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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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irgendwie zusammengebracht, längere Zeit in den Grenzlanden in Gebrauch
gewesen sind. Unterdeß hat auch das große Publicum seine Freude an dem
Funde gehabt, die besseren Stücke sind durch mehrfache Nachbildung Gegen¬
stand einer lohnenden Industrie geworden, und die Formen, welche einst die
Römer bildeten und vielleicht deutsche Häuptlinge auf ihrer Methbank mit
Behagen betrachteten, sind jetzt nach mehr als 1500 Jahren zierliche Schmuck¬
stücke des deutschen Haushalts geworden.




Vom Reichstage.

Schon jetzt, während nach dem Schluß des Zollparlaments die Arbeiten des
Reichstages rüstig fortgeführt werden, fühlen wir uns berechtigt, den Freunden,
welche für eine gute Redaction des Gesetzes zum Schutze des Urheberrechts thätig
gewesen sind, warmen Dank abzustatten. Wie sich im ersten Stadium der Bera¬
thungen unter Anderen der Abgeordnete unserer Stadt Leipzig, Dr. Stephan!, um
die Vertretung der literarischen Interessen verdient gemacht hat, so hat zuletzt der
Abgeordnete or. Wehrenpfennig in dem Commissionsbericht -- einer umfangreichen
und vorzüglichen Arbeit -- mit bester Sachkenntniß die Gesichtspunkte geltend ge¬
macht, nach denen das Rechtsverhältniß zwischen Autoren, Verleger und Publicum
segensreich zu ordnen ist. Bei der zweiten Lesung hat das Haus sich im Ganzen,
einige Nebenpunkte ausgenommen, welche nicht sämmtlich Verbesserungen sind, den
Vorschlägen der Commission angeschlossen, nur die Paragraphen über den Schutz der
Nachbildungen aus dem Bereich bildender Kunst von diesem Gesetz ausgeschieden
und einer besonderen neuen Vorlage überwiesen. Wir haben jetzt die begründete
Hoffnung, daß eins der wichtigsten und schwierigsten Gesetze, auf welchem der geistige
Verkehr und die moderne Bildung ruhen, noch in dieser Session zu Ende geführt
wird. Wir rühmen, daß der Reichstag vermieden hat, störend in den Geschäfts¬
brauch einzugreifen, welcher bisher durch Landesgesetze und Herkommen befestigt war,
und unsere größte Freude ist, daß unserer Nation durch diese schonende Behandlung
eine peinliche und demüthigende Empfindung erspart wurde. Denn wenn die erste par¬
lamentarische Körperschaft der Nation kein genügendes Verständniß und Interesse
sür den Vertrieb der nationalen Geistesarbeit erwiesen hätte, es wäre ein Schade
geworden sür die Autorität unserer Parlamente und ein Lärm im Inland und
Ausland, von dessen Berechtigung und Wirkung die Eifriger schwerlich eine Ahnung
haben, welche den Schutz des literarischen Eigenthums wie einen industriellen Zoll¬
schutz zu behandeln gedachten.

Die Summen welche in dem großen Deutschland für Bücher und Zeitschriften
jährlich umgesetzt werden, sind leider weit geringer als sie sein sollten. Aber
durch die Bücher und den Absatz derselben wird immer noch der bei weitem größte
Theil der lebenspendenden Ideen in die Seelen der Deutschen geleitet. Die Schrift¬
steller werden mit freudiger Ehrfurcht erleben, wenn der hohe Reichstag durch
Geist und Bedeutung der Worte, welche von seiner Tribüne in das Land klingen,
ihnen siegreiche Concurrenz macht.




Verantwortlicher Redacteur: Gustav Freytag.
Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von Hüthel " Legler in Leipzig.

irgendwie zusammengebracht, längere Zeit in den Grenzlanden in Gebrauch
gewesen sind. Unterdeß hat auch das große Publicum seine Freude an dem
Funde gehabt, die besseren Stücke sind durch mehrfache Nachbildung Gegen¬
stand einer lohnenden Industrie geworden, und die Formen, welche einst die
Römer bildeten und vielleicht deutsche Häuptlinge auf ihrer Methbank mit
Behagen betrachteten, sind jetzt nach mehr als 1500 Jahren zierliche Schmuck¬
stücke des deutschen Haushalts geworden.




Vom Reichstage.

Schon jetzt, während nach dem Schluß des Zollparlaments die Arbeiten des
Reichstages rüstig fortgeführt werden, fühlen wir uns berechtigt, den Freunden,
welche für eine gute Redaction des Gesetzes zum Schutze des Urheberrechts thätig
gewesen sind, warmen Dank abzustatten. Wie sich im ersten Stadium der Bera¬
thungen unter Anderen der Abgeordnete unserer Stadt Leipzig, Dr. Stephan!, um
die Vertretung der literarischen Interessen verdient gemacht hat, so hat zuletzt der
Abgeordnete or. Wehrenpfennig in dem Commissionsbericht — einer umfangreichen
und vorzüglichen Arbeit — mit bester Sachkenntniß die Gesichtspunkte geltend ge¬
macht, nach denen das Rechtsverhältniß zwischen Autoren, Verleger und Publicum
segensreich zu ordnen ist. Bei der zweiten Lesung hat das Haus sich im Ganzen,
einige Nebenpunkte ausgenommen, welche nicht sämmtlich Verbesserungen sind, den
Vorschlägen der Commission angeschlossen, nur die Paragraphen über den Schutz der
Nachbildungen aus dem Bereich bildender Kunst von diesem Gesetz ausgeschieden
und einer besonderen neuen Vorlage überwiesen. Wir haben jetzt die begründete
Hoffnung, daß eins der wichtigsten und schwierigsten Gesetze, auf welchem der geistige
Verkehr und die moderne Bildung ruhen, noch in dieser Session zu Ende geführt
wird. Wir rühmen, daß der Reichstag vermieden hat, störend in den Geschäfts¬
brauch einzugreifen, welcher bisher durch Landesgesetze und Herkommen befestigt war,
und unsere größte Freude ist, daß unserer Nation durch diese schonende Behandlung
eine peinliche und demüthigende Empfindung erspart wurde. Denn wenn die erste par¬
lamentarische Körperschaft der Nation kein genügendes Verständniß und Interesse
sür den Vertrieb der nationalen Geistesarbeit erwiesen hätte, es wäre ein Schade
geworden sür die Autorität unserer Parlamente und ein Lärm im Inland und
Ausland, von dessen Berechtigung und Wirkung die Eifriger schwerlich eine Ahnung
haben, welche den Schutz des literarischen Eigenthums wie einen industriellen Zoll¬
schutz zu behandeln gedachten.

Die Summen welche in dem großen Deutschland für Bücher und Zeitschriften
jährlich umgesetzt werden, sind leider weit geringer als sie sein sollten. Aber
durch die Bücher und den Absatz derselben wird immer noch der bei weitem größte
Theil der lebenspendenden Ideen in die Seelen der Deutschen geleitet. Die Schrift¬
steller werden mit freudiger Ehrfurcht erleben, wenn der hohe Reichstag durch
Geist und Bedeutung der Worte, welche von seiner Tribüne in das Land klingen,
ihnen siegreiche Concurrenz macht.




Verantwortlicher Redacteur: Gustav Freytag.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von Hüthel » Legler in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/326>, abgerufen am 04.05.2024.