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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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aus annehmbar schien, sondern weil überhaupt kein Grund war, an so früher
Entstehung des Antwerpner Bildes zu zweifeln, umso weniger, wenn man das
Berliner Portrait aus dem nämlichen Jahr datiren konnte. Bestärkt werden
übrigens die Zweifel gegen das letztere dadurch, daß das Antwerpener seiner¬
seits offenbar Antastung erfahren hat.

Bei dieser Untersuchung muß sich schließlich auch ein Resultat über An-
tonello's Lebensdauer ergeben. Die Annahme, daß der Sicilianer noch mit
Johann van Eyck zusammengetroffen sei, verlangte es, seine Geburt etwa ins
Jahr 1420 zu setzen, und dabei blieben auch diejenigen stehen, welche ihn
für Domenico Veniziano's Lehrer ansahen, ein jetzt beseitigter Irrthum.
Wenn man gelten läßt, daß das früheste beglaubigte Bild Antonellos das
von 1465 ist, dann wird man sein Geburtsjahr jedenfalls nach 1420, wenn
nicht sogar nach 1430 zu suchen haben.


-s. ^. <ni>.


Halb verdrossen und halb vergnügt sind unsere 17 Zollparlamentsboten,
oder vielmehr unsere 15, -- denn zwei hatten sich die Reise gespart, -- aus
der norddeutschen Hauptstadt zurückgekehrt. Verdrossen, weil sie sich doch
sagen müssen, daß sie nicht gerade die "imponirende Rolle" gespielt haben,
von welcher vor Kurzem Probst das kutholische Landvolk in Oberschwaben
unterhielt, als er ihm den ehemaligen Reichsregenten Becher an Stelle des
zum k. k. Regierungsrath avancirten Professors Schäffle zum Zollparlaments,
abgeordneten empfahl. Vergnügt aber, sofern sie wenigstens mit dem Be¬
wußtsein heimkehrten, das daß Zollparlament in seiner dreiwöchentlicher
Session so gut wie nichts ausgerichtet habe, und das Wenige doch nicht mit
ihrem Willen. Sie hatten die Genugthuung, bei jeder Abstimmung, gleich¬
gültig worüber, consequent mit Nein gestimmt zu haben, -- ein einzigesmal
soll ein einziger Abgeordneter ungetreu geworden sein, --und so konnten sie
schließlich überhaupt mit Befriedigung auf das Resultat der Session zurück¬
blicken, denn dieses Resultat war fast Null.

Daß sie, um zu diesem Resultat mitzuwirken, die Reise nach Berlin unter¬
nehmen mußten, war freilich kein Vergnügen, und sie machten daraus kein
Hehl. Etliche Wochen vor der Einberufung des Parlaments hatten sie einen
Kriegsrath in Stuttgart gehalten, auf welchem die Frage erörtert wurde, ob


aus annehmbar schien, sondern weil überhaupt kein Grund war, an so früher
Entstehung des Antwerpner Bildes zu zweifeln, umso weniger, wenn man das
Berliner Portrait aus dem nämlichen Jahr datiren konnte. Bestärkt werden
übrigens die Zweifel gegen das letztere dadurch, daß das Antwerpener seiner¬
seits offenbar Antastung erfahren hat.

Bei dieser Untersuchung muß sich schließlich auch ein Resultat über An-
tonello's Lebensdauer ergeben. Die Annahme, daß der Sicilianer noch mit
Johann van Eyck zusammengetroffen sei, verlangte es, seine Geburt etwa ins
Jahr 1420 zu setzen, und dabei blieben auch diejenigen stehen, welche ihn
für Domenico Veniziano's Lehrer ansahen, ein jetzt beseitigter Irrthum.
Wenn man gelten läßt, daß das früheste beglaubigte Bild Antonellos das
von 1465 ist, dann wird man sein Geburtsjahr jedenfalls nach 1420, wenn
nicht sogar nach 1430 zu suchen haben.


-s. ^. <ni>.


Halb verdrossen und halb vergnügt sind unsere 17 Zollparlamentsboten,
oder vielmehr unsere 15, — denn zwei hatten sich die Reise gespart, — aus
der norddeutschen Hauptstadt zurückgekehrt. Verdrossen, weil sie sich doch
sagen müssen, daß sie nicht gerade die „imponirende Rolle" gespielt haben,
von welcher vor Kurzem Probst das kutholische Landvolk in Oberschwaben
unterhielt, als er ihm den ehemaligen Reichsregenten Becher an Stelle des
zum k. k. Regierungsrath avancirten Professors Schäffle zum Zollparlaments,
abgeordneten empfahl. Vergnügt aber, sofern sie wenigstens mit dem Be¬
wußtsein heimkehrten, das daß Zollparlament in seiner dreiwöchentlicher
Session so gut wie nichts ausgerichtet habe, und das Wenige doch nicht mit
ihrem Willen. Sie hatten die Genugthuung, bei jeder Abstimmung, gleich¬
gültig worüber, consequent mit Nein gestimmt zu haben, — ein einzigesmal
soll ein einziger Abgeordneter ungetreu geworden sein, —und so konnten sie
schließlich überhaupt mit Befriedigung auf das Resultat der Session zurück¬
blicken, denn dieses Resultat war fast Null.

Daß sie, um zu diesem Resultat mitzuwirken, die Reise nach Berlin unter¬
nehmen mußten, war freilich kein Vergnügen, und sie machten daraus kein
Hehl. Etliche Wochen vor der Einberufung des Parlaments hatten sie einen
Kriegsrath in Stuttgart gehalten, auf welchem die Frage erörtert wurde, ob


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/66>, abgerufen am 04.05.2024.