieder in den Vordergrund des theo.<lb/>
logisch<note type="byline"> W. L.</note> en Interesses rücken wird, </p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0047] liegende Welt hingestellt hatte, ist der Staat und das gesellschaftliche Leben an der Menge seiner sittlichen Zwecke und Ausgaben ... So irrt die Küche rü den Gebieten der neuen Welt wie eine flüchtige Königin ohne Scepter und Krone umher .. ." Dennoch kommt der Verfasser - er ist evangelischer GeMcher in der Schweiz — zu dem Schlüsse, daß auch in der neuen Gesellschaft dre Kirche, wenn sie sich auf ihr wirkliches Feld beschränke, eine nothwendige Mrsston zu erfüllen habe. Er fragt nicht „wie die der Kirche entfremdeten Glieder ehr wieder zuzuführen seien", sondern was in bescheidener Selbsterkenntniß die Küche noch in der modernen Welt zu bedeuten habe, und in dieser Weise scheint uns das zur Zeit vielvcrhandelte Problem ungleich richtiger gestellt zu sein. Mit diesen Ausführungen berührt sich vielfach das Buch eines Franzosen, das kürzlich ins Deutsche übersetzt worden ist unter dem Titel: Die reine Gottes idee des Christenthums, das Wesen der Religion der Zukunft. Von F. Pccaut. (Wiesbaden, 18V6.) Der Grundgedanke ist, daß die bisherigen Formen des Christenthums sich überlebt haben, daß wir nicht mehr im Stande seien, an übernatürliche Offenbarungen zu glauben; aber Religion sei etwas dem Menschen Unentbehrliebes, und so werde denn die Religion der Zukunft ein geläutertes Christenthum ohne Dogmen und Cultus sein, „die reine christliche Gottesidee, der im Christenthum enthaltene reine Vernunftglaube". Indessen scheinen uns historische Ausführungen nützlicher und zeitgemäßer ,zu sein als prophetische Spekulationen, und so machen wir zum Schluß auf das Buch eines anderen Franzosen aufmerksam: Des xremiöres ^Molo^iolls lÜLwiiciues co du-iLtmlüsmo xar ^ tlrg.lin.se Locher el KI«. (?aris. 1866). Die Amtsentsetzung des Verfassers durch das orthodoxe Consiswium von Paris hat ihm die Muse verschafft, dieses Buch zu schreiben, das nicht verdient übersehen zu werden, wenn demnächst das Erscheinen der »Apostel» von E. Renan diesen Namen wieder in den Vordergrund des theo. logisch W. L. en Interesses rücken wird,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/47
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/47>, abgerufen am 29.04.2024.