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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Der neue Band des östreichischen GenerMabswerKes.

Oestreichs Kämpfe im Jahre 1866. 4. Bd. Wien 1869. Commission bei
Carl Gerold's Sohn.

Kaum hat jemals ein Buch, noch bevor es im Handel erschien, einen
ähnlichen Zeitungssturm hervorgerufen. Die Mittheilungen über den Inhalt,
Welche eine Wiener Zeitung nach den Aushängebogen machte, sind Veran¬
lassung zu officiösen Erklärungen und zu einer Polemik geworden, welche an
Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Aber nicht der Scandal, den
einige Stellen des Buches erregten, ist das Ernsthafte, sondern daß diese
Stellen Symptom eines politischen Zustandes sind, der ehrliche Freunde und
Gegner der kaiserlichen Regierung in gleicher Weise betroffen macht.

Der Band behandelt die Ereignisse des Krieges nach dem 3. Juli, bis
zum Friedensschluß. Der militairische Bericht hat dieselben Vorzüge, die am
vorhergehenden Bande zu rühmen waren. Zwar waren keine großen Zusam¬
menstöße darzustellen. Ueber den Rückzug der kaiserlichen Armee erfahren
wir einiges nicht gerade wichtige Detail; die Operationen des preußischen
Heeres, Marsch der zweiten Armee gegen Olmütz und die Veränderung in
Ausstellung derselben, die Gefahrender Rückzugslinie Olmütz'Wien sind sach¬
gemäß gewürdigt, die Haltung dieses Berichtes so, wie sie dem Soldaten ziemt.
Auch die Beschreibung der Treffen von Tobitschau und Blumenau überlassen
wir bereitwillig der Kritik unserer Fachmänner; das erstere war ein Vorstoß,
der preußischerseits mit unzureichenden Kräften unternommen wurde, das
zweite ein strategisches Wagniß, über dessen Opportunist in den letzten
Stunden der Feindseligkeiten man streiten kann. Das Gefecht selbst, von den
Generalen Fransecki und Bose. aber auch durch das Corps Thun vortreff¬
lich eingeleitet, war ein merkwürdiges Stück Feldarbeit, welches wegen Ein¬
tritt der Waffenruhe nicht zur letzten Entscheidung kam. Die militairischen
Aussichten des Gefechts bei seinem Abbruch werden deshalb wahrscheinlich für
alle Zeit ein Gegenstand der Controverse bleiben, denn die Preußen basiren
ihre Wahrscheinlichkeitsrechnung auf das Kraftverhältniß der beiderseitigen
Heere, wie es sich in allen vorhergehenden Gefechten documentirt hatte; die


Grenzboten II. 186". 31
Der neue Band des östreichischen GenerMabswerKes.

Oestreichs Kämpfe im Jahre 1866. 4. Bd. Wien 1869. Commission bei
Carl Gerold's Sohn.

Kaum hat jemals ein Buch, noch bevor es im Handel erschien, einen
ähnlichen Zeitungssturm hervorgerufen. Die Mittheilungen über den Inhalt,
Welche eine Wiener Zeitung nach den Aushängebogen machte, sind Veran¬
lassung zu officiösen Erklärungen und zu einer Polemik geworden, welche an
Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Aber nicht der Scandal, den
einige Stellen des Buches erregten, ist das Ernsthafte, sondern daß diese
Stellen Symptom eines politischen Zustandes sind, der ehrliche Freunde und
Gegner der kaiserlichen Regierung in gleicher Weise betroffen macht.

