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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Ausforderung für Ferdinand Freiligrath.

Für Ferdinand Freiligrath, für den edlen Dichter eines großen
Volkes, eitönt unser Ruf. .
' - ' - ' , ' ^ i.j.i-Z^ ZU

^ Sein Lebenslauf ist kein froher und sorgenfreier gewesen. Nach den Jahren
der Bewegung, die auch ihn aus dem Stillleben herausrissen, die seinen regen
Geist mächtig erfaßten, war er gezwungen, das Brod der Verbannung zu essend
Ein die!arcs Loos für einen deutsä en Dichter! Auf englischem Boden gelandet,
belastet mit der Sorge um eine zahlreiche Familie, begann sein Kampf um die
Existenz. Er hat ihn tapfer durchgeführt. Indem er sich seinem Berufe, seinen
Pflichten gegen Weib und Kind ausschließlich widmen mußte, lehnte er seine
Leyer un die Seite und nur selten noch entlockte er ihr Töne, die dann aber
hinüberklangeu über den Kanal und Wiederhall fanden im deutschen Lande.

Das Ziel, nach dem er unter angestrengter Arbeit strebte, hat er nicht, .er¬
reicht. Nach fast zwanzigjährigen Mühen und Sorgen auf fremder Erde, arn
Abend seines Lebens stehend, schaut er in eine ungewisse, unsichere Zukunft.

Da wenden wir . uns an die deutsche Nation. Ihre Pflicht ist es, dem
ergrauten Dichter die Lebenssorgen zu erleichtern und ihm dadurch den Dank
und die Anerkennung seines Vaterlandes darzubringen.

Die Unterzeichneten, persönliche Freunde des Dichters aus dem Wupper-
thal. in welchem er einige Jahre seines Lebens verbrachte, sind zunächst.zu¬
sammengetreten, um die Initiative zu einem Nationalgcschenk für Frei¬
ligrath zu ergreifen. Sie fordern die Freunde und Verehrer des Dichters auf.
in allen Städten Svecialcomit6s zu gleichem Zwecke zu bilden, oder sich dem
hiesigen Comuü anzuschließen. Zugleich ersuchen wir alle Zeitungsredac.livrer
um gütigen Abdruck dieses Ausrufs und um Entgegennahme von Beiträgen.

Wir hoffen somit in den Stand gesetzt zu werden, dem verdienten Manne
zu seinem Geburtstage im Sommer oder spätestens zu Weihnachten einen an¬
sehnlichen Fond übcrgeb-n zu können -- im Auftrage der Geber und im
Namen des deutschen Volkes.


F. A. Boelling. Ludwig Elbers. Ernst von Eynern.
Reinh. Neuhaus. Emil Nittershaus. Ed.Schink.
Karl Sievcl.


Verantwortlicher Redacteur: Gustav Freytag.
Bcrlag von F. L. Hcrbig. -- Druck von Hiithcl Segler in Leipzig.
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Ausforderung für Ferdinand Freiligrath.

Für Ferdinand Freiligrath, für den edlen Dichter eines großen
Volkes, eitönt unser Ruf. .
' - ' - ' , ' ^ i.j.i-Z^ ZU

^ Sein Lebenslauf ist kein froher und sorgenfreier gewesen. Nach den Jahren
der Bewegung, die auch ihn aus dem Stillleben herausrissen, die seinen regen
Geist mächtig erfaßten, war er gezwungen, das Brod der Verbannung zu essend
Ein die!arcs Loos für einen deutsä en Dichter! Auf englischem Boden gelandet,
belastet mit der Sorge um eine zahlreiche Familie, begann sein Kampf um die
Existenz. Er hat ihn tapfer durchgeführt. Indem er sich seinem Berufe, seinen
Pflichten gegen Weib und Kind ausschließlich widmen mußte, lehnte er seine
Leyer un die Seite und nur selten noch entlockte er ihr Töne, die dann aber
hinüberklangeu über den Kanal und Wiederhall fanden im deutschen Lande.

Das Ziel, nach dem er unter angestrengter Arbeit strebte, hat er nicht, .er¬
reicht. Nach fast zwanzigjährigen Mühen und Sorgen auf fremder Erde, arn
Abend seines Lebens stehend, schaut er in eine ungewisse, unsichere Zukunft.

