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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Jordan das erste Lied seiner "Nibelungen" veröffentlichte. Vom xoötg, laureatus
Tennyson erschien in Uebersetzung: "Enoch Arten" und "Bönigs-Idyllen".

Den Schluß sollen außer M. Horns "Für das Haus", einer Sammlung
von Dichtungen für festliche Gelegenheiten, die Namen der neuesten Lyriker
machen, da der Titel der Bücher uns gleichgültig sein kann. Es sind Evers,
Foglar. West, Castendyck. Bcnedix. Harder, Osten-Sacken, Paulus, Streben.
Reuter, Zimmermann, Taubert, Barndt und Ziel. Eine hübsche Anzahl und
gleichzeitig ein Beweis, daß auch heute noch unsere Lyriker gedruckt werden.
Und wollten sie doch seufzen über den Stumpfsinn der Gegenwart, so wünsch¬
ten wir ihnen, daß sie in alten Buchhändercorrespondenzen blättern könnten.
Sie würden finden > daß auch schon damals viel Lyrik zum Verlag angeboten
und zurückgewiesen ward und daß ein Verleger einem hoffnungsvollen Poeten
seine Ergüsse mit den Worten zmücksandte: "Fast auf allen Gedichtsammlungen
ruht im deutschen Buchhandel eine Art von Fluch".




Die römisch-italienische Frage.

Die Ereignisse auf der apenninischen Halbinsel, welche ganz Europa in
jüngster Zeit in alhemloscr Spannung hielten, haben durch Garibaldis Nieder"
läge einen vorläufigen Abschluß gefunden, aber niemand wird sich darüber
täuschen, daß dies nur das Ende einer Phase ist, nach welcher die Frage,
welche der ganzen Verwicklung zu Grunde liegt, sich in vielleicht drohenderer
Gestalt zeigt als zuvor. Suchen wir uns durch einen Ruck- und Vorblick zu
orientiren.

Die Niederwerfung der römischen Republik und die Wiedereinsetzung des
Papstes war ein Wahlmanvver Louis Napoleons, welcher sich dadurch die
Unterstützung des Clerus für den Staatsstreich sicherte; solange die Oestreicher
in den Legationen waren, konnte es als eine Frage des politischen Gleich-
geroichis erscheinen, die französische Besatzung in Rom z'u erhalten, aber schon
auf dem Pariser Kongreß constatirte der Graf Walewsti freiwillig, daß diese
Besatzung eine Situation --rnonrmlo ergebe, und Frankreich nicht nur bereit sei,
seine Truppen zurückzuziehen, sondern den Augenblick lebhaft herbei wünsche,
wo es dies thun könne, ohne die innere Sicherheit des Landes und die Autorität


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Jordan das erste Lied seiner „Nibelungen" veröffentlichte. Vom xoötg, laureatus
Tennyson erschien in Uebersetzung: „Enoch Arten" und „Bönigs-Idyllen".

Den Schluß sollen außer M. Horns „Für das Haus", einer Sammlung
von Dichtungen für festliche Gelegenheiten, die Namen der neuesten Lyriker
machen, da der Titel der Bücher uns gleichgültig sein kann. Es sind Evers,
Foglar. West, Castendyck. Bcnedix. Harder, Osten-Sacken, Paulus, Streben.
Reuter, Zimmermann, Taubert, Barndt und Ziel. Eine hübsche Anzahl und
gleichzeitig ein Beweis, daß auch heute noch unsere Lyriker gedruckt werden.
Und wollten sie doch seufzen über den Stumpfsinn der Gegenwart, so wünsch¬
ten wir ihnen, daß sie in alten Buchhändercorrespondenzen blättern könnten.
Sie würden finden > daß auch schon damals viel Lyrik zum Verlag angeboten
und zurückgewiesen ward und daß ein Verleger einem hoffnungsvollen Poeten
seine Ergüsse mit den Worten zmücksandte: „Fast auf allen Gedichtsammlungen
ruht im deutschen Buchhandel eine Art von Fluch".




Die römisch-italienische Frage.

