Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

recht wohl, aber die Aussicht, dem abelschen Bayern und dem erlanger Pietismus
ganz zu entfliehen, trug nicht wenig dazu bei, seinen Abschied von der Stadt,
in der er 13 Jahre gelebt halte, zu erleichtern. Die religiösen Bewegungen
der vierziger Jahre, die bekannten Vorläufer unserer politischen Periode, beschäf¬
tigten sein Interesse dauernd, und er vertrat dabei immer das Recht der
freien Forschung und der Vernunft, wie es Vorkämpfer selbst, namentlich
Üblich für sich beanspruchten. So wenig ihm selbst, wie sich leicht begreifen
läßt, geistig und gemüthlich durch jene radical rationalistische Richtung oder wie
man sie sonst bezeichnen will. Genüge geschah, so sehr war er doch von ihrer
Bedeutung für diese Zeit und die nächste Zukunft überzeugt. Grade darum
sah er aber auch mit besonderer Theilnahme auf Uhlich, weil er ihm zutraute,
daß er die Rücksicht auf das Heiligthum des Gewissens," die er von Andern
forderte, auch Andern angedeihen zu lassen befähigt sei. Denn die plumpe, zu
täppische und arrogante Selbstgenügsamkeit und Selbstüberhebung mancher andrer
Führer und so vieler aus dem Haufen ihrer Anhänger schien ihm ebenso viele
Gefahren für die Gewissensfreiheit zu enthalten, wie der Fanatismus der
Orthodoxen. Doch ließ er sich auch hier niemals durch die von Personen
verursachten Auswüchse und Entstellungen an der Sache selbst irre machen. Er
blieb auch hierin dem Lichte, der Freiheit, und dem Fortschritt treu, wie er auf
dem Gebiete der Politik diesen Mächten stets mit allen Gaben seines Geistes
und Gemüths gedient hat und immer stolz auf diesen Dienst gewesen ist.




Literatur.

slavisches Ccntratb kalt, Wochenschrift für Literatur, Kunst, Wissen¬
schaft und nationale Interessen des Gcsanuntslavmthums. Redacteur I. E. Schmaler.
I.Jahrgang. Bautzen, Verlag von Schmaler und Pech. 1865.

Von größeren Abhandlungen enthält diese Zeitschrift folgende: Der slovakischc
literarische Verein Matica Slovcnska -- Der Serbe und seine Poesie -- Ein Wort
über das lettische Volkslied (mit hübschen Proben) -- Vom kroatischen Büchcrtisch
-- Das heutige nationale Leben bei den Kroaten -- Baltische Zustände und Eigen¬
thümlichkeiten (im katkvffschcn Sinn geschrieben und weiter ausgeführt in dem Verlag
des Siao. Centralbl. unter dem Titel "Zustände und Eigenthümlichkeiten in den baltischen
Provinzen Rußlands" erschienen) -- Betrachtungen über die östreichischen Länder und
Nationen -- endlich: "Kurze slavische Uebersicht für das Jahr 1865". Daß das
Gcsammtslaventhum sich der deutschen Sprache bedienen muß, um sich seinen Lieb¬
habern verständlich zu machen, ist charakteristisch, aber begreiflich, hängt es doch
auch ganz von deutscher Bildung ab. Talente finden sich unter den Mitarbeitern
des Blattes nicht, und mehre von, den Aufsätzen sind ebenso wirr von Gedanken
als schwach im Ausdruck. Wir möchten vermuthen, daß Schüler und Schulmeister
die Hauptcollaboratorcn sind.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Her dig. -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

recht wohl, aber die Aussicht, dem abelschen Bayern und dem erlanger Pietismus
ganz zu entfliehen, trug nicht wenig dazu bei, seinen Abschied von der Stadt,
in der er 13 Jahre gelebt halte, zu erleichtern. Die religiösen Bewegungen
der vierziger Jahre, die bekannten Vorläufer unserer politischen Periode, beschäf¬
tigten sein Interesse dauernd, und er vertrat dabei immer das Recht der
freien Forschung und der Vernunft, wie es Vorkämpfer selbst, namentlich
Üblich für sich beanspruchten. So wenig ihm selbst, wie sich leicht begreifen
läßt, geistig und gemüthlich durch jene radical rationalistische Richtung oder wie
man sie sonst bezeichnen will. Genüge geschah, so sehr war er doch von ihrer
Bedeutung für diese Zeit und die nächste Zukunft überzeugt. Grade darum
sah er aber auch mit besonderer Theilnahme auf Uhlich, weil er ihm zutraute,
daß er die Rücksicht auf das Heiligthum des Gewissens,» die er von Andern
forderte, auch Andern angedeihen zu lassen befähigt sei. Denn die plumpe, zu
täppische und arrogante Selbstgenügsamkeit und Selbstüberhebung mancher andrer
Führer und so vieler aus dem Haufen ihrer Anhänger schien ihm ebenso viele
Gefahren für die Gewissensfreiheit zu enthalten, wie der Fanatismus der
Orthodoxen. Doch ließ er sich auch hier niemals durch die von Personen
verursachten Auswüchse und Entstellungen an der Sache selbst irre machen. Er
blieb auch hierin dem Lichte, der Freiheit, und dem Fortschritt treu, wie er auf
dem Gebiete der Politik diesen Mächten stets mit allen Gaben seines Geistes
und Gemüths gedient hat und immer stolz auf diesen Dienst gewesen ist.




