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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Preußische Kriegsmarine.
Kleinere Fahrzeuge zum Schutz des Handels und der Küsten.

Mit der Erweiterung der preußischen Kriegsmanne zur deutschen Flotte
tritt auch die Nothwendigkeit, kleine Schraubenschiffe für den Küstenschutz zu
bauen, wieder in den Vordergrund. Diesen neuen Schraubensahrzeugen wird
man ol>r Allem größere Dimensionen geben müssen als seither, um die Nach¬
theile der Schraubenkanonenboote früherer Construction nicht von neuem zu er¬
fahren.") Hatte man bisher bet dem Bau dieser Fahrzeuge den größten Nach¬
druck auf Erzielung geringen Tiefgangs gelegt, so muß unsrer Ansicht nach jetzt
Schnelligkeit und Seetüchtigkeit, die Fähigkeit auch bei einigermaßen bewegter
See die Kanonen zu gebrauchen, erste Anforderung sein, während erst in zweiter
Linie nach möglichst geringem Tiefgang zu streben ist. Die deutschen Küsten
haben insofern eine für die Vertheidigung äußerst günstige Gestaltung, als sie
ganz flach in die See verlaufen und größeren Schiffen von einigermaßen be¬
deutendem Tiefgang nur an ganz wenigen Stellen den Zugang gestatten. Wenn
schon die Ostsee nicht viel Punkte dieser Art bietet, so besitzt die Nordsee gar
nur drei: Cuxhaven an der Elvmündung, die Jahde und im Oldenburgischen
Blexen an der Weser, während schon Bremerhaven durch eine Barre für grö¬
ßere Schiff gesperrt ist. so daß Linienschiffe (mit 26--28 oder gar 30 Fuß Tief¬
gang) und große Panzerschiffe (mit 18--26 Fuß Tiefgang) gar nicht, und selbst
größere Corvetten und Fregatten (mit 16--20 Fuß Tiefgang) nur unter günstigen
Verhältnissen von Wind und Wetter zur Fluthzeit eine Annäherung mit Schwie¬
rigkeit bewirken können. Landungen des Feindes nun, die wirklich gefähr¬
lich wären, müßten natürlich durch eine zahlreiche Transportflotte ins Werk ge¬
setzt werden, die aus größeren Schiffen der bezeichneten Arten und aus großen
Transportschiffen von kaum geringerm Tiefgang beständen. (Die 80 Transport¬
dampfer Frankreichs z. B. haben, wie man in den Kriegshcifea recht deutlich
sieht, wo sie Bord an Bord mit Linienschiffen zusammenliegen, zum größten
Theile völlig die Proportionen der letzteren.) An die angegebenen wenigen
Punkte, welche schweren Schiffen eine Annäherung gestatten, würde diese Trans¬
portflotte nicht herankommen können, ohne mit den Strandbatterien und den



' ") Wir bemerken, daß "ins dieser Kanonenboote zweiter Classe, das im vorigen Artikel
(s. Ur. 38 der Grenzboten) verzeichnete "Krokodil" wegen Untüchtigkeit deS Baues im ver-
gangenen Sommer ousrangirt und aus den Listen der tgi. Marine gestrichen worden ist.
Grenzboten IV. 1867. 9
Preußische Kriegsmarine.
Kleinere Fahrzeuge zum Schutz des Handels und der Küsten.

Mit der Erweiterung der preußischen Kriegsmanne zur deutschen Flotte
tritt auch die Nothwendigkeit, kleine Schraubenschiffe für den Küstenschutz zu
bauen, wieder in den Vordergrund. Diesen neuen Schraubensahrzeugen wird
man ol>r Allem größere Dimensionen geben müssen als seither, um die Nach¬
theile der Schraubenkanonenboote früherer Construction nicht von neuem zu er¬
fahren.") Hatte man bisher bet dem Bau dieser Fahrzeuge den größten Nach¬
druck auf Erzielung geringen Tiefgangs gelegt, so muß unsrer Ansicht nach jetzt
Schnelligkeit und Seetüchtigkeit, die Fähigkeit auch bei einigermaßen bewegter
See die Kanonen zu gebrauchen, erste Anforderung sein, während erst in zweiter
Linie nach möglichst geringem Tiefgang zu streben ist. Die deutschen Küsten
haben insofern eine für die Vertheidigung äußerst günstige Gestaltung, als sie
ganz flach in die See verlaufen und größeren Schiffen von einigermaßen be¬
deutendem Tiefgang nur an ganz wenigen Stellen den Zugang gestatten. Wenn
schon die Ostsee nicht viel Punkte dieser Art bietet, so besitzt die Nordsee gar
nur drei: Cuxhaven an der Elvmündung, die Jahde und im Oldenburgischen
Blexen an der Weser, während schon Bremerhaven durch eine Barre für grö¬
ßere Schiff gesperrt ist. so daß Linienschiffe (mit 26—28 oder gar 30 Fuß Tief¬
gang) und große Panzerschiffe (mit 18—26 Fuß Tiefgang) gar nicht, und selbst
größere Corvetten und Fregatten (mit 16—20 Fuß Tiefgang) nur unter günstigen
Verhältnissen von Wind und Wetter zur Fluthzeit eine Annäherung mit Schwie¬
rigkeit bewirken können. Landungen des Feindes nun, die wirklich gefähr¬
lich wären, müßten natürlich durch eine zahlreiche Transportflotte ins Werk ge¬
setzt werden, die aus größeren Schiffen der bezeichneten Arten und aus großen
Transportschiffen von kaum geringerm Tiefgang beständen. (Die 80 Transport¬
dampfer Frankreichs z. B. haben, wie man in den Kriegshcifea recht deutlich
sieht, wo sie Bord an Bord mit Linienschiffen zusammenliegen, zum größten
Theile völlig die Proportionen der letzteren.) An die angegebenen wenigen
Punkte, welche schweren Schiffen eine Annäherung gestatten, würde diese Trans¬
portflotte nicht herankommen können, ohne mit den Strandbatterien und den