Der Band behandelt die Ereignisse des Krieges nach dem 3. Juli, bis
zum Friedensschluß. Der militairische Bericht hat dieselben Vorzüge, die am
vorhergehenden Bande zu rühmen waren. Zwar waren keine großen Zusam¬
menstöße darzustellen. Ueber den Rückzug der kaiserlichen Armee erfahren
wir einiges nicht gerade wichtige Detail; die Operationen des preußischen
Heeres, Marsch der zweiten Armee gegen Olmütz und die Veränderung in
Ausstellung derselben, die Gefahrender Rückzugslinie Olmütz'Wien sind sach¬
gemäß gewürdigt, die Haltung dieses Berichtes so, wie sie dem Soldaten ziemt.
Auch die Beschreibung der Treffen von Tobitschau und Blumenau überlassen
wir bereitwillig der Kritik unserer Fachmänner; das erstere war ein Vorstoß,
der preußischerseits mit unzureichenden Kräften unternommen wurde, das
zweite ein strategisches Wagniß, über dessen Opportunist in den letzten
Stunden der Feindseligkeiten man streiten kann. Das Gefecht selbst, von den
Generalen Fransecki und Bose. aber auch durch das Corps Thun vortreff¬
lich eingeleitet, war ein merkwürdiges Stück Feldarbeit, welches wegen Ein¬
tritt der Waffenruhe nicht zur letzten Entscheidung kam. Die militairischen
Aussichten des Gefechts bei seinem Abbruch werden deshalb wahrscheinlich für
alle Zeit ein Gegenstand der Controverse bleiben, denn die Preußen basiren
ihre Wahrscheinlichkeitsrechnung auf das Kraftverhältniß der beiderseitigen
Heere, wie es sich in allen vorhergehenden Gefechten documentirt hatte; die


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[0249] Der neue Band des östreichischen GenerMabswerKes. Oestreichs Kämpfe im Jahre 1866. 4. Bd. Wien 1869. Commission bei Carl Gerold's Sohn. Kaum hat jemals ein Buch, noch bevor es im Handel erschien, einen ähnlichen Zeitungssturm hervorgerufen. Die Mittheilungen über den Inhalt, Welche eine Wiener Zeitung nach den Aushängebogen machte, sind Veran¬ lassung zu officiösen Erklärungen und zu einer Polemik geworden, welche an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Aber nicht der Scandal, den einige Stellen des Buches erregten, ist das Ernsthafte, sondern daß diese Stellen Symptom eines politischen Zustandes sind, der ehrliche Freunde und Gegner der kaiserlichen Regierung in gleicher Weise betroffen macht. Der Band behandelt die Ereignisse des Krieges nach dem 3. Juli, bis zum Friedensschluß. Der militairische Bericht hat dieselben Vorzüge, die am vorhergehenden Bande zu rühmen waren. Zwar waren keine großen Zusam¬ menstöße darzustellen. Ueber den Rückzug der kaiserlichen Armee erfahren wir einiges nicht gerade wichtige Detail; die Operationen des preußischen Heeres, Marsch der zweiten Armee gegen Olmütz und die Veränderung in Ausstellung derselben, die Gefahrender Rückzugslinie Olmütz'Wien sind sach¬ gemäß gewürdigt, die Haltung dieses Berichtes so, wie sie dem Soldaten ziemt. Auch die Beschreibung der Treffen von Tobitschau und Blumenau überlassen wir bereitwillig der Kritik unserer Fachmänner; das erstere war ein Vorstoß, der preußischerseits mit unzureichenden Kräften unternommen wurde, das zweite ein strategisches Wagniß, über dessen Opportunist in den letzten Stunden der Feindseligkeiten man streiten kann. Das Gefecht selbst, von den Generalen Fransecki und Bose. aber auch durch das Corps Thun vortreff¬ lich eingeleitet, war ein merkwürdiges Stück Feldarbeit, welches wegen Ein¬ tritt der Waffenruhe nicht zur letzten Entscheidung kam. Die militairischen Aussichten des Gefechts bei seinem Abbruch werden deshalb wahrscheinlich für alle Zeit ein Gegenstand der Controverse bleiben, denn die Preußen basiren ihre Wahrscheinlichkeitsrechnung auf das Kraftverhältniß der beiderseitigen Heere, wie es sich in allen vorhergehenden Gefechten documentirt hatte; die Grenzboten II. 186». 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/249>, abgerufen am 04.05.2024.