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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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wieder 15mal häufiger als ein Sieg von 14 über 21, ja die bei weitem grö¬
ßere Hälfte aller möglichen Minoritätssiege wird bei 35 Wählern überhaupt nur
errungen, wenn die Minorität nur um einen Mann schwächer ist als die Ma¬
jorität. Bei anderen und größeren Zahlen ist es ähnlich. Und wenn einmal
von 10000 Wählern 4998 mit Ja und 3002 mit Nein stimmen, ist da. (so
höre ich den Vertheidiger der indirecten Wahlen sagen), nicht im Vergleich mit
dem Hauptübelstande, daß, ob die Wahl auf directem oder indirectem Wege
zu Stande kommt, immer die Hälfte der Wähler unvertreten bleibt, -- ist da
nicht der Mangel des indirecten Verfahrens, das möglicherweise die Minorität
siegen läßt, also dann bewirkt, daß 4 Mann weniger als bei der directen Wahl
einen Vertreter haben, -- nicht ein verschwindend kleiner? Und steht um dieses
kleinen Uebelstandes willen hinter einem Beschluß, den eine aus indirecten
Wahlen hervorgegangene Kammer faßt, ein kleinerer Bruchtheil der Gesammt-
bevölkerung als hinter dem. was eine direct gewählte Versammlung beschließt?
-- -- Ob der Vertheidiger Recht hat, mag der Leser nach längerem Ueber-
legen selbst entscheiden, der Hauptzweck, der mich beim Schreiben des Vorstehenden
leitete, beschränkt sich darauf: anzuregen zum Nachdenken über das Wählen über¬
Th. G. haupt, -- und darnach zu thun. --




Die französischen Deputirten und Journalisten in Dänemark.

Zwei ziemlich unbedeutende Mitglieder des Gesetzgebenden Körpers in Paris,
die sich jedoch neuerdings durch einen mehr tendenziös-politischen als ernstgemeint¬
wohlthätigen Aufruf zu.Gunsten der "bedrängten Nordschleswigcr" bemerkiick
gemacht haben, weil der Eine, Piccioni aus Corsica, einige Jahre in der dä¬
nischen Colonie Sanct Thomas verlebt hat und sich seitdem nach seiner eigenen
Aussage als ein gemischtes Wesen, halb Franzose, halb Däne betrachtet, wäh¬
rend der Andere, Morin aus der Dauphin", durch zufällige Beziehungen zu
Dagbladts Herausgeber Bille in den Enthusiasmus für Dänemark versetzt zu
sein scheint. -- und zwölf pariser Journalisten ohne Namen haben sich gegen
die Mitte August, wie man weiß, auf den Weg gemacht, um die dänische
Hauptstadt zu besuchen. Der Gedanke dieser Fahrt war in publicistischen


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wieder 15mal häufiger als ein Sieg von 14 über 21, ja die bei weitem grö¬
ßere Hälfte aller möglichen Minoritätssiege wird bei 35 Wählern überhaupt nur
errungen, wenn die Minorität nur um einen Mann schwächer ist als die Ma¬
jorität. Bei anderen und größeren Zahlen ist es ähnlich. Und wenn einmal
von 10000 Wählern 4998 mit Ja und 3002 mit Nein stimmen, ist da. (so
höre ich den Vertheidiger der indirecten Wahlen sagen), nicht im Vergleich mit
dem Hauptübelstande, daß, ob die Wahl auf directem oder indirectem Wege
zu Stande kommt, immer die Hälfte der Wähler unvertreten bleibt, — ist da
nicht der Mangel des indirecten Verfahrens, das möglicherweise die Minorität
siegen läßt, also dann bewirkt, daß 4 Mann weniger als bei der directen Wahl
einen Vertreter haben, — nicht ein verschwindend kleiner? Und steht um dieses
kleinen Uebelstandes willen hinter einem Beschluß, den eine aus indirecten
Wahlen hervorgegangene Kammer faßt, ein kleinerer Bruchtheil der Gesammt-
bevölkerung als hinter dem. was eine direct gewählte Versammlung beschließt?
— — Ob der Vertheidiger Recht hat, mag der Leser nach längerem Ueber-
legen selbst entscheiden, der Hauptzweck, der mich beim Schreiben des Vorstehenden
leitete, beschränkt sich darauf: anzuregen zum Nachdenken über das Wählen über¬
Th. G. haupt, — und darnach zu thun. —




Die französischen Deputirten und Journalisten in Dänemark.

