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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Franz BopP.

Wiederum ist einer jener großen Gelehrten abgeschieden, deren erstes Auf¬
treten mit dem Aufschwünge der deutschen Nation im zweiten Jahrzehnt unseres
Jahrhunderts zusammenfällt, deren dauernde Vereinigung Berlin so lange Zeit
zu einem unübertroffenen Mittelpunkt vielseitigster Wissenschaft machte. Der
Name Franz Vopp ist in weiteren Kreisen weniger bekannt als mancher
andere von gutem Klänge; ja, bevor im Mai des vorigen Jahres sich von
allen Enden der Welt Schüler und Verehrer des großen Sprachforschers ver¬
einigten , um das fünfzigjährige Jubiläum seiner Autorschaft durch eine seiner
würdige Stiftung, durch die auch von Leipzig aus reichlich geförderte Bopp-
stiftung zu begehen, ist dieser Name in Blättern von nicht streng gelehrtem
Charakter überhaupt nur selten genannt. Und doch ist ihm in den Jahrbüchern
der Wissenschaft der ehrenvollste Platz gesichert.

Franz Bopp, geboren zu Mainz im Jahre 1791, empfing in seiner Ju-
gend wesentliche Anregungen von Seiten der Schule, die wir die romantische
zu nennen Pflegen. Die Männer dieser Richtung suchten bekanntlich, in einem
"Missen Gegensatz gegen die klare Regel des Classischen und gegen die Herr-
schenden Maximen der sogenannten Aufklärung, zu Anfang dieses Jahrhun¬
derts die Befriedigung ihres mehr aus das Geheimniß- und Gemüthvolle ge¬
richteten Strebens im Orient und in den Literaturen, welche die neueren Völker
in ihrer Jugendperiode entwickelten. Eben damals war die Kunde von jener
merkwürdigen Sprache nach Deutschland gedrungen, welche, wie ein englischer
Gelehrter.' William Jones, bemerkt halte, vollkommener sei als die griechische,
reicher als die lateinische, feiner als beide. Und diese Sprache verhüllte eine
reiche Literatur, deren wenige schon bekannt gewordene Proben zu weiteren
Studium reizten, während in den Bibliotheken von Paris und London noch
unermeßliche Schätze dessen harrten, der sie zu heben verstand. Niemand war
dafür eifriger als der jugendliche Bopp. Von der bayrischen Regierung unter-
stützt ging er, 21 Jahr alt, nach Paris, und wenige Jahre darauf traten die


Grenzboten IV- 1867. ^
Franz BopP.

Wiederum ist einer jener großen Gelehrten abgeschieden, deren erstes Auf¬
treten mit dem Aufschwünge der deutschen Nation im zweiten Jahrzehnt unseres
Jahrhunderts zusammenfällt, deren dauernde Vereinigung Berlin so lange Zeit
zu einem unübertroffenen Mittelpunkt vielseitigster Wissenschaft machte. Der
Name Franz Vopp ist in weiteren Kreisen weniger bekannt als mancher
andere von gutem Klänge; ja, bevor im Mai des vorigen Jahres sich von
allen Enden der Welt Schüler und Verehrer des großen Sprachforschers ver¬
einigten , um das fünfzigjährige Jubiläum seiner Autorschaft durch eine seiner
würdige Stiftung, durch die auch von Leipzig aus reichlich geförderte Bopp-
stiftung zu begehen, ist dieser Name in Blättern von nicht streng gelehrtem
Charakter überhaupt nur selten genannt. Und doch ist ihm in den Jahrbüchern
der Wissenschaft der ehrenvollste Platz gesichert.

Franz Bopp, geboren zu Mainz im Jahre 1791, empfing in seiner Ju-
gend wesentliche Anregungen von Seiten der Schule, die wir die romantische
zu nennen Pflegen. Die Männer dieser Richtung suchten bekanntlich, in einem
«Missen Gegensatz gegen die klare Regel des Classischen und gegen die Herr-
schenden Maximen der sogenannten Aufklärung, zu Anfang dieses Jahrhun¬
derts die Befriedigung ihres mehr aus das Geheimniß- und Gemüthvolle ge¬
richteten Strebens im Orient und in den Literaturen, welche die neueren Völker
in ihrer Jugendperiode entwickelten. Eben damals war die Kunde von jener
merkwürdigen Sprache nach Deutschland gedrungen, welche, wie ein englischer
Gelehrter.' William Jones, bemerkt halte, vollkommener sei als die griechische,
reicher als die lateinische, feiner als beide. Und diese Sprache verhüllte eine
reiche Literatur, deren wenige schon bekannt gewordene Proben zu weiteren
Studium reizten, während in den Bibliotheken von Paris und London noch
unermeßliche Schätze dessen harrten, der sie zu heben verstand. Niemand war
dafür eifriger als der jugendliche Bopp. Von der bayrischen Regierung unter-
stützt ging er, 21 Jahr alt, nach Paris, und wenige Jahre darauf traten die


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[0289] Franz BopP. Wiederum ist einer jener großen Gelehrten abgeschieden, deren erstes Auf¬ treten mit dem Aufschwünge der deutschen Nation im zweiten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts zusammenfällt, deren dauernde Vereinigung Berlin so lange Zeit zu einem unübertroffenen Mittelpunkt vielseitigster Wissenschaft machte. Der Name Franz Vopp ist in weiteren Kreisen weniger bekannt als mancher andere von gutem Klänge; ja, bevor im Mai des vorigen Jahres sich von allen Enden der Welt Schüler und Verehrer des großen Sprachforschers ver¬ einigten , um das fünfzigjährige Jubiläum seiner Autorschaft durch eine seiner würdige Stiftung, durch die auch von Leipzig aus reichlich geförderte Bopp- stiftung zu begehen, ist dieser Name in Blättern von nicht streng gelehrtem Charakter überhaupt nur selten genannt. Und doch ist ihm in den Jahrbüchern der Wissenschaft der ehrenvollste Platz gesichert. Franz Bopp, geboren zu Mainz im Jahre 1791, empfing in seiner Ju- gend wesentliche Anregungen von Seiten der Schule, die wir die romantische zu nennen Pflegen. Die Männer dieser Richtung suchten bekanntlich, in einem «Missen Gegensatz gegen die klare Regel des Classischen und gegen die Herr- schenden Maximen der sogenannten Aufklärung, zu Anfang dieses Jahrhun¬ derts die Befriedigung ihres mehr aus das Geheimniß- und Gemüthvolle ge¬ richteten Strebens im Orient und in den Literaturen, welche die neueren Völker in ihrer Jugendperiode entwickelten. Eben damals war die Kunde von jener merkwürdigen Sprache nach Deutschland gedrungen, welche, wie ein englischer Gelehrter.' William Jones, bemerkt halte, vollkommener sei als die griechische, reicher als die lateinische, feiner als beide. Und diese Sprache verhüllte eine reiche Literatur, deren wenige schon bekannt gewordene Proben zu weiteren Studium reizten, während in den Bibliotheken von Paris und London noch unermeßliche Schätze dessen harrten, der sie zu heben verstand. Niemand war dafür eifriger als der jugendliche Bopp. Von der bayrischen Regierung unter- stützt ging er, 21 Jahr alt, nach Paris, und wenige Jahre darauf traten die Grenzboten IV- 1867. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/289>, abgerufen am 19.04.2024.