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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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den die stets bereit gehaltene Glocke im Flusse der Rede hemmt, und die hei¬
tere Sicherheit Simsons an die eiserne Ordnung des Tages erinnert; dreifach
wehe aber dem. dessen Platten Gemeinplätzen die Ungeduld des Hauses entge¬
gentritt. Denn in unendlicher Heiterkeit erstickt fortan seine Stimme, wenn
der Präsident sich väterlich von seinem hohen Sitze über ihn herabbeugt, ihn
symbolisch umrahmt mit der Rechten, welche das metallne Ordnungsorgan um¬
faßt und ihm vertraulich zuruft: "Lassen Sie sich nicht stören!" oder wenn er
dem Hause zuruft: "Der Redner hat seine Gedanken für sich, widerlegen Sie
ihn nachher!" --

Häufig genannt und besprochen sind Simsons Parteigenossen aus der alt¬
liberalen Fraction des preußischen Abgeordnetenhauses, Graf Schwerin und
Generalmajor a. D. Stavenhagen. Von beiden mag daher nur so viel
hier erwähnt sein, daß sie jetzt eifrige Nationalliberale, selten fehlen sollen in
der Fraction. In allen militärischen Fragen gilt Stavenhagen bei der Rechten
und Linken als trefflicher Sachkenner. Er ist in dieser Session Vorsitzender
der Commission gewesen, die das Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegs¬
dienste berieth. Gras Schwerin dagegen hat mit seiner ehrlichen warmen Ueber¬
zeugung auch in dieser Session häufig in zweifelhaften Fragen das richtige Wort
gesprochen.




Vermischte Literatur.
Die antiken Bildwerke des Lcitcrancnfischen Museum". Beschrieben von
Otto Benndorf und Richard Schöne. Mit vierundzwanzig photolithogra¬
phischen Tafeln. Leipzig, Breitkopf und Härtel. 1867.

Vor wenigen Monaten wurde in dieser Zeitschrift in kurzem Abriß das Leben
und die Wirksamkeit eines der hervorragendsten Meister der classischen Archäologie
geschildert und als ein Hauptverdienst des entschlafenen E. Gerhard seine Mitarbeit
an der Gründung des römischen archäologischen Instituts bezeichnet. Es ist be¬
kannt, welchen erfreulichen Aufschwung dieses vorzügliche wissenschaftliche Institut
genommen hat, und insbesondre in der Leitung von Ausgrabungen, Publication
ncugcfundcner Denkmäler und in wissenschaftlicher Bearbeitung des bereits vorhandenen
Monumentcnschatzcs hat dasselbe den erfolgreichsten Einfluß auf die Weiterentwicke-
lung der archäologischen Wissenschaft ausgeübt.

In dem Kreise des römischen Instituts ist auch das vorliegende Werk ent¬
standen, verfaßt von zwei Archäologen, welche in jeder Weise trefflich ausgerüstet für
ihre Aufgabe erscheinen. Es ist ein raisonnircndcr Catalog der erst in den letzten
Jahrzehnten zu Rom entstandenen Antikensammlung des Lateran, welche vorzüglich
reich an Grabmonumenten ist, bei denen das sachwissenschaftlichc Interesse überwiegt,
welche aber auch Kunstwerke ersten Ranges enthält die, wie die berühmte Sophokles-


den die stets bereit gehaltene Glocke im Flusse der Rede hemmt, und die hei¬
tere Sicherheit Simsons an die eiserne Ordnung des Tages erinnert; dreifach
wehe aber dem. dessen Platten Gemeinplätzen die Ungeduld des Hauses entge¬
gentritt. Denn in unendlicher Heiterkeit erstickt fortan seine Stimme, wenn
der Präsident sich väterlich von seinem hohen Sitze über ihn herabbeugt, ihn
symbolisch umrahmt mit der Rechten, welche das metallne Ordnungsorgan um¬
faßt und ihm vertraulich zuruft: „Lassen Sie sich nicht stören!" oder wenn er
dem Hause zuruft: „Der Redner hat seine Gedanken für sich, widerlegen Sie
ihn nachher!" —

Häufig genannt und besprochen sind Simsons Parteigenossen aus der alt¬
liberalen Fraction des preußischen Abgeordnetenhauses, Graf Schwerin und
Generalmajor a. D. Stavenhagen. Von beiden mag daher nur so viel
hier erwähnt sein, daß sie jetzt eifrige Nationalliberale, selten fehlen sollen in
der Fraction. In allen militärischen Fragen gilt Stavenhagen bei der Rechten
und Linken als trefflicher Sachkenner. Er ist in dieser Session Vorsitzender
der Commission gewesen, die das Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegs¬
dienste berieth. Gras Schwerin dagegen hat mit seiner ehrlichen warmen Ueber¬
zeugung auch in dieser Session häufig in zweifelhaften Fragen das richtige Wort
gesprochen.