Die Ereignisse auf der apenninischen Halbinsel, welche ganz Europa in
jüngster Zeit in alhemloscr Spannung hielten, haben durch Garibaldis Nieder«
läge einen vorläufigen Abschluß gefunden, aber niemand wird sich darüber
täuschen, daß dies nur das Ende einer Phase ist, nach welcher die Frage,
welche der ganzen Verwicklung zu Grunde liegt, sich in vielleicht drohenderer
Gestalt zeigt als zuvor. Suchen wir uns durch einen Ruck- und Vorblick zu
orientiren.

Die Niederwerfung der römischen Republik und die Wiedereinsetzung des
Papstes war ein Wahlmanvver Louis Napoleons, welcher sich dadurch die
Unterstützung des Clerus für den Staatsstreich sicherte; solange die Oestreicher
in den Legationen waren, konnte es als eine Frage des politischen Gleich-
geroichis erscheinen, die französische Besatzung in Rom z'u erhalten, aber schon
auf dem Pariser Kongreß constatirte der Graf Walewsti freiwillig, daß diese
Besatzung eine Situation --rnonrmlo ergebe, und Frankreich nicht nur bereit sei,
seine Truppen zurückzuziehen, sondern den Augenblick lebhaft herbei wünsche,
wo es dies thun könne, ohne die innere Sicherheit des Landes und die Autorität


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[0355] Jordan das erste Lied seiner „Nibelungen" veröffentlichte. Vom xoötg, laureatus Tennyson erschien in Uebersetzung: „Enoch Arten" und „Bönigs-Idyllen". Den Schluß sollen außer M. Horns „Für das Haus", einer Sammlung von Dichtungen für festliche Gelegenheiten, die Namen der neuesten Lyriker machen, da der Titel der Bücher uns gleichgültig sein kann. Es sind Evers, Foglar. West, Castendyck. Bcnedix. Harder, Osten-Sacken, Paulus, Streben. Reuter, Zimmermann, Taubert, Barndt und Ziel. Eine hübsche Anzahl und gleichzeitig ein Beweis, daß auch heute noch unsere Lyriker gedruckt werden. Und wollten sie doch seufzen über den Stumpfsinn der Gegenwart, so wünsch¬ ten wir ihnen, daß sie in alten Buchhändercorrespondenzen blättern könnten. Sie würden finden > daß auch schon damals viel Lyrik zum Verlag angeboten und zurückgewiesen ward und daß ein Verleger einem hoffnungsvollen Poeten seine Ergüsse mit den Worten zmücksandte: „Fast auf allen Gedichtsammlungen ruht im deutschen Buchhandel eine Art von Fluch". Die römisch-italienische Frage. Die Ereignisse auf der apenninischen Halbinsel, welche ganz Europa in jüngster Zeit in alhemloscr Spannung hielten, haben durch Garibaldis Nieder« läge einen vorläufigen Abschluß gefunden, aber niemand wird sich darüber täuschen, daß dies nur das Ende einer Phase ist, nach welcher die Frage, welche der ganzen Verwicklung zu Grunde liegt, sich in vielleicht drohenderer Gestalt zeigt als zuvor. Suchen wir uns durch einen Ruck- und Vorblick zu orientiren. Die Niederwerfung der römischen Republik und die Wiedereinsetzung des Papstes war ein Wahlmanvver Louis Napoleons, welcher sich dadurch die Unterstützung des Clerus für den Staatsstreich sicherte; solange die Oestreicher in den Legationen waren, konnte es als eine Frage des politischen Gleich- geroichis erscheinen, die französische Besatzung in Rom z'u erhalten, aber schon auf dem Pariser Kongreß constatirte der Graf Walewsti freiwillig, daß diese Besatzung eine Situation --rnonrmlo ergebe, und Frankreich nicht nur bereit sei, seine Truppen zurückzuziehen, sondern den Augenblick lebhaft herbei wünsche, wo es dies thun könne, ohne die innere Sicherheit des Landes und die Autorität 45"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/355>, abgerufen am 25.04.2024.