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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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begrüßt, und würden ihn, wenn er morgen käme, abermals so empfangen,"
Der ländliche Ball, der am selben Abend dem General Kühn gegeben wurde,
war nur ein schwacher Abglanz des prachtvollen Festes, womit kurz vorher die
Anwesenheit des Prinzen Amadeus gefeiert wurde.

Italien steht am Vorabend eines nothgcdrungenen Friedens, Garibaldis
Freischaaren sind entlassen, die Armee Victor Emanuels wird um die Hälfte
vermindert. Bleibt das "Trentino", bleibt Wälschtirol für Oestreich gesichert?
Wir glauben es nicht. Seine Vereinigung mit Italien ist nur aufgeschoben.
Nach dem Prineip der Nationalität und dem Zeugniß seiner Signori ist es
durch und durch italienisch, und was auf die Stimme des armen tributpflichtigen
Volkes zu halten, erfahren wir täglich. Oestreich könnte in dieser, wie in fast
allen brennenden Fragen nur dann auf Erfolg hoffen, wenn es aufrichtig und
ohne Hintergedanken die Bahn der Freiheit einschlüge; seine Feinde wären
dadurch entwaffnet. Daran ist aber unter den jetzigen Umständen gar nicht zu
denken. Tirol muß Tirol bleiben, das Goldland der Pfaffen, und wenn es
einmal um seine reichere südliche Hälfte kommt, so ist das, wie manches andere,
ihr Werk.




Misflonsbericht aus Assyrien.
Th. Rottele. Aus dem Neusyrischen übersetzt von
1.

Im 3. Bande Ur. 7 der in Arenia erscheinenden Zeitschrift "die Lichtstrahlen"
über welche ich vor Kurzem in diesen Blättern einige Notizen gegeben habe,
steht ein Bericht zweier von den amerikanischen Missionären abgesandten syrischen
Geistlichen über ihre Reisen und ihre Thätigkeit unter den Brüdern auf tür¬
kischem Gebiet, namentlich in Botan, dem Lande nordwestlich von Mosul, wo
sich das kurdische Hochgebirge zum obern Tigris herabsenkt. Diesen Bericht
geben wir im Folgenden in wörtlicher Uebersetzung wieder.

Natürlich haben diese eingebornen Missionäre keine weitere Bildung als
die, welche sie von ihren Lehrmeistern erhalten haben; ihr ganzer Standpunkt
ist einseitig und dazu sind sie eben nicht besonders gewandt im Erzählen. Den¬
noch bietet der Bericht manches Interessante dar. namentlich über die religiösen
Zustände der Christen in jenen Gegenden. So wohlwollend die Missionäre
von mancher Seite her aufgenommen werden, so heftige Anfeindungen erleiden
sie nicht blos von den im Westen ziemlich zahlreichen Landsleuten, die in das
Netz der römischen Kirche gegangen sind, sondern noch mehr von einigen con>
servativen Nestorianern selbst. Daß Letztere von ihrem Standpunkt aus nicht


Grenzboten IV. 1866. 13

begrüßt, und würden ihn, wenn er morgen käme, abermals so empfangen,"
Der ländliche Ball, der am selben Abend dem General Kühn gegeben wurde,
war nur ein schwacher Abglanz des prachtvollen Festes, womit kurz vorher die
Anwesenheit des Prinzen Amadeus gefeiert wurde.

Italien steht am Vorabend eines nothgcdrungenen Friedens, Garibaldis
Freischaaren sind entlassen, die Armee Victor Emanuels wird um die Hälfte
vermindert. Bleibt das „Trentino", bleibt Wälschtirol für Oestreich gesichert?
Wir glauben es nicht. Seine Vereinigung mit Italien ist nur aufgeschoben.
Nach dem Prineip der Nationalität und dem Zeugniß seiner Signori ist es
durch und durch italienisch, und was auf die Stimme des armen tributpflichtigen
Volkes zu halten, erfahren wir täglich. Oestreich könnte in dieser, wie in fast
allen brennenden Fragen nur dann auf Erfolg hoffen, wenn es aufrichtig und
ohne Hintergedanken die Bahn der Freiheit einschlüge; seine Feinde wären
dadurch entwaffnet. Daran ist aber unter den jetzigen Umständen gar nicht zu
denken. Tirol muß Tirol bleiben, das Goldland der Pfaffen, und wenn es
einmal um seine reichere südliche Hälfte kommt, so ist das, wie manches andere,
ihr Werk.




Misflonsbericht aus Assyrien.
Th. Rottele. Aus dem Neusyrischen übersetzt von
1.

Im 3. Bande Ur. 7 der in Arenia erscheinenden Zeitschrift „die Lichtstrahlen"
über welche ich vor Kurzem in diesen Blättern einige Notizen gegeben habe,
steht ein Bericht zweier von den amerikanischen Missionären abgesandten syrischen
Geistlichen über ihre Reisen und ihre Thätigkeit unter den Brüdern auf tür¬
kischem Gebiet, namentlich in Botan, dem Lande nordwestlich von Mosul, wo
sich das kurdische Hochgebirge zum obern Tigris herabsenkt. Diesen Bericht
geben wir im Folgenden in wörtlicher Uebersetzung wieder.

Natürlich haben diese eingebornen Missionäre keine weitere Bildung als
die, welche sie von ihren Lehrmeistern erhalten haben; ihr ganzer Standpunkt
ist einseitig und dazu sind sie eben nicht besonders gewandt im Erzählen. Den¬
noch bietet der Bericht manches Interessante dar. namentlich über die religiösen
Zustände der Christen in jenen Gegenden. So wohlwollend die Missionäre
von mancher Seite her aufgenommen werden, so heftige Anfeindungen erleiden
sie nicht blos von den im Westen ziemlich zahlreichen Landsleuten, die in das
Netz der römischen Kirche gegangen sind, sondern noch mehr von einigen con>
servativen Nestorianern selbst. Daß Letztere von ihrem Standpunkt aus nicht


Grenzboten IV. 1866. 13
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/127>, abgerufen am 05.05.2024.