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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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haben der Natur der Sache nach auf kein großes Publikum im gewöhnlichen Sinne
des Worts nicht zu rechnen; desto größer ist die Bedeutung, welche sie für Biblio¬
theken und wissenschaftliche Anstalten haben müssen. Diese sowie die parlamentari¬
schen Vertreter Pommerns glauben wir aus die gediegene Bcrghaussche Arbeit, welche
sich in jedem einzelnem Abschnitt als Product eines eingehenden, gewissenhaften und
sachkundigen Studiums ausweist, angelegentlich aufmerksam machen zu müssen. Seit
die wirthschaftlichen Zustände der einzelnen Theile des neuen deutschen Staats ihrer
blos lokalen Bedeutung entrückt und zu Gegenständen geworden sind, welche das
Interesse einer ganzen Nation in Anspruch nehmen, gewinnen Werke von der Be¬
schaffenheit des vorliegenden eine allgemeine Wichtigkeit, die bis in die weitesten
Kreise hinübcrwirkt, zumal die Bekanntschaft mit Land und Leuten des Vaterlandes
auch in Deutschland eine ziemlich beschränkte ist und sehr häusig an den Schlag-
büumen des einzelnen Staats oder der einzelnen Provinz ihre Grenze hatte. Druck
und Ausstattung des "Landbuchs des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums
Rügen" entsprechen allen Anforderungen, welche an Werke so weitschichtiger Art
gestellt werden können; seinen Abschluß wird dieses verdienstvolle Unternehmen vor¬
aussichtlich erst in einer längeren Reihe von Jahren finden.




Bibliothek der deutschen Nationalliteratur des 18. und 19. Jahr-
Hunderts. Herausgegeben unter Mitwirkung von Hettner, Düntzcr, Titt¬
mann, Carriere, Julian Schmidt, K. Gödcckc, R. Gottschall, C.
Schwarz u. A. (Leipzig bei F. A. Brockhaus.)

Während die Mehrzahl der seit Aufhebung des Privilegiums, das die ursprüng¬
lichen Verleger der Heroen unserer Literatur ausübten, erschienenen Classikerbiblio-
thckcn Schiller und Göthe an die Spitze ihrer Programme stellen, hat es das vor¬
liegende Unternehmen vorwiegend mit den bekannteren Schriftstellern zweiten Ranges
zu thun, welche die Zeit- und Nuhmcsgcnossen der weimarischen Dioskuren waren.
Schlcyermachers "Reden über die Religion", Musäus "Volksmährchen", Herders
"Cid", Wielands "Oberon". Voß "Louise", ausgewählte "Oden" Klopstocks
werden neben Schutzes "bezauberter Reise", Saumes "Spaziergang nach Syra-
kus", des trefflichen Wilhelm Müller allzuschnell vergessene Dichtungen u. A.
dem Publikum in neuem Gewände vorgelegt. Die Namen der mit der Herausgabe
und Bearbeitung betrauten Schriftsteller bürgen sür die Solidität des Unternehmens,
und es kann nur willkommen sein, daß die Nation an den Reichthum ihres Besitzes
gemahnt und aufs neue mit der langen Reihe ausgezeichneter Geister bekannt ge¬
macht wird, welche wesentlich zu der Größe des Zeitalters beitrugen, das nach seinen
Führern benannt und doch keineswegs durch diese allein bedingt wurde. Namen
wie der des Maler Müller, Försters, ja selbst Herders und Klopstocks sind einem
großen Theil des heute lebenden Geschlechts nur noch aus der Literaturgeschichte,
nicht aus lebendiger Anschauung ihrer Werke bekannt, und doch muß diese von denen
verlangt werden, welche Anspruch erheben, auf der Höhe deutscher Geistesentwicklung
zu stehen. Eine richtige Vorstellung von dem geistigen Leben des 18. Jahrh, wird


haben der Natur der Sache nach auf kein großes Publikum im gewöhnlichen Sinne
des Worts nicht zu rechnen; desto größer ist die Bedeutung, welche sie für Biblio¬
theken und wissenschaftliche Anstalten haben müssen. Diese sowie die parlamentari¬
schen Vertreter Pommerns glauben wir aus die gediegene Bcrghaussche Arbeit, welche
sich in jedem einzelnem Abschnitt als Product eines eingehenden, gewissenhaften und
sachkundigen Studiums ausweist, angelegentlich aufmerksam machen zu müssen. Seit
die wirthschaftlichen Zustände der einzelnen Theile des neuen deutschen Staats ihrer
blos lokalen Bedeutung entrückt und zu Gegenständen geworden sind, welche das
Interesse einer ganzen Nation in Anspruch nehmen, gewinnen Werke von der Be¬
schaffenheit des vorliegenden eine allgemeine Wichtigkeit, die bis in die weitesten
Kreise hinübcrwirkt, zumal die Bekanntschaft mit Land und Leuten des Vaterlandes
auch in Deutschland eine ziemlich beschränkte ist und sehr häusig an den Schlag-
büumen des einzelnen Staats oder der einzelnen Provinz ihre Grenze hatte. Druck
und Ausstattung des „Landbuchs des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums
Rügen" entsprechen allen Anforderungen, welche an Werke so weitschichtiger Art
gestellt werden können; seinen Abschluß wird dieses verdienstvolle Unternehmen vor¬
aussichtlich erst in einer längeren Reihe von Jahren finden.




Bibliothek der deutschen Nationalliteratur des 18. und 19. Jahr-
Hunderts. Herausgegeben unter Mitwirkung von Hettner, Düntzcr, Titt¬
mann, Carriere, Julian Schmidt, K. Gödcckc, R. Gottschall, C.
Schwarz u. A. (Leipzig bei F. A. Brockhaus.)

Während die Mehrzahl der seit Aufhebung des Privilegiums, das die ursprüng¬
lichen Verleger der Heroen unserer Literatur ausübten, erschienenen Classikerbiblio-
thckcn Schiller und Göthe an die Spitze ihrer Programme stellen, hat es das vor¬
liegende Unternehmen vorwiegend mit den bekannteren Schriftstellern zweiten Ranges
zu thun, welche die Zeit- und Nuhmcsgcnossen der weimarischen Dioskuren waren.
Schlcyermachers „Reden über die Religion", Musäus „Volksmährchen", Herders
„Cid", Wielands „Oberon". Voß „Louise", ausgewählte „Oden" Klopstocks
werden neben Schutzes „bezauberter Reise", Saumes „Spaziergang nach Syra-
kus", des trefflichen Wilhelm Müller allzuschnell vergessene Dichtungen u. A.
dem Publikum in neuem Gewände vorgelegt. Die Namen der mit der Herausgabe
und Bearbeitung betrauten Schriftsteller bürgen sür die Solidität des Unternehmens,
und es kann nur willkommen sein, daß die Nation an den Reichthum ihres Besitzes
gemahnt und aufs neue mit der langen Reihe ausgezeichneter Geister bekannt ge¬
macht wird, welche wesentlich zu der Größe des Zeitalters beitrugen, das nach seinen
Führern benannt und doch keineswegs durch diese allein bedingt wurde. Namen
wie der des Maler Müller, Försters, ja selbst Herders und Klopstocks sind einem
großen Theil des heute lebenden Geschlechts nur noch aus der Literaturgeschichte,
nicht aus lebendiger Anschauung ihrer Werke bekannt, und doch muß diese von denen
verlangt werden, welche Anspruch erheben, auf der Höhe deutscher Geistesentwicklung
zu stehen. Eine richtige Vorstellung von dem geistigen Leben des 18. Jahrh, wird


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/526>, abgerufen am 19.04.2024.