Vermischte Literatur.
Die antiken Bildwerke des Lcitcrancnfischen Museum«. Beschrieben von
Otto Benndorf und Richard Schöne. Mit vierundzwanzig photolithogra¬
phischen Tafeln. Leipzig, Breitkopf und Härtel. 1867.

Vor wenigen Monaten wurde in dieser Zeitschrift in kurzem Abriß das Leben
und die Wirksamkeit eines der hervorragendsten Meister der classischen Archäologie
geschildert und als ein Hauptverdienst des entschlafenen E. Gerhard seine Mitarbeit
an der Gründung des römischen archäologischen Instituts bezeichnet. Es ist be¬
kannt, welchen erfreulichen Aufschwung dieses vorzügliche wissenschaftliche Institut
genommen hat, und insbesondre in der Leitung von Ausgrabungen, Publication
ncugcfundcner Denkmäler und in wissenschaftlicher Bearbeitung des bereits vorhandenen
Monumentcnschatzcs hat dasselbe den erfolgreichsten Einfluß auf die Weiterentwicke-
lung der archäologischen Wissenschaft ausgeübt.

In dem Kreise des römischen Instituts ist auch das vorliegende Werk ent¬
standen, verfaßt von zwei Archäologen, welche in jeder Weise trefflich ausgerüstet für
ihre Aufgabe erscheinen. Es ist ein raisonnircndcr Catalog der erst in den letzten
Jahrzehnten zu Rom entstandenen Antikensammlung des Lateran, welche vorzüglich
reich an Grabmonumenten ist, bei denen das sachwissenschaftlichc Interesse überwiegt,
welche aber auch Kunstwerke ersten Ranges enthält die, wie die berühmte Sophokles-


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[0244] den die stets bereit gehaltene Glocke im Flusse der Rede hemmt, und die hei¬ tere Sicherheit Simsons an die eiserne Ordnung des Tages erinnert; dreifach wehe aber dem. dessen Platten Gemeinplätzen die Ungeduld des Hauses entge¬ gentritt. Denn in unendlicher Heiterkeit erstickt fortan seine Stimme, wenn der Präsident sich väterlich von seinem hohen Sitze über ihn herabbeugt, ihn symbolisch umrahmt mit der Rechten, welche das metallne Ordnungsorgan um¬ faßt und ihm vertraulich zuruft: „Lassen Sie sich nicht stören!" oder wenn er dem Hause zuruft: „Der Redner hat seine Gedanken für sich, widerlegen Sie ihn nachher!" — Häufig genannt und besprochen sind Simsons Parteigenossen aus der alt¬ liberalen Fraction des preußischen Abgeordnetenhauses, Graf Schwerin und Generalmajor a. D. Stavenhagen. Von beiden mag daher nur so viel hier erwähnt sein, daß sie jetzt eifrige Nationalliberale, selten fehlen sollen in der Fraction. In allen militärischen Fragen gilt Stavenhagen bei der Rechten und Linken als trefflicher Sachkenner. Er ist in dieser Session Vorsitzender der Commission gewesen, die das Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegs¬ dienste berieth. Gras Schwerin dagegen hat mit seiner ehrlichen warmen Ueber¬ zeugung auch in dieser Session häufig in zweifelhaften Fragen das richtige Wort gesprochen. Vermischte Literatur. Die antiken Bildwerke des Lcitcrancnfischen Museum«. Beschrieben von Otto Benndorf und Richard Schöne. Mit vierundzwanzig photolithogra¬ phischen Tafeln. Leipzig, Breitkopf und Härtel. 1867. Vor wenigen Monaten wurde in dieser Zeitschrift in kurzem Abriß das Leben und die Wirksamkeit eines der hervorragendsten Meister der classischen Archäologie geschildert und als ein Hauptverdienst des entschlafenen E. Gerhard seine Mitarbeit an der Gründung des römischen archäologischen Instituts bezeichnet. Es ist be¬ kannt, welchen erfreulichen Aufschwung dieses vorzügliche wissenschaftliche Institut genommen hat, und insbesondre in der Leitung von Ausgrabungen, Publication ncugcfundcner Denkmäler und in wissenschaftlicher Bearbeitung des bereits vorhandenen Monumentcnschatzcs hat dasselbe den erfolgreichsten Einfluß auf die Weiterentwicke- lung der archäologischen Wissenschaft ausgeübt. In dem Kreise des römischen Instituts ist auch das vorliegende Werk ent¬ standen, verfaßt von zwei Archäologen, welche in jeder Weise trefflich ausgerüstet für ihre Aufgabe erscheinen. Es ist ein raisonnircndcr Catalog der erst in den letzten Jahrzehnten zu Rom entstandenen Antikensammlung des Lateran, welche vorzüglich reich an Grabmonumenten ist, bei denen das sachwissenschaftlichc Interesse überwiegt, welche aber auch Kunstwerke ersten Ranges enthält die, wie die berühmte Sophokles-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/244>, abgerufen am 25.04.2024.