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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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konnten Ehrenberg und Rose sich die Möglichkeit verschaffen, von ihren Ent¬
deckungen zu erzählen.

Wie geistreich die Vorstellungen, die man sich in Rußland über Hum¬
boldt's Reise machte, beschaffen waren, -- darüber mag man nach den Er¬
zählungen eines alten uralischen Kosaken urtheilen, der in der Canzlei des
Gouverneurs von Peru diente und mit Vorliebe davon zu erzählen pflegte,
wie er den wahnsinnigen "preußischen Prinzen Humplot" umhergeführt habe.
"Was that er denn eigentlich?" -- "Nun. nichts als dummes Zeug, er
sammelte Grashalme und beguckte Sand."

Wie Humboldt selbst über die Ehrenbezeugungen dachte, mit denen er
in Moskau und an anderen Orten, wenn nicht auf "Allerhöchsten Befehl",
so doch auf "Allerhöchste" Anregung empfangen wurde, erfahren wir aus
seinem Briefwechsel mit dem Grafen Cancrin leider nicht. Aber darauf kommt
es ja nicht an -- für die Grundzüge von Humboldt's Leben in den Jahren
1827--32 bildet das vorliegende Buch einen interessanten und anziehenden
Beitrag.




Papiergeld statt einer Eisenbahn.
K orrespondenz

"Eine Million für Nichts" war das Geheimniß, welches vor etwa vier¬
zig Jahren ein industrieller Edelmann dem Großherzog Friedrich Franz I.
von Mecklenburg - Schwerin für 100,000 Thaler zu verkaufen sich erbot. Der
Großherzog, welcher leicht errieth, worin die Erfindung bestand, lehnte dankend
das wohlwollende Anerbieten ab und machte dem Erfinder den umgekehrten
Vorschlag, ihm die 100,000 Thaler schenken und dagegen das Geheimniß
selbst ausbeuten zu wollen. Auch später hat die mecklenburg-schwerinsche Re¬
gierung sich niemals versucht gefühlt, zur Stärkung der Großherzoglichen Fi¬
nanzen in den bedenklichen Weg der Ausgabe von Papiergeld einzulenken,
und das Land besitzt daher, abweichend von der Mehrzahl der deutschen
Staaten, bis auf diesen Tag ein solches nicht. Für das Verkehrsbedürfniß
genügen ihm, was einheimische Geldzeichen betrifft, die solide fundirten Noten
der Rostocker Bank, für deren Annahme bei den landesherrlichen und übri¬
gen öffentlichen Cassen des Landes der Großherzog sich eine Tantieme von
dem Reingewinn der Bank zahlen läßt.


konnten Ehrenberg und Rose sich die Möglichkeit verschaffen, von ihren Ent¬
deckungen zu erzählen.

Wie geistreich die Vorstellungen, die man sich in Rußland über Hum¬
boldt's Reise machte, beschaffen waren, — darüber mag man nach den Er¬
zählungen eines alten uralischen Kosaken urtheilen, der in der Canzlei des
Gouverneurs von Peru diente und mit Vorliebe davon zu erzählen pflegte,
wie er den wahnsinnigen „preußischen Prinzen Humplot" umhergeführt habe.
„Was that er denn eigentlich?" — „Nun. nichts als dummes Zeug, er
sammelte Grashalme und beguckte Sand."

Wie Humboldt selbst über die Ehrenbezeugungen dachte, mit denen er
in Moskau und an anderen Orten, wenn nicht auf „Allerhöchsten Befehl",
so doch auf „Allerhöchste" Anregung empfangen wurde, erfahren wir aus
seinem Briefwechsel mit dem Grafen Cancrin leider nicht. Aber darauf kommt
es ja nicht an — für die Grundzüge von Humboldt's Leben in den Jahren
1827—32 bildet das vorliegende Buch einen interessanten und anziehenden
Beitrag.