Literatur.

slavisches Ccntratb kalt, Wochenschrift für Literatur, Kunst, Wissen¬
schaft und nationale Interessen des Gcsanuntslavmthums. Redacteur I. E. Schmaler.
I.Jahrgang. Bautzen, Verlag von Schmaler und Pech. 1865.

Von größeren Abhandlungen enthält diese Zeitschrift folgende: Der slovakischc
literarische Verein Matica Slovcnska — Der Serbe und seine Poesie — Ein Wort
über das lettische Volkslied (mit hübschen Proben) — Vom kroatischen Büchcrtisch
— Das heutige nationale Leben bei den Kroaten — Baltische Zustände und Eigen¬
thümlichkeiten (im katkvffschcn Sinn geschrieben und weiter ausgeführt in dem Verlag
des Siao. Centralbl. unter dem Titel „Zustände und Eigenthümlichkeiten in den baltischen
Provinzen Rußlands" erschienen) — Betrachtungen über die östreichischen Länder und
Nationen — endlich: „Kurze slavische Uebersicht für das Jahr 1865". Daß das
Gcsammtslaventhum sich der deutschen Sprache bedienen muß, um sich seinen Lieb¬
habern verständlich zu machen, ist charakteristisch, aber begreiflich, hängt es doch
auch ganz von deutscher Bildung ab. Talente finden sich unter den Mitarbeitern
des Blattes nicht, und mehre von, den Aufsätzen sind ebenso wirr von Gedanken
als schwach im Ausdruck. Wir möchten vermuthen, daß Schüler und Schulmeister
die Hauptcollaboratorcn sind.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Her dig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0092" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285118"/>
          <p xml:id="ID_179" prev="#ID_178"> recht wohl, aber die Aussicht, dem abelschen Bayern und dem erlanger Pietismus<lb/>
ganz zu entfliehen, trug nicht wenig dazu bei, seinen Abschied von der Stadt,<lb/>
in der er 13 Jahre gelebt halte, zu erleichtern. Die religiösen Bewegungen<lb/>
der vierziger Jahre, die bekannten Vorläufer unserer politischen Periode, beschäf¬<lb/>
tigten sein Interesse dauernd, und er vertrat dabei immer das Recht der<lb/>
freien Forschung und der Vernunft, wie es Vorkämpfer selbst, namentlich<lb/>
Üblich für sich beanspruchten. So wenig ihm selbst, wie sich leicht begreifen<lb/>
läßt, geistig und gemüthlich durch jene radical rationalistische Richtung oder wie<lb/>
man sie sonst bezeichnen will. Genüge geschah, so sehr war er doch von ihrer<lb/>
Bedeutung für diese Zeit und die nächste Zukunft überzeugt. Grade darum<lb/>
sah er aber auch mit besonderer Theilnahme auf Uhlich, weil er ihm zutraute,<lb/>
daß er die Rücksicht auf das Heiligthum des Gewissens,» die er von Andern<lb/>
forderte, auch Andern angedeihen zu lassen befähigt sei. Denn die plumpe, zu<lb/>
täppische und arrogante Selbstgenügsamkeit und Selbstüberhebung mancher andrer<lb/>
Führer und so vieler aus dem Haufen ihrer Anhänger schien ihm ebenso viele<lb/>
Gefahren für die Gewissensfreiheit zu enthalten, wie der Fanatismus der<lb/>
Orthodoxen. Doch ließ er sich auch hier niemals durch die von Personen<lb/>
verursachten Auswüchse und Entstellungen an der Sache selbst irre machen. Er<lb/>
blieb auch hierin dem Lichte, der Freiheit, und dem Fortschritt treu, wie er auf<lb/>
dem Gebiete der Politik diesen Mächten stets mit allen Gaben seines Geistes<lb/>
und Gemüths gedient hat und immer stolz auf diesen Dienst gewesen ist.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Literatur.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_180"> slavisches Ccntratb kalt, Wochenschrift für Literatur, Kunst, Wissen¬<lb/>
schaft und nationale Interessen des Gcsanuntslavmthums. Redacteur I. E. Schmaler.<lb/>
I.Jahrgang.  Bautzen, Verlag von Schmaler und Pech. 1865.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_181"> Von größeren Abhandlungen enthält diese Zeitschrift folgende: Der slovakischc<lb/>
literarische Verein Matica Slovcnska &#x2014; Der Serbe und seine Poesie &#x2014; Ein Wort<lb/>
über das lettische Volkslied (mit hübschen Proben) &#x2014; Vom kroatischen Büchcrtisch<lb/>
&#x2014; Das heutige nationale Leben bei den Kroaten &#x2014; Baltische Zustände und Eigen¬<lb/>
thümlichkeiten (im katkvffschcn Sinn geschrieben und weiter ausgeführt in dem Verlag<lb/>
