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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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erhalten, ob ich wohl einer Einladung zu folgen geneigt wäre; und aus
dessen Erkundigung hätte er meinen lebhaften Wunsch, dorthin unter annehm¬
lichen und ehrenhaften Bedingungen versetzt zu werden, bezeugt. Hieraus
könnte ein neues und glaublicheres Gerücht hervorgehen, und mich in die
Klemme bringen.

Ueberwinden Sie also für diesesmal die Briefscheu, vor deren Gewalt
ich übrigens alle Achtung habe, und melden Sie mir mit drei Worten, wie
die Sache steht, und wie Sie glauben, daß sie sich wenden werde.

Glück zur Genesung von der leidigen Gripe, und herzliche Grüße von
uns beiden an Sie und die Ihrigen.


Voß.
2.

Jena, 29. Merz 1806.

Es war die reinste Hochachtung, was auf der Rückreise nach dem damals
noch unumwölkten Würzburg mich antrieb, die Bekanntschaft eines edlen und
für die Aufnahme der Wissenschaft thätigen Mannes mir zu wünschen.
schmeichelhaft ist von einem solchen Manne die schriftliche Versicherung des
Wohlwollens. Den Guten nicht misfallen, heißt etwas mehr, als von vielen
genannt werden.

Die gnädige Einladung Sr. Kurfürstlichen Durchlaucht, welche Sie,
Würdigster, mir ankündigen, erfüllt mein Herz mit der innigsten Dankbarkeit.
Da einer aufstrebenden Akademie alles an rüstigen Arbeitern liegt, und die
Mitwirkung eines rathwilligen Ermunterers vielleicht sehr entbehrlich ist; so
erkenne ich mit tiefer Verehrung die über gemeines Rechnen erhabene Gro߬
mut, die aus solcher Einladung hervorleuchtet.

Desto mehr aber beklage ich das Hinschwinden meiner mit Liebe genähr¬
ten Hofnung, als Bürger des glückseligen Badens, in dem schönen, durch
Natur und aufblühende Wissenschaft anlockenden Heidelberg meine Tage zu
verleben. Was eine weise Verwaltung mit freigebiger Hand darbietet, ist
meiner Bescheidenheit mehr als genug, nicht -- mit Erröthen sage ichs --
dem Bedürfnisse eines, obgleich sehr genügsamen Ehemannes und Vaters.
Eine genauere Anzeige widersteht mir; weil Ihnen, Verehrtester, meine Ge¬
sinnungen zu wenig bekannt sind, und ich leicht mir selbst unähnlich erschei¬
nen könnte. Aller Verdacht des Niedrigen wird wegfallen durch das franke
Geständniß, daß ich der reizenden Aussicht zu entsagen für Pflicht ansehe.

Ich drücke Ihnen mit treuherzigem Zutrauen die Hand und ersuche Sie,
vor dem erhabenen Kurfürsten der Ausleger meiner dankbarsten und ehrerbie¬
tigsten Gefühle zu sein.


Joh. Heinr. Voß.

erhalten, ob ich wohl einer Einladung zu folgen geneigt wäre; und aus
dessen Erkundigung hätte er meinen lebhaften Wunsch, dorthin unter annehm¬
lichen und ehrenhaften Bedingungen versetzt zu werden, bezeugt. Hieraus
könnte ein neues und glaublicheres Gerücht hervorgehen, und mich in die
Klemme bringen.

Ueberwinden Sie also für diesesmal die Briefscheu, vor deren Gewalt
ich übrigens alle Achtung habe, und melden Sie mir mit drei Worten, wie
die Sache steht, und wie Sie glauben, daß sie sich wenden werde.

Glück zur Genesung von der leidigen Gripe, und herzliche Grüße von
uns beiden an Sie und die Ihrigen.


Voß.
2.

Jena, 29. Merz 1806.

Es war die reinste Hochachtung, was auf der Rückreise nach dem damals
noch unumwölkten Würzburg mich antrieb, die Bekanntschaft eines edlen und
für die Aufnahme der Wissenschaft thätigen Mannes mir zu wünschen.
schmeichelhaft ist von einem solchen Manne die schriftliche Versicherung des
Wohlwollens. Den Guten nicht misfallen, heißt etwas mehr, als von vielen
genannt werden.

Die gnädige Einladung Sr. Kurfürstlichen Durchlaucht, welche Sie,
Würdigster, mir ankündigen, erfüllt mein Herz mit der innigsten Dankbarkeit.
Da einer aufstrebenden Akademie alles an rüstigen Arbeitern liegt, und die
Mitwirkung eines rathwilligen Ermunterers vielleicht sehr entbehrlich ist; so
erkenne ich mit tiefer Verehrung die über gemeines Rechnen erhabene Gro߬
mut, die aus solcher Einladung hervorleuchtet.

Desto mehr aber beklage ich das Hinschwinden meiner mit Liebe genähr¬
ten Hofnung, als Bürger des glückseligen Badens, in dem schönen, durch
Natur und aufblühende Wissenschaft anlockenden Heidelberg meine Tage zu
verleben. Was eine weise Verwaltung mit freigebiger Hand darbietet, ist
meiner Bescheidenheit mehr als genug, nicht — mit Erröthen sage ichs —
dem Bedürfnisse eines, obgleich sehr genügsamen Ehemannes und Vaters.
Eine genauere Anzeige widersteht mir; weil Ihnen, Verehrtester, meine Ge¬
sinnungen zu wenig bekannt sind, und ich leicht mir selbst unähnlich erschei¬
nen könnte. Aller Verdacht des Niedrigen wird wegfallen durch das franke
Geständniß, daß ich der reizenden Aussicht zu entsagen für Pflicht ansehe.

Ich drücke Ihnen mit treuherzigem Zutrauen die Hand und ersuche Sie,
vor dem erhabenen Kurfürsten der Ausleger meiner dankbarsten und ehrerbie¬
tigsten Gefühle zu sein.


Joh. Heinr. Voß.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/119>, abgerufen am 28.04.2024.