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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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schaftlichen Ziele aufzustecken keine Körperschaft geeigneter sein kann. Wer
sich an dieser Arbeit in Deutschland erfolgreich betheiligen will, vermag es
nirgends so leicht und gut zu thun als auf dieser nunmehr öffentlich und
allerseits anerkannten Stätte. Von den Inhabern der akademischen Kathe-
. der freilich scheinen, nach den Mitgliederlisten der bisherigen Congresse zu
schließen, die Wenigsten diesen edlen Drang in sich zu spüren; die Folge wird
aber nur sein, daß vom Congresse aus allmählich auch auf den Universitäts¬
betrieb der Wirthschaftslehre ein umgestaltender Einfluß gesucht und gefunden
werden wird. Die Präludien sind in Breslau bereits aus dem Munde eines
besonders weit und scharf in die Zukunft blickenden Denkers vernommen
worden.




norddeutsche Kriegshafen.
8. Nordsee: die Jahde, Wasserverhältnisse und Binnenhafen.

Die Nordseeküste Deutschlands ist bei Weitem nicht so ausgedehnt wie
die Ostseeküste, obwohl sie durch den Zuwachs von Schleswig-Holstein ver¬
hältnißmäßig bedeutend mehr gewonnen hat als letztere. Auch sind infolge
der geringeren Ausdehnung und der eigenthümlichen Terraingestaltung, welche
in den zahlreicheren Untiefen von Natur mehr Schutz gegen feindliche An¬
griffe bietet, der Punkte, an welchen sich Kriegshafen oder auch^nur Marine¬
stationen anlegen lassen, ungleich weniger als in der Ostsee. Wie in der
letzteren ist es nun auch hier in der Nordsee die Absicht der Regierung, vor¬
läufig alle Kräfte auf Herstellung eines einzigen Kriegshafens zu concen-
triren, und zwar ist die Wahl für diesen Hauptkriegshafen auf de" Jahde-
busen gefallen. Allerdings hätte man möglicherweise auch ganz passend
einen Kriegshafen an der Unterweser anlegen können, entweder auf dew
linken, oldenburgischen Ufer bei Nordenhamm oder dem Dörfchen Blexen,
wo einst die "Deutsche Flotte" ihr Dasein unthätig in "Flottenruh" ver¬
träumte; oder vielleicht auf dem rechten Ufer der Weser unterhalb Bremer-
haven, nördlich der Barre, mit Hinaufführung von zwei Molen bis zuo
tiefen Fahrwasser; oder endlich noch an der unteren Elbe bei Brunsbüttel; aber
im Großen und Ganzen wären die Verhältnisse an allen diesen Orten kauw
günstiger gewesen, und außerdem muß man in Rücksicht ziehen, daß zu der
Zeit, wo der Bau des Jahdehafens von Preußen begonnen wurde, es aus
politischen Gründen unmöglich war, jene anderen Plätze zu acquiriren. ^


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schaftlichen Ziele aufzustecken keine Körperschaft geeigneter sein kann. Wer
sich an dieser Arbeit in Deutschland erfolgreich betheiligen will, vermag es
nirgends so leicht und gut zu thun als auf dieser nunmehr öffentlich und
allerseits anerkannten Stätte. Von den Inhabern der akademischen Kathe-
. der freilich scheinen, nach den Mitgliederlisten der bisherigen Congresse zu
schließen, die Wenigsten diesen edlen Drang in sich zu spüren; die Folge wird
aber nur sein, daß vom Congresse aus allmählich auch auf den Universitäts¬
betrieb der Wirthschaftslehre ein umgestaltender Einfluß gesucht und gefunden
werden wird. Die Präludien sind in Breslau bereits aus dem Munde eines
besonders weit und scharf in die Zukunft blickenden Denkers vernommen
worden.




norddeutsche Kriegshafen.
8. Nordsee: die Jahde, Wasserverhältnisse und Binnenhafen.