des Siao. Centralbl. unter dem Titel &#x201E;Zustände und Eigenthümlichkeiten in den baltischen<lb/>
Provinzen Rußlands" erschienen) &#x2014; Betrachtungen über die östreichischen Länder und<lb/>
Nationen &#x2014; endlich: &#x201E;Kurze slavische Uebersicht für das Jahr 1865". Daß das<lb/>
Gcsammtslaventhum sich der deutschen Sprache bedienen muß, um sich seinen Lieb¬<lb/>
habern verständlich zu machen, ist charakteristisch, aber begreiflich, hängt es doch<lb/>
auch ganz von deutscher Bildung ab. Talente finden sich unter den Mitarbeitern<lb/>
des Blattes nicht, und mehre von, den Aufsätzen sind ebenso wirr von Gedanken<lb/>
als schwach im Ausdruck. Wir möchten vermuthen, daß Schüler und Schulmeister<lb/>
die Hauptcollaboratorcn sind.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <note type="byline"> Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.<lb/>
Verlag von F. L. Her dig. &#x2014; Druck von C. E. Elbert in Leipzig.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0092] recht wohl, aber die Aussicht, dem abelschen Bayern und dem erlanger Pietismus ganz zu entfliehen, trug nicht wenig dazu bei, seinen Abschied von der Stadt, in der er 13 Jahre gelebt halte, zu erleichtern. Die religiösen Bewegungen der vierziger Jahre, die bekannten Vorläufer unserer politischen Periode, beschäf¬ tigten sein Interesse dauernd, und er vertrat dabei immer das Recht der freien Forschung und der Vernunft, wie es Vorkämpfer selbst, namentlich Üblich für sich beanspruchten. So wenig ihm selbst, wie sich leicht begreifen läßt, geistig und gemüthlich durch jene radical rationalistische Richtung oder wie man sie sonst bezeichnen will. Genüge geschah, so sehr war er doch von ihrer Bedeutung für diese Zeit und die nächste Zukunft überzeugt. Grade darum sah er aber auch mit besonderer Theilnahme auf Uhlich, weil er ihm zutraute, daß er die Rücksicht auf das Heiligthum des Gewissens,» die er von Andern forderte, auch Andern angedeihen zu lassen befähigt sei. Denn die plumpe, zu täppische und arrogante Selbstgenügsamkeit und Selbstüberhebung mancher andrer Führer und so vieler aus dem Haufen ihrer Anhänger schien ihm ebenso viele Gefahren für die Gewissensfreiheit zu enthalten, wie der Fanatismus der Orthodoxen. Doch ließ er sich auch hier niemals durch die von Personen verursachten Auswüchse und Entstellungen an der Sache selbst irre machen. Er blieb auch hierin dem Lichte, der Freiheit, und dem Fortschritt treu, wie er auf dem Gebiete der Politik diesen Mächten stets mit allen Gaben seines Geistes und Gemüths gedient hat und immer stolz auf diesen Dienst gewesen ist. Literatur. slavisches Ccntratb kalt, Wochenschrift für Literatur, Kunst, Wissen¬ schaft und nationale Interessen des Gcsanuntslavmthums. Redacteur I. E. Schmaler. I.Jahrgang. Bautzen, Verlag von Schmaler und Pech. 1865. Von größeren Abhandlungen enthält diese Zeitschrift folgende: Der slovakischc literarische Verein Matica Slovcnska — Der Serbe und seine Poesie — Ein Wort über das lettische Volkslied (mit hübschen Proben) — Vom kroatischen Büchcrtisch — Das heutige nationale Leben bei den Kroaten — Baltische Zustände und Eigen¬ thümlichkeiten (im katkvffschcn Sinn geschrieben und weiter ausgeführt in dem Verlag des Siao. Centralbl. unter dem Titel „Zustände und Eigenthümlichkeiten in den baltischen Provinzen Rußlands" erschienen) — Betrachtungen über die östreichischen Länder und Nationen — endlich: „Kurze slavische Uebersicht für das Jahr 1865". Daß das Gcsammtslaventhum sich der deutschen Sprache bedienen muß, um sich seinen Lieb¬ habern verständlich zu machen, ist charakteristisch, aber begreiflich, hängt es doch auch ganz von deutscher Bildung ab. Talente finden sich unter den Mitarbeitern des Blattes nicht, und mehre von, den Aufsätzen sind ebenso wirr von Gedanken als schwach im Ausdruck. Wir möchten vermuthen, daß Schüler und Schulmeister die Hauptcollaboratorcn sind. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L. Her dig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/92
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/92>, abgerufen am 29.04.2024.