Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

növrirfähigkeit (Lenkbarkeit, die auf den geringe" Dimensionen beruht) und so
geringem Preise zu bauen und dasselbe dabei doch so stark zu panzern wie die
große Mehrzahl der englischen und französische Panzerschiffe, diese Aufgabe ist
vom Erbauer des "Arminius" wirtlich meisterhaft gelöst worden. -- Das harte
Urtheil, das die öffentliche Mnnung im Anfang hören ließ, beruhte theils auf
einer kleinen Rivalität der Handelsmarine, und besonders der hanseatischen
gegenüber der preußischen, theils auf Opposition gegen die preußischen Wchr-
einrichlungen überhaupt; es ist seitdem durch die Thatsachen völlig ins Gegen¬
theil verwandelt worden.




"So groß ist unser Unglück, daß wir selbst den Glauben an Hilfe eine
Thorheit nennen; so kläglich unsere Zersplitterung, daß wir selbst das Bedürf¬
niß der Einigung nicht mehr empfinden; so absolut unsere Nichtigkeit, daß wir
uns unserer Schwäche freuen können; so tief unsere Entwürdigung, daß wir
Mit unserer Schande prahlen; so heillos unsere Verblendung, daß wir die rettende
Hand, die man uns bietet, mit Haß und Widerwillen von uns stoßen."

"Ich behaupte, daß weniger die Fürsten als die Völker Deutschlands das
große Hinderniß seiner Vereinigung bleiben werden."

"Und leider ist ja doch der Freiheitssinn der Deutschen nur noch darin
sichtbar, daß sie nirgends mehr zusammenhalten, keiner sich in andere schicken
will. Bei der geringsten Kränkung eines falschen Ehrgefühls durch Seinesglei-
chen ist der Deutsche gleich entschlossen, jedes Band der Vereinigung mit Stam¬
mes- und Volksgenossen aufzulösen; sobald nicht alles nach seinem Sinn geht
°der seine Eitelkeit und Eigenliebe nicht ihre Rechnung findet, zieht er sich auf
sich selbst zurück oder wirst sich durch einen Verrätherischen Bund mit Fremden
der offenbaren Schande in die Arme."

Paul Pfizer kannte seine Schwaben. Vor 36 Jahren sind diese seine Sätze
geschrieben. Aber sie könnten heute geschrieben sein. Dieselben Wahrnehmun¬
gen hätte der machen können, der den Debatten der würtembergischen Abge¬
ordnetenkammer über die Allianz- und die Zvllvereinsverträge beiwohnte.

Der Ausgang ist ein den Verträgen günstiger gewesen; es ist die Schmach


növrirfähigkeit (Lenkbarkeit, die auf den geringe» Dimensionen beruht) und so
geringem Preise zu bauen und dasselbe dabei doch so stark zu panzern wie die
große Mehrzahl der englischen und französische Panzerschiffe, diese Aufgabe ist
vom Erbauer des „Arminius" wirtlich meisterhaft gelöst worden. — Das harte
Urtheil, das die öffentliche Mnnung im Anfang hören ließ, beruhte theils auf
einer kleinen Rivalität der Handelsmarine, und besonders der hanseatischen
gegenüber der preußischen, theils auf Opposition gegen die preußischen Wchr-
einrichlungen überhaupt; es ist seitdem durch die Thatsachen völlig ins Gegen¬
theil verwandelt worden.




„So groß ist unser Unglück, daß wir selbst den Glauben an Hilfe eine
Thorheit nennen; so kläglich unsere Zersplitterung, daß wir selbst das Bedürf¬
niß der Einigung nicht mehr empfinden; so absolut unsere Nichtigkeit, daß wir
uns unserer Schwäche freuen können; so tief unsere Entwürdigung, daß wir
Mit unserer Schande prahlen; so heillos unsere Verblendung, daß wir die rettende
Hand, die man uns bietet, mit Haß und Widerwillen von uns stoßen."

„Ich behaupte, daß weniger die Fürsten als die Völker Deutschlands das
große Hinderniß seiner Vereinigung bleiben werden."

„Und leider ist ja doch der Freiheitssinn der Deutschen nur noch darin
sichtbar, daß sie nirgends mehr zusammenhalten, keiner sich in andere schicken
will. Bei der geringsten Kränkung eines falschen Ehrgefühls durch Seinesglei-
chen ist der Deutsche gleich entschlossen, jedes Band der Vereinigung mit Stam¬
mes- und Volksgenossen aufzulösen; sobald nicht alles nach seinem Sinn geht
°der seine Eitelkeit und Eigenliebe nicht ihre Rechnung findet, zieht er sich auf
sich selbst zurück oder wirst sich durch einen Verrätherischen Bund mit Fremden
der offenbaren Schande in die Arme."

Paul Pfizer kannte seine Schwaben. Vor 36 Jahren sind diese seine Sätze
geschrieben. Aber sie könnten heute geschrieben sein. Dieselben Wahrnehmun¬
gen hätte der machen können, der den Debatten der würtembergischen Abge¬
ordnetenkammer über die Allianz- und die Zvllvereinsverträge beiwohnte.