Da wenden wir . uns an die deutsche Nation. Ihre Pflicht ist es, dem
ergrauten Dichter die Lebenssorgen zu erleichtern und ihm dadurch den Dank
und die Anerkennung seines Vaterlandes darzubringen.

Die Unterzeichneten, persönliche Freunde des Dichters aus dem Wupper-
thal. in welchem er einige Jahre seines Lebens verbrachte, sind zunächst.zu¬
sammengetreten, um die Initiative zu einem Nationalgcschenk für Frei¬
ligrath zu ergreifen. Sie fordern die Freunde und Verehrer des Dichters auf.
in allen Städten Svecialcomit6s zu gleichem Zwecke zu bilden, oder sich dem
hiesigen Comuü anzuschließen. Zugleich ersuchen wir alle Zeitungsredac.livrer
um gütigen Abdruck dieses Ausrufs und um Entgegennahme von Beiträgen.

Wir hoffen somit in den Stand gesetzt zu werden, dem verdienten Manne
zu seinem Geburtstage im Sommer oder spätestens zu Weihnachten einen an¬
sehnlichen Fond übcrgeb-n zu können — im Auftrage der Geber und im
Namen des deutschen Volkes.


F. A. Boelling. Ludwig Elbers. Ernst von Eynern.
Reinh. Neuhaus. Emil Nittershaus. Ed.Schink.
Karl Sievcl.


Verantwortlicher Redacteur: Gustav Freytag.
Bcrlag von F. L. Hcrbig. — Druck von Hiithcl Segler in Leipzig.
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[0324] . Ausforderung für Ferdinand Freiligrath. Für Ferdinand Freiligrath, für den edlen Dichter eines großen Volkes, eitönt unser Ruf. . ' - ' - ' , ' ^ i.j.i-Z^ ZU ^ Sein Lebenslauf ist kein froher und sorgenfreier gewesen. Nach den Jahren der Bewegung, die auch ihn aus dem Stillleben herausrissen, die seinen regen Geist mächtig erfaßten, war er gezwungen, das Brod der Verbannung zu essend Ein die!arcs Loos für einen deutsä en Dichter! Auf englischem Boden gelandet, belastet mit der Sorge um eine zahlreiche Familie, begann sein Kampf um die Existenz. Er hat ihn tapfer durchgeführt. Indem er sich seinem Berufe, seinen Pflichten gegen Weib und Kind ausschließlich widmen mußte, lehnte er seine Leyer un die Seite und nur selten noch entlockte er ihr Töne, die dann aber hinüberklangeu über den Kanal und Wiederhall fanden im deutschen Lande. Das Ziel, nach dem er unter angestrengter Arbeit strebte, hat er nicht, .er¬ reicht. Nach fast zwanzigjährigen Mühen und Sorgen auf fremder Erde, arn Abend seines Lebens stehend, schaut er in eine ungewisse, unsichere Zukunft. Da wenden wir . uns an die deutsche Nation. Ihre Pflicht ist es, dem ergrauten Dichter die Lebenssorgen zu erleichtern und ihm dadurch den Dank und die Anerkennung seines Vaterlandes darzubringen. Die Unterzeichneten, persönliche Freunde des Dichters aus dem Wupper- thal. in welchem er einige Jahre seines Lebens verbrachte, sind zunächst.zu¬ sammengetreten, um die Initiative zu einem Nationalgcschenk für Frei¬ ligrath zu ergreifen. Sie fordern die Freunde und Verehrer des Dichters auf. in allen Städten Svecialcomit6s zu gleichem Zwecke zu bilden, oder sich dem hiesigen Comuü anzuschließen. Zugleich ersuchen wir alle Zeitungsredac.livrer um gütigen Abdruck dieses Ausrufs und um Entgegennahme von Beiträgen. Wir hoffen somit in den Stand gesetzt zu werden, dem verdienten Manne zu seinem Geburtstage im Sommer oder spätestens zu Weihnachten einen an¬ sehnlichen Fond übcrgeb-n zu können — im Auftrage der Geber und im Namen des deutschen Volkes. F. A. Boelling. Ludwig Elbers. Ernst von Eynern. Reinh. Neuhaus. Emil Nittershaus. Ed.Schink. Karl Sievcl. Verantwortlicher Redacteur: Gustav Freytag. Bcrlag von F. L. Hcrbig. — Druck von Hiithcl Segler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/324>, abgerufen am 05.05.2024.