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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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Bürger Reinhard in Florenz bleiben? Dem braven D. Ersch meinen Hände¬
druck. Es soll ihm od lniliwm Lvrussum a käme servawm in der Haupt-
wache am Brandenburger Thor, wo oben der König der Stadt die xostorior^
zukehrt, eine Statue in Lebensgröße errichtet werden. Von Klopstock, dem mir
heiligen Freund, sagen Sie mir ja etwas. Ist sein Bild von Hickel schon in
Kupfer gestochen und ist es ähnlich?


Herders grüßen herzlich, meine Frau schließt sich an. Böttiger. Unwandelbar treu ihr
2..

Weimar, 4. März 1799.

Wie viel mir Ihr Brief Freude macht, beweise Ihnen die schnelle Ant¬
wort mit umgehender Post. -- Mir ist bange, daß Sie von unserm Weimar
eine schiefe Vorstellung durch albernes Geschwätz von Ununterrichteten erhalten
haben. Nun, kommen Sie immer zu uns zurück. Wir sind ganz die Alten
und niemand hat auch nur ein Jota an unserer maxna ekg.rr.g. zu denken und
zu schreiben, was wir selbst zu verantworten gedenken, geschmälert. Wer bat
Ihnen denn gesagt, daß Fichte von hier aus verfolgt worden sei? Unser Her¬
zog hat die ganze Sache vom ersten Augenblick an aus dem richtigen Gesichts¬
punkt angesehen, und dabei gebührt Goethe" das Lob, daß er muthig und ver¬
ständig für die Lehrfreiheit der Jenaischen Professoren gesprochen hat, als nicht
alle so wie der Herzog dachten. Ich werde Ihnen einst interessante Anecdoten
darüber erzähle" können. Daß man Fickten eine Verantwortung abforderle,
geschah theils aus billiger Schonung gegen politische Verhältnisse gegen Cchur-
sachsen, die unser Herzog jetzt am wenigsten aufgeben darf, theils um Fichte
selbst nur mehr Spielraum zu geben. Dieß ist auch vollkommen erreicht worden.
Fichte hat eine trefflich ausgearbeitete Vertheidigung auf 20 Bogen dem
Lonsiliv ^eg-elömieo eingereicht, und wird diese dann mit Bewilligung des
hiesigen Hofes drucken lassen. Sie hat Hände und Füße, und wird die
Schriftstelleirechte mit furchtbarer Consequenz geltend machen. Da begreifen
Sie nun wohl, daß Fichte kein Härchen gekrümmt wird. Und dieß ist früher
beschlossen und hier abgemacht gewesen, als die ehrwürdigen, braven Männer
im Berliner Konsistorium ihr Gutachten abgegeben haben, wovor sie Gott Mer-
kurius alle zu salarirtcn Mitgliedern der Academie, und die es schon sind, zu
Besitzern einer Achardschen Runkelzuckerfabrik machen möge.

Also, Freund, packen Sie Ihren Koffer immer für unser Weimar, wo vieles
wenigstens erträglich ist. Ich habe schon große Pläne, künftigen Sommer recht
mobil zu sein. Da wandeln wir alle Woche einmal zu Vater Wieland, den
ich gestern noch sehr munter antraf, und auch von Ihnen erzählen mußte, was
ich nur aufbringen konnte, bald zu dem wackern Mounier, der jetzt eine höchst


Bürger Reinhard in Florenz bleiben? Dem braven D. Ersch meinen Hände¬
druck. Es soll ihm od lniliwm Lvrussum a käme servawm in der Haupt-
wache am Brandenburger Thor, wo oben der König der Stadt die xostorior^
zukehrt, eine Statue in Lebensgröße errichtet werden. Von Klopstock, dem mir
heiligen Freund, sagen Sie mir ja etwas. Ist sein Bild von Hickel schon in
Kupfer gestochen und ist es ähnlich?


Herders grüßen herzlich, meine Frau schließt sich an. Böttiger. Unwandelbar treu ihr
2..

Weimar, 4. März 1799.

