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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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dem Oberdeck am Bug und am Heat je eine Colessche Kuppel mit zwei ganz
schweren Geschützen geben. Die Einrichtung fester, eonsolenartig etwas aus¬
springender Thürme nach Art der auf den französischen navires g, tourellcz
(z- B. "Marengo"), befindlichen Thürme mit je einem Geschütz g. Ja bardstw,
wie sie Reed auch beim "Wilhelm" projectirt hat, gestattet erstens nur vier
große Kanonen (über den vier Ecken der Mittschiffsbatterie) anzubringen und
läßt diese nebst den Geschützeommandeuren ungedeckt*). Außerdem würde
der "Wilhelm" bei seiner jetzigen Steuerfähigkeit doch feindliche Widderschiffe
zu fürchten haben, wenn auch die meisten französischen Seeoffiziere (so auch
Keronstret in der letzten Revue Ass äeux Noncles) die Leistungsfähigkeit der
letzteren allzusehr überschätzen, und namentlich den Umstand nicht genügend
würdigen, daß Widderschiffe eine sehr überlegene Schnelligkeit haben müssen,
und meist vor ihrer Annäherung von einem Gegner mit sehr schwerem Ka¬
liber werden in den Grund gebohrt werden. Gerade für den letzteren Zweck
aber werden unsere Vorschläge von höchstem Nutzen sein. Mit "Jndents"
und mit hydraulischer Neactionsdrehung wird dem "König Wilhelm" eine volle
Ausnutzung seiner colossalen, allen andern Schiffen weit überlegenen Geschütz¬
ausrüstung möglich und seine Schlachtstärke um das Doppelte vermehrt werden.

Der Chiefconstructor Need hat für England als Prinzip aufgestellt,
England müßte jederzeit ein Schiff mit bessern Eigenschaften besitzen, als
alle andern Flotten, das die letztern zittern macht, wie einst der "Meri-
mae" die Holzschiffe und ganze Geschwader schwächerer Fahrzeuge aufwog.
Gegenwärtig nun ist der "Wilhelm" allen andern Kriegsschiffen der Erde
überlegen, durch seine stärkere Geschützausrüstung auch dem "Hercules", und
nach diesem Grundsatz würde die norddeutsche Flotte schon jetzt einen ge¬
wissen relativen Porsprung vor den übrigen haben.




Preußen und Herr Vilmar.

A. F. C. Vilmar, Handbüchlein für Freunde des deutschen Volksliedes. Zu Mar¬
burg in Hessen gedruckt und verlegt von Joh. Aug. Koch 1867.

Dieses Büchlein, welches uns Veranlassung gibt, auf das Verhältniß
seines Verfassers und der von ihm geleiteten sog. christlich-conservativen Partei



*) Diese Thürme sind fest mit dem Schiff verbunden, oben offen, und enthalten jeder
Nu colossales Geschütz, das mit dem Rohre gerade über den obern Rand der Thurmwand
^ge. Die Lafette, welche auf einer Drehscheibe steht, ist aber ebenso wie die Thurmwand
vo" mehr als Mannshöhe, sodaß die Bedienungsmannschaft des Geschützes gegen horizon.
.talem Schuß gedeckt ist, aber allerdings gegen geworfene Granaten schutzlos bleibt. Der Ge¬
schützcommandeur, welcher richtet, muß natürlich seinen Kopf über die Thurmwaud erhebe",
er beherrscht zwar den ganzen Horizont, ist aber dafür auch jedem horizontale" Schusse schutz¬
los preisgegeben.
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dem Oberdeck am Bug und am Heat je eine Colessche Kuppel mit zwei ganz
schweren Geschützen geben. Die Einrichtung fester, eonsolenartig etwas aus¬
springender Thürme nach Art der auf den französischen navires g, tourellcz
(z- B. „Marengo"), befindlichen Thürme mit je einem Geschütz g. Ja bardstw,
wie sie Reed auch beim „Wilhelm" projectirt hat, gestattet erstens nur vier
große Kanonen (über den vier Ecken der Mittschiffsbatterie) anzubringen und
läßt diese nebst den Geschützeommandeuren ungedeckt*). Außerdem würde
der „Wilhelm" bei seiner jetzigen Steuerfähigkeit doch feindliche Widderschiffe
zu fürchten haben, wenn auch die meisten französischen Seeoffiziere (so auch
Keronstret in der letzten Revue Ass äeux Noncles) die Leistungsfähigkeit der
letzteren allzusehr überschätzen, und namentlich den Umstand nicht genügend
würdigen, daß Widderschiffe eine sehr überlegene Schnelligkeit haben müssen,
und meist vor ihrer Annäherung von einem Gegner mit sehr schwerem Ka¬
liber werden in den Grund gebohrt werden. Gerade für den letzteren Zweck
aber werden unsere Vorschläge von höchstem Nutzen sein. Mit „Jndents"
und mit hydraulischer Neactionsdrehung wird dem „König Wilhelm" eine volle
Ausnutzung seiner colossalen, allen andern Schiffen weit überlegenen Geschütz¬
ausrüstung möglich und seine Schlachtstärke um das Doppelte vermehrt werden.

Der Chiefconstructor Need hat für England als Prinzip aufgestellt,
England müßte jederzeit ein Schiff mit bessern Eigenschaften besitzen, als
alle andern Flotten, das die letztern zittern macht, wie einst der „Meri-
mae" die Holzschiffe und ganze Geschwader schwächerer Fahrzeuge aufwog.
Gegenwärtig nun ist der „Wilhelm" allen andern Kriegsschiffen der Erde
überlegen, durch seine stärkere Geschützausrüstung auch dem „Hercules", und
nach diesem Grundsatz würde die norddeutsche Flotte schon jetzt einen ge¬
wissen relativen Porsprung vor den übrigen haben.




Preußen und Herr Vilmar.

A. F. C. Vilmar, Handbüchlein für Freunde des deutschen Volksliedes. Zu Mar¬
burg in Hessen gedruckt und verlegt von Joh. Aug. Koch 1867.

Dieses Büchlein, welches uns Veranlassung gibt, auf das Verhältniß
seines Verfassers und der von ihm geleiteten sog. christlich-conservativen Partei



*) Diese Thürme sind fest mit dem Schiff verbunden, oben offen, und enthalten jeder
Nu colossales Geschütz, das mit dem Rohre gerade über den obern Rand der Thurmwand
^ge. Die Lafette, welche auf einer Drehscheibe steht, ist aber ebenso wie die Thurmwand
vo» mehr als Mannshöhe, sodaß die Bedienungsmannschaft des Geschützes gegen horizon.
.talem Schuß gedeckt ist, aber allerdings gegen geworfene Granaten schutzlos bleibt. Der Ge¬
schützcommandeur, welcher richtet, muß natürlich seinen Kopf über die Thurmwaud erhebe»,
er beherrscht zwar den ganzen Horizont, ist aber dafür auch jedem horizontale» Schusse schutz¬
los preisgegeben.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/155>, abgerufen am 05.05.2024.