' ") Wir bemerken, daß «ins dieser Kanonenboote zweiter Classe, das im vorigen Artikel
(s. Ur. 38 der Grenzboten) verzeichnete „Krokodil" wegen Untüchtigkeit deS Baues im ver-
gangenen Sommer ousrangirt und aus den Listen der tgi. Marine gestrichen worden ist.
Grenzboten IV. 1867. 9
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[0069] Preußische Kriegsmarine. Kleinere Fahrzeuge zum Schutz des Handels und der Küsten. Mit der Erweiterung der preußischen Kriegsmanne zur deutschen Flotte tritt auch die Nothwendigkeit, kleine Schraubenschiffe für den Küstenschutz zu bauen, wieder in den Vordergrund. Diesen neuen Schraubensahrzeugen wird man ol>r Allem größere Dimensionen geben müssen als seither, um die Nach¬ theile der Schraubenkanonenboote früherer Construction nicht von neuem zu er¬ fahren.") Hatte man bisher bet dem Bau dieser Fahrzeuge den größten Nach¬ druck auf Erzielung geringen Tiefgangs gelegt, so muß unsrer Ansicht nach jetzt Schnelligkeit und Seetüchtigkeit, die Fähigkeit auch bei einigermaßen bewegter See die Kanonen zu gebrauchen, erste Anforderung sein, während erst in zweiter Linie nach möglichst geringem Tiefgang zu streben ist. Die deutschen Küsten haben insofern eine für die Vertheidigung äußerst günstige Gestaltung, als sie ganz flach in die See verlaufen und größeren Schiffen von einigermaßen be¬ deutendem Tiefgang nur an ganz wenigen Stellen den Zugang gestatten. Wenn schon die Ostsee nicht viel Punkte dieser Art bietet, so besitzt die Nordsee gar nur drei: Cuxhaven an der Elvmündung, die Jahde und im Oldenburgischen Blexen an der Weser, während schon Bremerhaven durch eine Barre für grö¬ ßere Schiff gesperrt ist. so daß Linienschiffe (mit 26—28 oder gar 30 Fuß Tief¬ gang) und große Panzerschiffe (mit 18—26 Fuß Tiefgang) gar nicht, und selbst größere Corvetten und Fregatten (mit 16—20 Fuß Tiefgang) nur unter günstigen Verhältnissen von Wind und Wetter zur Fluthzeit eine Annäherung mit Schwie¬ rigkeit bewirken können. Landungen des Feindes nun, die wirklich gefähr¬ lich wären, müßten natürlich durch eine zahlreiche Transportflotte ins Werk ge¬ setzt werden, die aus größeren Schiffen der bezeichneten Arten und aus großen Transportschiffen von kaum geringerm Tiefgang beständen. (Die 80 Transport¬ dampfer Frankreichs z. B. haben, wie man in den Kriegshcifea recht deutlich sieht, wo sie Bord an Bord mit Linienschiffen zusammenliegen, zum größten Theile völlig die Proportionen der letzteren.) An die angegebenen wenigen Punkte, welche schweren Schiffen eine Annäherung gestatten, würde diese Trans¬ portflotte nicht herankommen können, ohne mit den Strandbatterien und den ' ") Wir bemerken, daß «ins dieser Kanonenboote zweiter Classe, das im vorigen Artikel (s. Ur. 38 der Grenzboten) verzeichnete „Krokodil" wegen Untüchtigkeit deS Baues im ver- gangenen Sommer ousrangirt und aus den Listen der tgi. Marine gestrichen worden ist. Grenzboten IV. 1867. 9

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/69>, abgerufen am 16.04.2024.