Papiergeld statt einer Eisenbahn.
K orrespondenz

„Eine Million für Nichts" war das Geheimniß, welches vor etwa vier¬
zig Jahren ein industrieller Edelmann dem Großherzog Friedrich Franz I.
von Mecklenburg - Schwerin für 100,000 Thaler zu verkaufen sich erbot. Der
Großherzog, welcher leicht errieth, worin die Erfindung bestand, lehnte dankend
das wohlwollende Anerbieten ab und machte dem Erfinder den umgekehrten
Vorschlag, ihm die 100,000 Thaler schenken und dagegen das Geheimniß
selbst ausbeuten zu wollen. Auch später hat die mecklenburg-schwerinsche Re¬
gierung sich niemals versucht gefühlt, zur Stärkung der Großherzoglichen Fi¬
nanzen in den bedenklichen Weg der Ausgabe von Papiergeld einzulenken,
und das Land besitzt daher, abweichend von der Mehrzahl der deutschen
Staaten, bis auf diesen Tag ein solches nicht. Für das Verkehrsbedürfniß
genügen ihm, was einheimische Geldzeichen betrifft, die solide fundirten Noten
der Rostocker Bank, für deren Annahme bei den landesherrlichen und übri¬
gen öffentlichen Cassen des Landes der Großherzog sich eine Tantieme von
dem Reingewinn der Bank zahlen läßt.


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[0239] konnten Ehrenberg und Rose sich die Möglichkeit verschaffen, von ihren Ent¬ deckungen zu erzählen. Wie geistreich die Vorstellungen, die man sich in Rußland über Hum¬ boldt's Reise machte, beschaffen waren, — darüber mag man nach den Er¬ zählungen eines alten uralischen Kosaken urtheilen, der in der Canzlei des Gouverneurs von Peru diente und mit Vorliebe davon zu erzählen pflegte, wie er den wahnsinnigen „preußischen Prinzen Humplot" umhergeführt habe. „Was that er denn eigentlich?" — „Nun. nichts als dummes Zeug, er sammelte Grashalme und beguckte Sand." Wie Humboldt selbst über die Ehrenbezeugungen dachte, mit denen er in Moskau und an anderen Orten, wenn nicht auf „Allerhöchsten Befehl", so doch auf „Allerhöchste" Anregung empfangen wurde, erfahren wir aus seinem Briefwechsel mit dem Grafen Cancrin leider nicht. Aber darauf kommt es ja nicht an — für die Grundzüge von Humboldt's Leben in den Jahren 1827—32 bildet das vorliegende Buch einen interessanten und anziehenden Beitrag. Papiergeld statt einer Eisenbahn. K orrespondenz „Eine Million für Nichts" war das Geheimniß, welches vor etwa vier¬ zig Jahren ein industrieller Edelmann dem Großherzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg - Schwerin für 100,000 Thaler zu verkaufen sich erbot. Der Großherzog, welcher leicht errieth, worin die Erfindung bestand, lehnte dankend das wohlwollende Anerbieten ab und machte dem Erfinder den umgekehrten Vorschlag, ihm die 100,000 Thaler schenken und dagegen das Geheimniß selbst ausbeuten zu wollen. Auch später hat die mecklenburg-schwerinsche Re¬ gierung sich niemals versucht gefühlt, zur Stärkung der Großherzoglichen Fi¬ nanzen in den bedenklichen Weg der Ausgabe von Papiergeld einzulenken, und das Land besitzt daher, abweichend von der Mehrzahl der deutschen Staaten, bis auf diesen Tag ein solches nicht. Für das Verkehrsbedürfniß genügen ihm, was einheimische Geldzeichen betrifft, die solide fundirten Noten der Rostocker Bank, für deren Annahme bei den landesherrlichen und übri¬ gen öffentlichen Cassen des Landes der Großherzog sich eine Tantieme von dem Reingewinn der Bank zahlen läßt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/239>, abgerufen am 28.04.2024.