Wie viel mir Ihr Brief Freude macht, beweise Ihnen die schnelle Ant¬
wort mit umgehender Post. — Mir ist bange, daß Sie von unserm Weimar
eine schiefe Vorstellung durch albernes Geschwätz von Ununterrichteten erhalten
haben. Nun, kommen Sie immer zu uns zurück. Wir sind ganz die Alten
und niemand hat auch nur ein Jota an unserer maxna ekg.rr.g. zu denken und
zu schreiben, was wir selbst zu verantworten gedenken, geschmälert. Wer bat
Ihnen denn gesagt, daß Fichte von hier aus verfolgt worden sei? Unser Her¬
zog hat die ganze Sache vom ersten Augenblick an aus dem richtigen Gesichts¬
punkt angesehen, und dabei gebührt Goethe» das Lob, daß er muthig und ver¬
ständig für die Lehrfreiheit der Jenaischen Professoren gesprochen hat, als nicht
alle so wie der Herzog dachten. Ich werde Ihnen einst interessante Anecdoten
darüber erzähle» können. Daß man Fickten eine Verantwortung abforderle,
geschah theils aus billiger Schonung gegen politische Verhältnisse gegen Cchur-
sachsen, die unser Herzog jetzt am wenigsten aufgeben darf, theils um Fichte
selbst nur mehr Spielraum zu geben. Dieß ist auch vollkommen erreicht worden.
Fichte hat eine trefflich ausgearbeitete Vertheidigung auf 20 Bogen dem
Lonsiliv ^eg-elömieo eingereicht, und wird diese dann mit Bewilligung des
hiesigen Hofes drucken lassen. Sie hat Hände und Füße, und wird die
Schriftstelleirechte mit furchtbarer Consequenz geltend machen. Da begreifen
Sie nun wohl, daß Fichte kein Härchen gekrümmt wird. Und dieß ist früher
beschlossen und hier abgemacht gewesen, als die ehrwürdigen, braven Männer
im Berliner Konsistorium ihr Gutachten abgegeben haben, wovor sie Gott Mer-
kurius alle zu salarirtcn Mitgliedern der Academie, und die es schon sind, zu
Besitzern einer Achardschen Runkelzuckerfabrik machen möge.

Also, Freund, packen Sie Ihren Koffer immer für unser Weimar, wo vieles
wenigstens erträglich ist. Ich habe schon große Pläne, künftigen Sommer recht
mobil zu sein. Da wandeln wir alle Woche einmal zu Vater Wieland, den
ich gestern noch sehr munter antraf, und auch von Ihnen erzählen mußte, was
ich nur aufbringen konnte, bald zu dem wackern Mounier, der jetzt eine höchst


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[0439] Bürger Reinhard in Florenz bleiben? Dem braven D. Ersch meinen Hände¬ druck. Es soll ihm od lniliwm Lvrussum a käme servawm in der Haupt- wache am Brandenburger Thor, wo oben der König der Stadt die xostorior^ zukehrt, eine Statue in Lebensgröße errichtet werden. Von Klopstock, dem mir heiligen Freund, sagen Sie mir ja etwas. Ist sein Bild von Hickel schon in Kupfer gestochen und ist es ähnlich? Herders grüßen herzlich, meine Frau schließt sich an. Böttiger. Unwandelbar treu ihr 2.. Weimar, 4. März 1799. Wie viel mir Ihr Brief Freude macht, beweise Ihnen die schnelle Ant¬ wort mit umgehender Post. — Mir ist bange, daß Sie von unserm Weimar eine schiefe Vorstellung durch albernes Geschwätz von Ununterrichteten erhalten haben. Nun, kommen Sie immer zu uns zurück. Wir sind ganz die Alten und niemand hat auch nur ein Jota an unserer maxna ekg.rr.g. zu denken und zu schreiben, was wir selbst zu verantworten gedenken, geschmälert. Wer bat Ihnen denn gesagt, daß Fichte von hier aus verfolgt worden sei? Unser Her¬ zog hat die ganze Sache vom ersten Augenblick an aus dem richtigen Gesichts¬ punkt angesehen, und dabei gebührt Goethe» das Lob, daß er muthig und ver¬ ständig für die Lehrfreiheit der Jenaischen Professoren gesprochen hat, als nicht alle so wie der Herzog dachten. Ich werde Ihnen einst interessante Anecdoten darüber erzähle» können. Daß man Fickten eine Verantwortung abforderle, geschah theils aus billiger Schonung gegen politische Verhältnisse gegen Cchur- sachsen, die unser Herzog jetzt am wenigsten aufgeben darf, theils um Fichte selbst nur mehr Spielraum zu geben. Dieß ist auch vollkommen erreicht worden. Fichte hat eine trefflich ausgearbeitete Vertheidigung auf 20 Bogen dem Lonsiliv ^eg-elömieo eingereicht, und wird diese dann mit Bewilligung des hiesigen Hofes drucken lassen. Sie hat Hände und Füße, und wird die Schriftstelleirechte mit furchtbarer Consequenz geltend machen. Da begreifen Sie nun wohl, daß Fichte kein Härchen gekrümmt wird. Und dieß ist früher beschlossen und hier abgemacht gewesen, als die ehrwürdigen, braven Männer im Berliner Konsistorium ihr Gutachten abgegeben haben, wovor sie Gott Mer- kurius alle zu salarirtcn Mitgliedern der Academie, und die es schon sind, zu Besitzern einer Achardschen Runkelzuckerfabrik machen möge. Also, Freund, packen Sie Ihren Koffer immer für unser Weimar, wo vieles wenigstens erträglich ist. Ich habe schon große Pläne, künftigen Sommer recht mobil zu sein. Da wandeln wir alle Woche einmal zu Vater Wieland, den ich gestern noch sehr munter antraf, und auch von Ihnen erzählen mußte, was ich nur aufbringen konnte, bald zu dem wackern Mounier, der jetzt eine höchst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/439>, abgerufen am 08.05.2024.