Der Ausgang ist ein den Verträgen günstiger gewesen; es ist die Schmach


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0311" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192072"/>
            <p xml:id="ID_851" prev="#ID_850"> növrirfähigkeit (Lenkbarkeit, die auf den geringe» Dimensionen beruht) und so<lb/>
geringem Preise zu bauen und dasselbe dabei doch so stark zu panzern wie die<lb/>
große Mehrzahl der englischen und französische Panzerschiffe, diese Aufgabe ist<lb/>
vom Erbauer des &#x201E;Arminius" wirtlich meisterhaft gelöst worden. &#x2014; Das harte<lb/>
Urtheil, das die öffentliche Mnnung im Anfang hören ließ, beruhte theils auf<lb/>
einer kleinen Rivalität der Handelsmarine, und besonders der hanseatischen<lb/>
gegenüber der preußischen, theils auf Opposition gegen die preußischen Wchr-<lb/>
einrichlungen überhaupt; es ist seitdem durch die Thatsachen völlig ins Gegen¬<lb/>
theil verwandelt worden.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> </head><lb/>
          <p xml:id="ID_852"> &#x201E;So groß ist unser Unglück, daß wir selbst den Glauben an Hilfe eine<lb/>
Thorheit nennen; so kläglich unsere Zersplitterung, daß wir selbst das Bedürf¬<lb/>
niß der Einigung nicht mehr empfinden; so absolut unsere Nichtigkeit, daß wir<lb/>
uns unserer Schwäche freuen können; so tief unsere Entwürdigung, daß wir<lb/>
Mit unserer Schande prahlen; so heillos unsere Verblendung, daß wir die rettende<lb/>
Hand, die man uns bietet, mit Haß und Widerwillen von uns stoßen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_853"> &#x201E;Ich behaupte, daß weniger die Fürsten als die Völker Deutschlands das<lb/>
große Hinderniß seiner Vereinigung bleiben werden."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_854"> &#x201E;Und leider ist ja doch der Freiheitssinn der Deutschen nur noch darin<lb/>
sichtbar, daß sie nirgends mehr zusammenhalten, keiner sich in andere schicken<lb/>
will. Bei der geringsten Kränkung eines falschen Ehrgefühls durch Seinesglei-<lb/>
chen ist der Deutsche gleich entschlossen, jedes Band der Vereinigung mit Stam¬<lb/>
mes- und Volksgenossen aufzulösen; sobald nicht alles nach seinem Sinn geht<lb/>
°der seine Eitelkeit und Eigenliebe nicht ihre Rechnung findet, zieht er sich auf<lb/>
sich selbst zurück oder wirst sich durch einen Verrätherischen Bund mit Fremden<lb/>
der offenbaren Schande in die Arme."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_855"> Paul Pfizer kannte seine Schwaben. Vor 36 Jahren sind diese seine Sätze<lb/>
geschrieben. Aber sie könnten heute geschrieben sein. Dieselben Wahrnehmun¬<lb/>
gen hätte der machen können, der den Debatten der würtembergischen Abge¬<lb/>
ordnetenkammer über die Allianz- und die Zvllvereinsverträge beiwohnte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_856" next="#ID_857"> Der Ausgang ist ein den Verträgen günstiger gewesen; es ist die Schmach</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0311] növrirfähigkeit (Lenkbarkeit, die auf den geringe» Dimensionen beruht) und so geringem Preise zu bauen und dasselbe dabei doch so stark zu panzern wie die große Mehrzahl der englischen und französische Panzerschiffe, diese Aufgabe ist vom Erbauer des „Arminius" wirtlich meisterhaft gelöst worden. — Das harte Urtheil, das die öffentliche Mnnung im Anfang hören ließ, beruhte theils auf einer kleinen Rivalität der Handelsmarine, und besonders der hanseatischen gegenüber der preußischen, theils auf Opposition gegen die preußischen Wchr- einrichlungen überhaupt; es ist seitdem durch die Thatsachen völlig ins Gegen¬ theil verwandelt worden. „So groß ist unser Unglück, daß wir selbst den Glauben an Hilfe eine Thorheit nennen; so kläglich unsere Zersplitterung, daß wir selbst das Bedürf¬ niß der Einigung nicht mehr empfinden; so absolut unsere Nichtigkeit, daß wir uns unserer Schwäche freuen können; so tief unsere Entwürdigung, daß wir Mit unserer Schande prahlen; so heillos unsere Verblendung, daß wir die rettende Hand, die man uns bietet, mit Haß und Widerwillen von uns stoßen." „Ich behaupte, daß weniger die Fürsten als die Völker Deutschlands das große Hinderniß seiner Vereinigung bleiben werden." „Und leider ist ja doch der Freiheitssinn der Deutschen nur noch darin sichtbar, daß sie nirgends mehr zusammenhalten, keiner sich in andere schicken will. Bei der geringsten Kränkung eines falschen Ehrgefühls durch Seinesglei- chen ist der Deutsche gleich entschlossen, jedes Band der Vereinigung mit Stam¬ mes- und Volksgenossen aufzulösen; sobald nicht alles nach seinem Sinn geht °der seine Eitelkeit und Eigenliebe nicht ihre Rechnung findet, zieht er sich auf sich selbst zurück oder wirst sich durch einen Verrätherischen Bund mit Fremden der offenbaren Schande in die Arme." Paul Pfizer kannte seine Schwaben. Vor 36 Jahren sind diese seine Sätze geschrieben. Aber sie könnten heute geschrieben sein. Dieselben Wahrnehmun¬ gen hätte der machen können, der den Debatten der würtembergischen Abge¬ ordnetenkammer über die Allianz- und die Zvllvereinsverträge beiwohnte. Der Ausgang ist ein den Verträgen günstiger gewesen; es ist die Schmach

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/311
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/311>, abgerufen am 25.04.2024.