Die Nordseeküste Deutschlands ist bei Weitem nicht so ausgedehnt wie
die Ostseeküste, obwohl sie durch den Zuwachs von Schleswig-Holstein ver¬
hältnißmäßig bedeutend mehr gewonnen hat als letztere. Auch sind infolge
der geringeren Ausdehnung und der eigenthümlichen Terraingestaltung, welche
in den zahlreicheren Untiefen von Natur mehr Schutz gegen feindliche An¬
griffe bietet, der Punkte, an welchen sich Kriegshafen oder auch^nur Marine¬
stationen anlegen lassen, ungleich weniger als in der Ostsee. Wie in der
letzteren ist es nun auch hier in der Nordsee die Absicht der Regierung, vor¬
läufig alle Kräfte auf Herstellung eines einzigen Kriegshafens zu concen-
triren, und zwar ist die Wahl für diesen Hauptkriegshafen auf de» Jahde-
busen gefallen. Allerdings hätte man möglicherweise auch ganz passend
einen Kriegshafen an der Unterweser anlegen können, entweder auf dew
linken, oldenburgischen Ufer bei Nordenhamm oder dem Dörfchen Blexen,
wo einst die „Deutsche Flotte" ihr Dasein unthätig in „Flottenruh" ver¬
träumte; oder vielleicht auf dem rechten Ufer der Weser unterhalb Bremer-
haven, nördlich der Barre, mit Hinaufführung von zwei Molen bis zuo
tiefen Fahrwasser; oder endlich noch an der unteren Elbe bei Brunsbüttel; aber
im Großen und Ganzen wären die Verhältnisse an allen diesen Orten kauw
günstiger gewesen, und außerdem muß man in Rücksicht ziehen, daß zu der
Zeit, wo der Bau des Jahdehafens von Preußen begonnen wurde, es aus
politischen Gründen unmöglich war, jene anderen Plätze zu acquiriren. ^


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[0478] 44« schaftlichen Ziele aufzustecken keine Körperschaft geeigneter sein kann. Wer sich an dieser Arbeit in Deutschland erfolgreich betheiligen will, vermag es nirgends so leicht und gut zu thun als auf dieser nunmehr öffentlich und allerseits anerkannten Stätte. Von den Inhabern der akademischen Kathe- . der freilich scheinen, nach den Mitgliederlisten der bisherigen Congresse zu schließen, die Wenigsten diesen edlen Drang in sich zu spüren; die Folge wird aber nur sein, daß vom Congresse aus allmählich auch auf den Universitäts¬ betrieb der Wirthschaftslehre ein umgestaltender Einfluß gesucht und gefunden werden wird. Die Präludien sind in Breslau bereits aus dem Munde eines besonders weit und scharf in die Zukunft blickenden Denkers vernommen worden. norddeutsche Kriegshafen. 8. Nordsee: die Jahde, Wasserverhältnisse und Binnenhafen. Die Nordseeküste Deutschlands ist bei Weitem nicht so ausgedehnt wie die Ostseeküste, obwohl sie durch den Zuwachs von Schleswig-Holstein ver¬ hältnißmäßig bedeutend mehr gewonnen hat als letztere. Auch sind infolge der geringeren Ausdehnung und der eigenthümlichen Terraingestaltung, welche in den zahlreicheren Untiefen von Natur mehr Schutz gegen feindliche An¬ griffe bietet, der Punkte, an welchen sich Kriegshafen oder auch^nur Marine¬ stationen anlegen lassen, ungleich weniger als in der Ostsee. Wie in der letzteren ist es nun auch hier in der Nordsee die Absicht der Regierung, vor¬ läufig alle Kräfte auf Herstellung eines einzigen Kriegshafens zu concen- triren, und zwar ist die Wahl für diesen Hauptkriegshafen auf de» Jahde- busen gefallen. Allerdings hätte man möglicherweise auch ganz passend einen Kriegshafen an der Unterweser anlegen können, entweder auf dew linken, oldenburgischen Ufer bei Nordenhamm oder dem Dörfchen Blexen, wo einst die „Deutsche Flotte" ihr Dasein unthätig in „Flottenruh" ver¬ träumte; oder vielleicht auf dem rechten Ufer der Weser unterhalb Bremer- haven, nördlich der Barre, mit Hinaufführung von zwei Molen bis zuo tiefen Fahrwasser; oder endlich noch an der unteren Elbe bei Brunsbüttel; aber im Großen und Ganzen wären die Verhältnisse an allen diesen Orten kauw günstiger gewesen, und außerdem muß man in Rücksicht ziehen, daß zu der Zeit, wo der Bau des Jahdehafens von Preußen begonnen wurde, es aus politischen Gründen unmöglich war, jene anderen Plätze zu acquiriren. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/478>, abgerufen am 04.05.2024.