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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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monatlich, außer seinen gewöhnlichen Heereskosten aufbringen muß; 3) daß Eng¬
land und Frankreich die ungeheueren Kosten des Krimkriegs deckten durch bloße
Steuerzuschlage und freiwillige Anleihen.




Paris in Amerika.

Selten wird sich ein Sohn Frankreichs finden, welcher nicht für die Sitten.
Einrichtungen und Ideen seines Landes einträte, sobald es eine Vergleichung
mit andern Völkern gilt. Mag er sich im Vertrauen und vor einem Landsmann
noch so sehr über die Schwächen seines Volkes ereifern, dem Ausland gegen¬
über wird er das Gefühl der Überlegenheit sehr schwer verlieren.

Um so überraschender ist es. wenn ein französischer Schriftsteller, einer der
gediegensten, es wagt, seinem Land einen Spiegel vorzuhalten, in welchem der
Beschauer statt der gehofften Versicherung seiner unbestreitbaren Schönheit Züge
findet, die ihm nichts weniger als zusagen. . ,

Der Verfasser des Buches "Paris in Amerika", auf das die Leser hier¬
durch aufmerksam gemacht werden, ist Eduard Laboulave, Professor an der
ersten Lehranstalt Frankreichs, dem Collöge de France, und vor Kurzem als
Kandidat der Opposition im Elsaß für den Gesetzgebenden Körper viel genannt.

Geboren im Jahre 1811 zu Paris, war Laboulaye eine Zeit lang genöthigt,
mit seinem Bruder als Schriftgießer zu arbeiten. Während aber dieser der ein¬
mal gewählten Beschäftigung treu blieb, kehrte der ältere Bruder zu seinem
Studium zurück, und veröffentlichte als achtnndzwanzigjähriger Mann ein Werk
über die Geschichte des Eigenthumsrechtes auf Grund und Boden, welches von
der Akademie gekrönt wurde.

Laboulave zeigte sich früh allseitig gerecht und erkannte das Gute an, auch
wenn es aus der Fremde kam. Eine genaue Kenntniß der deutschen und eng¬
lischen Sprache kam ihm zu Statten. Als Frucht seiner deutschen Studien ist
ein Buch über Savignv und seine Schule, mehre Uebersetzungen deutscher
juristischer Bücher, sowie vor Kurzem seine Schrift über "Deutschland und die
Slaven" zu nennen.

Mit größerer Liebe jedoch wandte er sich der Untersuchung der englischen
und amerikanischen Verhältnisse zu. Eine Geschichte der Vereinigten Staaten.


monatlich, außer seinen gewöhnlichen Heereskosten aufbringen muß; 3) daß Eng¬
land und Frankreich die ungeheueren Kosten des Krimkriegs deckten durch bloße
Steuerzuschlage und freiwillige Anleihen.




Paris in Amerika.

Selten wird sich ein Sohn Frankreichs finden, welcher nicht für die Sitten.
Einrichtungen und Ideen seines Landes einträte, sobald es eine Vergleichung
mit andern Völkern gilt. Mag er sich im Vertrauen und vor einem Landsmann
noch so sehr über die Schwächen seines Volkes ereifern, dem Ausland gegen¬
über wird er das Gefühl der Überlegenheit sehr schwer verlieren.

Um so überraschender ist es. wenn ein französischer Schriftsteller, einer der
gediegensten, es wagt, seinem Land einen Spiegel vorzuhalten, in welchem der
Beschauer statt der gehofften Versicherung seiner unbestreitbaren Schönheit Züge
findet, die ihm nichts weniger als zusagen. . ,

Der Verfasser des Buches „Paris in Amerika", auf das die Leser hier¬
durch aufmerksam gemacht werden, ist Eduard Laboulave, Professor an der
ersten Lehranstalt Frankreichs, dem Collöge de France, und vor Kurzem als
Kandidat der Opposition im Elsaß für den Gesetzgebenden Körper viel genannt.

Geboren im Jahre 1811 zu Paris, war Laboulaye eine Zeit lang genöthigt,
mit seinem Bruder als Schriftgießer zu arbeiten. Während aber dieser der ein¬
mal gewählten Beschäftigung treu blieb, kehrte der ältere Bruder zu seinem
Studium zurück, und veröffentlichte als achtnndzwanzigjähriger Mann ein Werk
über die Geschichte des Eigenthumsrechtes auf Grund und Boden, welches von
der Akademie gekrönt wurde.

Laboulave zeigte sich früh allseitig gerecht und erkannte das Gute an, auch
wenn es aus der Fremde kam. Eine genaue Kenntniß der deutschen und eng¬
lischen Sprache kam ihm zu Statten. Als Frucht seiner deutschen Studien ist
ein Buch über Savignv und seine Schule, mehre Uebersetzungen deutscher
juristischer Bücher, sowie vor Kurzem seine Schrift über „Deutschland und die
Slaven" zu nennen.

Mit größerer Liebe jedoch wandte er sich der Untersuchung der englischen
und amerikanischen Verhältnisse zu. Eine Geschichte der Vereinigten Staaten.


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[0544] monatlich, außer seinen gewöhnlichen Heereskosten aufbringen muß; 3) daß Eng¬ land und Frankreich die ungeheueren Kosten des Krimkriegs deckten durch bloße Steuerzuschlage und freiwillige Anleihen. Paris in Amerika. Selten wird sich ein Sohn Frankreichs finden, welcher nicht für die Sitten. Einrichtungen und Ideen seines Landes einträte, sobald es eine Vergleichung mit andern Völkern gilt. Mag er sich im Vertrauen und vor einem Landsmann noch so sehr über die Schwächen seines Volkes ereifern, dem Ausland gegen¬ über wird er das Gefühl der Überlegenheit sehr schwer verlieren. Um so überraschender ist es. wenn ein französischer Schriftsteller, einer der gediegensten, es wagt, seinem Land einen Spiegel vorzuhalten, in welchem der Beschauer statt der gehofften Versicherung seiner unbestreitbaren Schönheit Züge findet, die ihm nichts weniger als zusagen. . , Der Verfasser des Buches „Paris in Amerika", auf das die Leser hier¬ durch aufmerksam gemacht werden, ist Eduard Laboulave, Professor an der ersten Lehranstalt Frankreichs, dem Collöge de France, und vor Kurzem als Kandidat der Opposition im Elsaß für den Gesetzgebenden Körper viel genannt. Geboren im Jahre 1811 zu Paris, war Laboulaye eine Zeit lang genöthigt, mit seinem Bruder als Schriftgießer zu arbeiten. Während aber dieser der ein¬ mal gewählten Beschäftigung treu blieb, kehrte der ältere Bruder zu seinem Studium zurück, und veröffentlichte als achtnndzwanzigjähriger Mann ein Werk über die Geschichte des Eigenthumsrechtes auf Grund und Boden, welches von der Akademie gekrönt wurde. Laboulave zeigte sich früh allseitig gerecht und erkannte das Gute an, auch wenn es aus der Fremde kam. Eine genaue Kenntniß der deutschen und eng¬ lischen Sprache kam ihm zu Statten. Als Frucht seiner deutschen Studien ist ein Buch über Savignv und seine Schule, mehre Uebersetzungen deutscher juristischer Bücher, sowie vor Kurzem seine Schrift über „Deutschland und die Slaven" zu nennen. Mit größerer Liebe jedoch wandte er sich der Untersuchung der englischen und amerikanischen Verhältnisse zu. Eine Geschichte der Vereinigten Staaten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/544>, abgerufen am 29.04.2024.