Zwei ziemlich unbedeutende Mitglieder des Gesetzgebenden Körpers in Paris,
die sich jedoch neuerdings durch einen mehr tendenziös-politischen als ernstgemeint¬
wohlthätigen Aufruf zu.Gunsten der „bedrängten Nordschleswigcr" bemerkiick
gemacht haben, weil der Eine, Piccioni aus Corsica, einige Jahre in der dä¬
nischen Colonie Sanct Thomas verlebt hat und sich seitdem nach seiner eigenen
Aussage als ein gemischtes Wesen, halb Franzose, halb Däne betrachtet, wäh¬
rend der Andere, Morin aus der Dauphin«, durch zufällige Beziehungen zu
Dagbladts Herausgeber Bille in den Enthusiasmus für Dänemark versetzt zu
sein scheint. — und zwölf pariser Journalisten ohne Namen haben sich gegen
die Mitte August, wie man weiß, auf den Weg gemacht, um die dänische
Hauptstadt zu besuchen. Der Gedanke dieser Fahrt war in publicistischen


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[0429] wieder 15mal häufiger als ein Sieg von 14 über 21, ja die bei weitem grö¬ ßere Hälfte aller möglichen Minoritätssiege wird bei 35 Wählern überhaupt nur errungen, wenn die Minorität nur um einen Mann schwächer ist als die Ma¬ jorität. Bei anderen und größeren Zahlen ist es ähnlich. Und wenn einmal von 10000 Wählern 4998 mit Ja und 3002 mit Nein stimmen, ist da. (so höre ich den Vertheidiger der indirecten Wahlen sagen), nicht im Vergleich mit dem Hauptübelstande, daß, ob die Wahl auf directem oder indirectem Wege zu Stande kommt, immer die Hälfte der Wähler unvertreten bleibt, — ist da nicht der Mangel des indirecten Verfahrens, das möglicherweise die Minorität siegen läßt, also dann bewirkt, daß 4 Mann weniger als bei der directen Wahl einen Vertreter haben, — nicht ein verschwindend kleiner? Und steht um dieses kleinen Uebelstandes willen hinter einem Beschluß, den eine aus indirecten Wahlen hervorgegangene Kammer faßt, ein kleinerer Bruchtheil der Gesammt- bevölkerung als hinter dem. was eine direct gewählte Versammlung beschließt? — — Ob der Vertheidiger Recht hat, mag der Leser nach längerem Ueber- legen selbst entscheiden, der Hauptzweck, der mich beim Schreiben des Vorstehenden leitete, beschränkt sich darauf: anzuregen zum Nachdenken über das Wählen über¬ Th. G. haupt, — und darnach zu thun. — Die französischen Deputirten und Journalisten in Dänemark. Zwei ziemlich unbedeutende Mitglieder des Gesetzgebenden Körpers in Paris, die sich jedoch neuerdings durch einen mehr tendenziös-politischen als ernstgemeint¬ wohlthätigen Aufruf zu.Gunsten der „bedrängten Nordschleswigcr" bemerkiick gemacht haben, weil der Eine, Piccioni aus Corsica, einige Jahre in der dä¬ nischen Colonie Sanct Thomas verlebt hat und sich seitdem nach seiner eigenen Aussage als ein gemischtes Wesen, halb Franzose, halb Däne betrachtet, wäh¬ rend der Andere, Morin aus der Dauphin«, durch zufällige Beziehungen zu Dagbladts Herausgeber Bille in den Enthusiasmus für Dänemark versetzt zu sein scheint. — und zwölf pariser Journalisten ohne Namen haben sich gegen die Mitte August, wie man weiß, auf den Weg gemacht, um die dänische Hauptstadt zu besuchen. Der Gedanke dieser Fahrt war in publicistischen 53*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/429>, abgerufen am 09.05.2024.