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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Doch nein! ich seh' dich in den Hemisphären
Gesellt den Sternen, unsre Welt verklären!
O strahle fort, du Fixstern der Poeten
Und zieh' die matte Bühr' aus ihren Nöthen.
Seit Du entflogen, trauert sie in Nacht,
Uns glänzt nur Tag, wo deine Dichtung wacht.

Bau Jonson."

Man sieht aus diesen Beispielen, daß unsere Shakespeareverehrung noch
nicht um die Lobpreisung der Zeitgenossen heranreicht.


Otto Devrient.


Noch einmal das Kirchenvermögen in Oestreich.

Da ich zwar von Geburt Katholik bin, aber ein Ungar, so haben Sie
nicht zu fürchten, daß ein Klerikaler sich als Wolf im Schafskleide auf Ihrer
grünen Flur einschleiche. Wenn ich zu protestiren versuche gegen das Auf¬
kommen des Gedankens -- der auch in einer der letzten Nummern Ihres Blattes
Ausdruck gefunden hat --, in Oestreich das Kirchenvermögen durch den Staat
einziehen zu lassen, wie das in Frankreich, Belgien, Italien, Rumänien u. s. w.
geschah, so entspringt dieser Protest keineswegs irgendwelchen Sympathien für
den Klerus.

Aber ich bin Ungar, daher mehr oder weniger des angeborenen Instincts
jener nicht sehr gelehrten, aber praktischen Nation mit theilhaft, welche in ihrer
tausendjährigen europäischen Geschichte so viel der glänzenden als der dunklen
Blätter haben mag, aber doch nirgend den Fleck politischer Hilflosigkeit.

Doch gehen wir direct zur Sache über.

Laut deutschen Journalen betrug Ende April 1864 die östreichische Staats¬
schuld: 3.316,443.180 Fi.. mit jährlichen Zuisen von 221,142 668 Fi.. Während
die normale Staatseinnahme der östreichischen Monarchie, selbst unter der Cen-
tralisationsdespotie der Periode Bach, nie 250.000,000 überstieg.

Ihre Wochenschrift nun giebt an. der Klerus habe selbst 1849 den Werth
des kirchlichen Grundeigenihums in Oestreich zu 366.000,000 Fi. declarirt.


Doch nein! ich seh' dich in den Hemisphären
Gesellt den Sternen, unsre Welt verklären!
O strahle fort, du Fixstern der Poeten
Und zieh' die matte Bühr' aus ihren Nöthen.
Seit Du entflogen, trauert sie in Nacht,
Uns glänzt nur Tag, wo deine Dichtung wacht.

Bau Jonson."

Man sieht aus diesen Beispielen, daß unsere Shakespeareverehrung noch
nicht um die Lobpreisung der Zeitgenossen heranreicht.


Otto Devrient.


Noch einmal das Kirchenvermögen in Oestreich.

Da ich zwar von Geburt Katholik bin, aber ein Ungar, so haben Sie
nicht zu fürchten, daß ein Klerikaler sich als Wolf im Schafskleide auf Ihrer
grünen Flur einschleiche. Wenn ich zu protestiren versuche gegen das Auf¬
kommen des Gedankens — der auch in einer der letzten Nummern Ihres Blattes
Ausdruck gefunden hat —, in Oestreich das Kirchenvermögen durch den Staat
einziehen zu lassen, wie das in Frankreich, Belgien, Italien, Rumänien u. s. w.
geschah, so entspringt dieser Protest keineswegs irgendwelchen Sympathien für
den Klerus.

Aber ich bin Ungar, daher mehr oder weniger des angeborenen Instincts
jener nicht sehr gelehrten, aber praktischen Nation mit theilhaft, welche in ihrer
tausendjährigen europäischen Geschichte so viel der glänzenden als der dunklen
Blätter haben mag, aber doch nirgend den Fleck politischer Hilflosigkeit.

Doch gehen wir direct zur Sache über.

Laut deutschen Journalen betrug Ende April 1864 die östreichische Staats¬
schuld: 3.316,443.180 Fi.. mit jährlichen Zuisen von 221,142 668 Fi.. Während
die normale Staatseinnahme der östreichischen Monarchie, selbst unter der Cen-
tralisationsdespotie der Periode Bach, nie 250.000,000 überstieg.

Ihre Wochenschrift nun giebt an. der Klerus habe selbst 1849 den Werth
des kirchlichen Grundeigenihums in Oestreich zu 366.000,000 Fi. declarirt.


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[0210] Doch nein! ich seh' dich in den Hemisphären Gesellt den Sternen, unsre Welt verklären! O strahle fort, du Fixstern der Poeten Und zieh' die matte Bühr' aus ihren Nöthen. Seit Du entflogen, trauert sie in Nacht, Uns glänzt nur Tag, wo deine Dichtung wacht. Bau Jonson." Man sieht aus diesen Beispielen, daß unsere Shakespeareverehrung noch nicht um die Lobpreisung der Zeitgenossen heranreicht. Otto Devrient. Noch einmal das Kirchenvermögen in Oestreich. Da ich zwar von Geburt Katholik bin, aber ein Ungar, so haben Sie nicht zu fürchten, daß ein Klerikaler sich als Wolf im Schafskleide auf Ihrer grünen Flur einschleiche. Wenn ich zu protestiren versuche gegen das Auf¬ kommen des Gedankens — der auch in einer der letzten Nummern Ihres Blattes Ausdruck gefunden hat —, in Oestreich das Kirchenvermögen durch den Staat einziehen zu lassen, wie das in Frankreich, Belgien, Italien, Rumänien u. s. w. geschah, so entspringt dieser Protest keineswegs irgendwelchen Sympathien für den Klerus. Aber ich bin Ungar, daher mehr oder weniger des angeborenen Instincts jener nicht sehr gelehrten, aber praktischen Nation mit theilhaft, welche in ihrer tausendjährigen europäischen Geschichte so viel der glänzenden als der dunklen Blätter haben mag, aber doch nirgend den Fleck politischer Hilflosigkeit. Doch gehen wir direct zur Sache über. Laut deutschen Journalen betrug Ende April 1864 die östreichische Staats¬ schuld: 3.316,443.180 Fi.. mit jährlichen Zuisen von 221,142 668 Fi.. Während die normale Staatseinnahme der östreichischen Monarchie, selbst unter der Cen- tralisationsdespotie der Periode Bach, nie 250.000,000 überstieg. Ihre Wochenschrift nun giebt an. der Klerus habe selbst 1849 den Werth des kirchlichen Grundeigenihums in Oestreich zu 366.000,000 Fi. declarirt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/210>, abgerufen am 05.05.2024.